Nicht nur in einem Weiher zwischen Süßen und Schlat tummeln sich invasive Schildkröten. In mehreren Gewässern breiten sich die eingeschleppten Tiere aus. Das ärgert Krötenschützer und Naturfreunde.
Gleich drei Schildkröten hat ein Spaziergänger im Schlater Waldsee entdeckt, auch bekannt als Burrenteich Süßen, und wundert sich nun: „Widersinnig ist, dass an der Straße Maßnahmen zum Amphibienschutz durchgeführt werden, aber die Schildkröten ungestört den Laich fressen dürfen.“ Er habe sich deshalb an die Untere Naturschutzbehörde des Landratsamts gewandt. Dort sei ihm gesagt worden, der Sachverhalt sei seit Jahren bekannt. Es sei aber behauptet worden, „dass invasive Tiere nicht entnommen werden dürfen, und man fragte mich nach Beweisen, dass Schildkröten Krötenlaich fressen“.
„Bei den angesprochenen Schildkröten handelt es sich vermutlich um nichtheimische Buchstaben-Schmuckschildkröten“, teilt der Sprecher des Landratsamts, Simon Gottowik, auf Anfrage mit. Diese Schildkrötenart sei auf der sogenannten Unionsliste der EU gelistet. „In dieser Liste werden invasive, gebietsfremde Arten aufgelistet, welche von unionsweiter Bedeutung sind. Für diese Arten sind bei Bedarf Managementmaßnahmen erforderlich“, erläutert Gottowik. Ein Blick in Artikel 19 der entsprechenden EU-Verordnung beschreibt, was damit gemeint ist: „Die Managementmaßnahmen umfassen tödliche oder nicht tödliche physikalische, chemische oder biologische Maßnahmen zur Beseitigung, Populationskontrolle oder Eindämmung einer Population einer invasiven gebietsfremden Art.“ Die mutmaßlich ausgesetzten Tiere dürfen also entnommen werden, weil sie dort nicht hingehören.
Keine Belege für Auswirkungen auf die Population
Dafür plädiert auch der Reptilienexperte des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu), Wolfgang Lissak aus Heiningen. „Es ist tatsächlich so, dass sie Amphibien-Laich und vielleicht auch Larven fressen“, erklärt er, räumt aber ein: „Es lässt sich nicht sagen, wie groß die Auswirkungen auf die Population sind.“ Darauf weist auch Gottowik hin: „Erhebliche negative Auswirkungen auf die heimische Tierwelt sind aktuell nicht sicher belegt.“ Dennoch ist für Lissak klar: „Da alle unsere Amphibien und Reptilien einen Gefährdungsstatus haben, ist es auch fachlicher Sicht geboten, diese Tiere zu entnehmen.“
Das hat das Landratsamt laut Gottowik jedoch nicht vor: „Eine aktive Bekämpfung der Buchstaben-Schmuckschildkröte durch zielgerichtete Entfernung ist derzeit nicht geboten.“ Konsequentes Fangen sei sehr aufwendig, eine vollständige Entnahme in größeren Stillgewässern kaum möglich. Das glaubt Lissak nicht. Durch Fallen oder auch mit Keschern könnten Fachleute durchaus zu einer Reduzierung der Bestände beitragen. Zwar würden sich die Schildkröten momentan in unseren Breiten noch nicht vermehren, aber durch den Klimawandel ändere sich das gerade: „Es gibt am Oberrhein schon den Nachweis, dass diese aus den USA stammenden Tiere sich dort vermehren.“
Und was sollte geschehen, wenn die Tiere entnommen wurden? Allzu viele Möglichkeiten gebe es nicht, meint Lissak. Entweder nehmen sie ein Zoo oder private Halter. Töten der Tiere ist für den Naturschützer keine Lösung: „Die dürfen meines Wissens nicht so einfach getötet werden.“
Wo tummeln sich die Tiere?
Verbreitung
Laut Landratsamt Göppingen gibt es derzeit in folgenden Gewässern im Landkreis invasive Schildkröten: Charlottensee in Uhingen, Linsenholzsee in Göppingen, oberer und unterer Rossteich in Ebersbach sowie Simonsbachstausee und Feuersee in Donzdorf.
Naturschützer
Wolfgang Lissak, Experte für Reptilien vom Nabu aus Heiningen, zweifelt das an: Es gebe sie mittlerweile in fast jedem größeren Weiher und Teich im Landkreis. Lissak sagt dazu: „Das Landratsamt hat wahrscheinlich nur zufällige Meldungen gesammelt. Es sind deutlich mehr.“