Das Gericht hat zu entscheiden, ob der Beschuldigte in einer Klinik untergebracht wird. Foto: dpa (Symbolbild)

Vor Gericht gibt der Beschuldigte redegewandt Auskunft über die Umstände, die ihn wohl im Mai zum Mörder machten: Der Mann leidet an einer schweren Krankheit.

Stuttgart - Die Augen hat er gesenkt gehalten. Die Stimme klang monoton, aber klar und fest. Die Wortwahl ließ erkennen, dass der junge Mann gebildet und eloquent ist. Bedrückt wirkte er, wie er da auf der Anklagebank saß, weil er sich für einen Mord verantworten muss. Er soll am 8. Mai dieses Jahres seinen Vater erst mit einem Stein niedergeschlagen und ihm danach mit einem Küchenmesser den Kopf abgetrennt haben: „Ich war wahnsinnig“, beschrieb er seinen Zustand an jenem Tag. Besagter Wahnsinn ist eine Auswirkung der schweren Psychose, die den Beschuldigten seit mehreren Jahren quält. Deswegen sei er zum Zeitpunkt der Tat auch schuldunfähig gewesen, so die Staatsanwaltschaft. In dem Verfahren vor der Schwurgerichtskammer 1 a unter dem Vorsitz der Richterin Ute Baisch geht es um die Frage, ob der Mann in eine psychiatrische Klinik eingewiesen werden soll.

Der Beschuldigte räumt die Vorwürfe der Anklage ein

Viel weiß man nicht über den 8. Mai, an dem der Vater starb. Laut der Anklage habe der Sohn von hinten zugeschlagen, als der Vater auf dem Sofa saß. Als der Vater sich retten wollte und in Richtung Tür floh, habe der Sohn noch mehrfach mit dem Stein auf ihn eingeschlagen. Die Schläge seien nicht tödlich gewesen, erst als der Sohn zum Messer gegriffen habe, sei der Vater gestorben.

Zur Tat sagte der 28-Jährige nichts. „Er ist geständig, aber die Details zu schildern fällt ihm schwer“, so sein Anwalt Boris Müller. Nur in einem Punkt ergriff der Beschuldigte das Wort: Er habe nicht, wie in der Anklage geschildert, von hinten zugeschlagen. Sein Vater habe vor ihm gestanden, als er ihm den ersten Schlag mit dem Stein versetzte, sagt der 28-Jährige, ähnlich ruhig, wie er den Rest seiner persönlichen Angaben schilderte. Den Stein, einen etwa 18 Zentimeter großen Wackerstein, habe er aus dem Garten des Hauses geholt, fügte er hinzu.

Während er zur Tat nichts sagte, macht er zu seiner Person ausführlich Angaben. Dabei erhielt die Kammer Einblick in die Welt eines an einer schweren Psychose erkrankten Mannes, die mit starken Medikamenten bekämpft wird. Nach dem Abitur mit der Note 1,0 habe er ein Medizinstudium begonnen. Das brach er dann ab, „weil ich anfing, Stimmen zu hören“. Die Psychose begann. „Mein Leben wurde kommentiert“, so der Beschuldigte. Wenn er in die Küche gehe, um sich etwas zu holen, höre er im Kopf: „Jetzt geht er schon wieder in die Küche.“

2011 sei er deswegen zurück nach Stuttgart gekommen und einen Monat lang im Furtbachkrankenhaus behandelt worden, 2012 erfolgte ein dreimonatiger Aufenthalt. Ein zweites Studium folgte, Ernährungswissenschaft in Hohenheim.

Die Kindheit war harmonisch – mit der Psychose kamen die Probleme

Zu Hause habe er eine harmonische Kindheit erlebt, aber als er nach der stationären Klinikbehandlung wieder mit seinen Eltern unter einem Dach lebte, habe das nicht so gut funktioniert, sagte der 28-Jährige. Die Psychose ließ ihn Dinge glauben, die das Zusammenleben erschwerten. Er habe gedacht, sein Vater wollte ihn vergiften. Nüchtern beschrieb der Beschuldigte am ersten Verhandlungstag, dass ihn die Psychose das glauben ließ. Ebenso wahnhaft habe er sich eingebildet, sein Vater habe mit seinen Worten Einfluss auf seinen Körper gehabt: Wenn die Gelenke steif wurden, dann folgerte er, dass sein Vater das bewirkt habe. Ein extra Essensfach im Schrank, abschließbar, sollte ihn vor dem Gift schützen. Im Wahn habe er auch befürchtet, man würde ihm durch giftige Dämpfe schaden wollen. Einmal habe er deswegen die Feuerwehr gerufen.

Warum er ausgerechnet an jenem Dienstag im Mai zuschlug, das blieb im Dunkeln am ersten Prozesstag. Doch es sei damals insgesamt besonders schlimm gewesen mit seiner Krankheit, erzählte der Beschuldigte, der seit der Tat in einer Klinik untergebracht ist. Er fühlte sich bedroht, sagte er.

Das Verfahren wird am Dienstag, 23. Oktober, fortgesetzt. Es sind noch vier weitere Verhandlungstermine angesetzt.