Eine Bluttat in Aichelberg rief am 25. November die Polizei auf den Plan Foto: Rebecca Beiter

Vor dem Landgericht Ulm muss sich ein 46-Jähriger wegen versuchten Doppelmords verantworten. Die Überlebenden sind seine Ex-Frau und deren neuer Freund.

Ulm/Aichelberg - Nur den ersten fürchterlichen, gegen den Kopf gezielten Schlag mit einem Baseballschläger habe sie noch genau in Erinnerung, dazu einen Schrei: „Jetzt hab’ ich dich, du Schwein.“ Ihr Freund sei da schon verletzt auf dem Asphalt eines Supermarktparkplatzes in Aichelberg (Kreis Göppingen) gelegen. Abwechselnd seien sie und der Mann dann mit weiteren Schlägen malträtiert worden – bis Zeugen zu Hilfe kamen und der Angreifer abließ.

So erzählte es am Freitag vor dem Landgericht Ulm eine 47-jährige Frau. Sie trachtete danach, während der Aussage ihre linke Hand zu verbergen, von der die Ärzte nach dem Angriff den Daumen amputieren mussten. Der Unterarmknochen wurde zertrümmert, weitere Operationen stehen noch bevor. An viele Details des Angriffs am Vormittag des 25. November 2015 könne sie sich nicht mehr genau erinnern, schilderte die Frau, die auch noch ein Schädel-Hirn-Trauma und weitere Platzwunden und Prellungen erlitten hatte. Aber der Schläger sei „blau uns silbern“ gewesen.

Der Angeklagte hüllt sich in Schweigen

Auf der Anklagebank hörte schweigend ihr 46 Jahre alter Ex-Mann zu. Er lässt in diesem Prozess zwei Verteidiger für sich sprechen. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann versuchten Doppelmord vor. Der Anschlag sei geplant gewesen, das Motiv für die Tat sei im „Macht-und Besitzanspruch“ des Angeklagten gegenüber seiner damaligen Frau zu suchen. Die 47-jährige Mutter zweier Kinder hatte acht Wochen vor der Tat über eine Anwältin die Scheidung beantragt, der Bescheid über das beginnende Trennungsjahr war dem Angeklagten kurz darauf zugestellt worden.

Die Trennung des Paares hat der Zeugin zufolge aber schon 2012 begonnen. Eines Morgens sei die Polizei vor dem gemeinsamen Wohnhaus in Geislingen gestanden. Gegen ihren Ehemann, erfuhr sie, werde wegen exhibitionistischer Handlungen ermittelt. Da habe sie beschlossen, die Ehe aufzugeben. „Ich habe minderjährige Kinder gehabt“, so die 47-Jährige vor dem Ulmer Gericht. Dass sie dann doch erst noch lange in dem Haus blieb, begründete sie mit Sorge ums Geld und der Schwierigkeit, eine eigene Wohnung für sich und die Kinder in Geislingen zu finden. Sie hätten – so ihre damalige Vorstellung – selber wählen sollen, bei welchem Elternteil sie jeweils hätten sein wollen.

Die Geschichte einer wochenlangen Tortur

Im Sommer 2015 lernte die Frau dann zufällig einen anderen Mann kennen. Er sei nur ein „guter Freund“ gewesen, berichtete sie dem Gericht. Erst auf insistierendes Nachfragen der Verteidigung räumte sie später während der Befragung ein, es sei auch zu sexuellen Kontakten gekommen. Man schrieb sich Nachrichten über WhattsApp; sie sind Teil der polizeilichen Ermittlungsakte. Mitte Oktober vergangenen Jahres habe ihr Noch-Ehemann dann ein von ihr verstecktes Handy in einem Schrank und die darauf gespeicherten Liebesnachrichten entdeckt. Es habe, so schilderte die 47-Jährige, eine wochenlange Tortur mit körperlichen Angriffen und permanenten Tötungsdrohungen begonnen. Mehrfach hatte die Frau Anzeige bei der Polizei erstattet. Anfang November erließ das Amtsgericht Geislingen ein Annäherungsverbot gegen den Angeklagten. Das war, nachdem er seine Frau in der Schule der gemeinsamen Tochter gewürgt hatte und Lehrkräfte zu Hilfe kommen mussten. Zu diesem Zeitpunkt war die Frau mit den Kindern bereits zu ihren Eltern gezogen.

Mehrfach kam es dennoch zu Begegnungen, so die Zeugin. Sie habe ständig das Gefühl gehabt, „verfolgt und überwacht“ zu werden. Darum habe sie sich mit ihrem neuen Freund am 25. November auch in Aichelberg, weit weg von Geislingen, zum Kaffee in einer Bäckerei und anschließenden Spaziergang auf die Teck verabredet. Bei dem Angriff erlitt auch der Freund Knochenbrüche.

Inzwischen ist die Frau geschieden. Sie ist arbeitsunfähig, geht zum Psychologen. Der Prozess ist bis Ende Juni terminiert.