Das Urteil soll voraussichtlich Mitte Juni am Landgericht Tübingen gesprochen werden (Symbolbild). Foto: dpa/Tom Weller

Eine Frau soll vier ihrer Adoptivkinder grausam bestraft und misshandelt haben. Vor Gericht weist sie eine Schuld von sich. Ihr Sohn bricht während seiner Aussage in Tränen aus.

Tübingen - Im Prozess gegen eine Mutter um die wiederholte Misshandlung ihrer Adoptivkinder hat die Angeklagte eingeräumt, die Kinder geohrfeigt zu haben. „Es gab bestimmt anlassbezogen Ohrfeigen“, sagte die 60-Jährige am Dienstag vor dem Landgericht Tübingen. Sie habe die Kinder aber nicht „von morgens bis abends durchgeprügelt“ und könne sich die Vorwürfe gegen sie nicht erklären - sie bezeichnete sie als erfunden. Ihre Erziehungsmethoden seien zwar streng, aber nicht rigoros gewesen, sagte die 60-Jährige.

Die Staatsanwaltschaft wirft der Frau in 14 Fällen die Misshandlung von vier Schutzbefohlenen aus der Zeit von 1990 bis 2004 vor. Eines ihrer Adoptivkinder brach während seiner Zeugenaussage in Tränen aus. „Das kannst du nicht machen. Hast du kein Gewissen?“, sagte der 33-Jährige schluchzend zu der Angeklagten. Er warf seiner Adoptivmutter unter anderem vor, ihn als Kind mit dem Kopf gegen eine Mauer geschlagen zu haben. Die Narbe von dem Vorfall habe er heute noch. Damals habe die Wunde stark geblutet.

Fünf Kinder adoptiert

Die Frau und ihr Ex-Mann hatten fünf heute erwachsene Kinder adoptiert. Der damalige Ehemann der Angeklagten soll an drei Taten beteiligt gewesen sein. Der Adoptivsohn belastete in seiner Aussage auch den Vater: Dieser habe ihn fünfmal auf Anweisung der Angeklagten mit einem Gürtel auf den blanken Po geschlagen.

Laut Anklage soll die Frau ein sieben Monate altes Baby geschlagen haben, weil es nicht gegessen habe. Außerdem soll sie eine Tochter so stark verprügelt haben, dass diese zur Behandlung mit einem Rettungshubschrauber in ein Krankenhaus gebracht wurde. „An einen Hubschrauber kann ich mich nicht erinnern“, sagte die Frau.

Die Frau aus Kaiserslautern bestritt, eine Misshandlung durch ihren damaligen Ehemann gesehen oder gehört zu haben. Sie habe ihre Kinder zwar mit Fernsehverbot, Zimmer- oder Hausarrest oder einer Kürzung des Taschengelds bestraft. „Drastischer war das aber nicht.“

Mussten verschimmeltes Schulbrot essen

Der 33-jährige Adoptivsohn schilderte am zweiten Prozesstag zudem, wie er und sein Bruder als Kinder ein verschimmeltes Schulbrot essen mussten, nachdem sein Bruder dieses im gemeinsamen Zimmer versteckt habe. Seine Mutter habe ihn außerdem mehrmals mit einem Schöpflöffel geschlagen.

Die Beschuldigte soll die Taten überwiegend im Landkreis Calw verübt haben. Der Sohn hat laut Anklage wegen der Misshandlungen eine schwere Persönlichkeitsstörung entwickelt. Das Urteil soll voraussichtlich Mitte Juni gesprochen werden.