Die zwei Brüder sollen Dokumente gefälscht haben, um Ausländern die Einbürgerung zu ermöglichen. Foto: dpa/Z1004 Peer Grimm

Im Verfahren gegen zwei Brüder aus Aspach am Landgericht Stuttgart berichtet ein Polizist von rund 1000 gefälschten Urkunden. Die Angeklagten sollen Dokumente im großen Stil gefälscht haben, um Ausländern die Einbürgerung zu ermöglichen.

Gewerbs- und bandenmäßige Urkundenfälschung in 561 Fällen sowie Einschleusen von Ausländern wirft die Staatsanwaltschaft zwei 37 und 32 Jahren alten Brüdern aus Aspach in einem Prozess am Landgericht Stuttgart vor, in dem seit Mitte Juni verhandelt wird. Doch möglicherweise sind diese Fälle nur die Spitze eines Eisbergs.

Am dritten Verhandlungstag berichtete ein Beamter der Polizeiinspektion Schweinfurt, der schwerpunktmäßig für Asyl- und Ausländerrecht zuständig ist, nach den Ermittlungen seiner Behörde seien bundesweit rund 1000 gefälschte Urkunden gefunden worden. Mit dem Fall sei er befasst worden, weil sich die Leiterin der Ausländerbehörde Frankfurt bei ihm gemeldet hatte, die ein Sprachzertifikat für gefälscht hielt.

QR-Code führt auf gefälschte Homepage

Er sei dann nach Frankfurt gefahren und habe sich von der Frau zeigen lassen, dass der QR-Code auf der Urkunde, der die Echtheit bezeugen sollte, auf eine gefälschte Homepage führte, erzählte der Beamte weiter. „Auch mit dem Stempel stimmte etwas nicht.“ Er habe das Falsifikat dann der Abteilung Cyberkriminalität übergeben, die mittlerweile im Internet auf rund 1000 gefälschte Urkunden gestoßen sei, die in ganz Deutschland aufgetaucht seien. Zwei dieser Fälle sind nach Auskunft des Vorsitzenden Richters Ulrich Tormählen Teil der Anklage vor dem Landgericht Stuttgart.

„Meistens wurden die Urkunden benutzt, um sich einen Aufenthaltstitel zu erschleichen“, erläuterte der Polizeibeamte. In fünf Fällen habe die Polizei im Raum Schweinfurt Wohnungen durchsucht und verdächtige Personen vernommen. Dabei seien die Beamten immer wieder auf den Ort Backnang, ein Café vor Ort und eine örtliche Telefonnummer gestoßen. „Es wurde übereinstimmend berichtet, dass es ein Treffen mit zwei Männern gegeben habe, bei denen Bargeld übergeben wurde, manchmal bis zu 2500 Euro“, erzählte der Polizist.

Mal sei das Treffen in Backnang gewesen, aber auch in einer Kneipe in Nürnberg oder am Bahnhof in Schweinfurt. Die Urkunden seien dann meistens mit der Post übersandt worden. In den vergangenen drei Monaten seien jedoch keine neuen Fälle mehr bekannt geworden.

Die Staatsanwaltschaft geht laut Anklage davon aus, dass die Brüder von 2022 bis zu ihrer Verhaftung im Dezember 2023 im großen Stil Dokumente gefälscht haben, um Ausländern einen Aufenthaltstitel oder die Einbürgerung zu ermöglichen. Bei den Fälschungen soll es sich um Sprachzertifikate, Bescheinigungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, aber auch um Nachweise für den Führerschein für Gabelstapler und Bagger gehandelt haben. Im Durchschnitt sollen die Angeklagten 2300 Euro pro Fälschung erhalten haben. Die Interessenten hätten zunächst eine Anzahlung gemacht, bei der Übergabe der Dokumente – häufig in einem Café in Backnang oder einer Sprachschule in Ellwangen – sei der Restbetrag beglichen worden.

Schaden von rund 880 000 Euro

Die Staatsanwaltschaft geht derzeit von einem nachweisbaren Schaden von rund 880 000 Euro aus. Abnehmer der Falsifikate waren nach Angaben eines Pressesprechers des Landgerichts Stuttgart überwiegend Personen in Baden-Württemberg und Bayern. Auf die Spur der Brüder waren die Ermittlungsbehörden durch einen anonymen Hinweis gekommen. Ein Beamter des Polizeireviers Backnang berichtete am dritten Verhandlungstag, in Backnang und Waiblingen seien Unterlagen abgegeben worden, die auf eine Bar in Backnang hingewiesen hätten. Dort sei an manchen Wochenenden bis zu 100 000 Euro umgesetzt worden. Auch eine Abnehmerliste sei dabei gewesen.

Für den Prozess sind fünf weitere Verhandlungstage bis zum 20. August angesetzt. An einem dieser Tage wollen sich die Prozessbeteiligten zusammensetzen und über eine Verständigung beraten.