Auslöser der Eskalation war der Klau der Pfanddosen. Foto: Pressefoto Horst Rudel

Ein 19-jähriger Angeklagter soll einen Flaschensammler mit einer abgebrochenen Flasche bedroht und im Gesicht verletzt haben. Es ist bereits der zweite Prozess in diesem Fall. Beim ersten Mal war der Angeklagte nicht vor Gericht erschienen.

Stuttgart - Der Eine hatte, was die Anderen offenbar gerne wollten, sich auch nahmen und anschließend massiv verteidigten: Der Klau seiner Pfanddosen und die Verfolgung der Diebe hat einem 60-Jährigen Verletzungen im Gesicht und an den Händen eingebracht. Vor der 3. Großen Jugendstrafkammer des Landgerichts Stuttgart muss sich nun einer der Angreifer möglicherweise nicht nur wegen gemeinschaftlichem Raub und gefährlicher Körperverletzung, sondern wegen versuchten Totschlags verantworten.

Im September vergangenen Jahres hatte der arbeitslose Mann mit seinem Fahrrad und einem Rucksack an einem Lokal auf dem kleinen Schlossplatz Halt gemacht. Ein Gast der privaten Feier spendierte ihm ein Glas Wein, andere Gäste gaben ihm ihre leeren Pfanddosen. Die Stimmung war gut, bis er beobachtete, dass aus einer Gruppe von drei jungen Männern sich einer an seinem Rucksack zu schaffen machte, berichtete der Mann aus Plochingen später der Polizei.

Bierflasche auf den Kopf geschlagen

Weil das Opfer derzeit in einem längeren Urlaub weilt, ließ die Kammer seine bisherigen Aussagen zu dem Vorfall verlesen. Danach versuchte er mit Worten sein Hab und Gut zu verteidigen, die Anderen nahmen sich unter Handgreiflichkeiten ein paar der Dosen, Fahrrad und Rucksack ließen sie links liegen, und verschwanden. Der Bestohlene nahm die Verfolgung auf und entdeckte die Gruppe. Als er einen der Männer erreichte, stieß ihn dieser vom Fahrrad, schlug ihm mit einer Bierflasche auf den Kopf und hielt ihm mit den Worten „I will kill you“ den abgebrochenen Flaschenhals an die Kehle. Ein unbekannter Passant vertrieb den Angreifer. Die Polizei konnte zwei der Männer ermitteln, der dritte ist bislang nicht aufzufinden.

Angeklagter nicht zur Verhandlung erschienen

Als Zeugen diese Schilderung bei einer ersten Verhandlung vor dem Amtsgericht Stuttgart im September dieses Jahres bestätigten, verwies die Richterin das Verfahren wegen des Verdachts des versuchten Totschlags an die Jugendkammer des Landgerichts. Zuvor schon war die Sache eskaliert, weil der 19 Jahre alte Angeklagte nicht zur Verhandlung erschien und deshalb ein Haftbefehl gegen ihn erging. Seither sitzt er in Untersuchungshaft. Zum Prozessauftakt vor dem Landgericht wollte der Angeklagte zunächst nur Aussagen zu seiner Person machen. Als 15-Jähriger verließ er seine Heimat Gambia, ohne seine Familie zu informieren, in Richtung Libyen, um nach einigen Monaten nach Italien weiterzureisen. Anfang 2018 kam er nach Deutschland und ist seither bereits mehrfach wegen Diebstählen mit dem Gesetz in Konflikt geraten.

Der heute 19-Jährige ist nach Auffassung der Jugendgerichtshilfe durch pädagogische Maßnahmen wie gemeinnützige Arbeit nicht beeinflussbar und nimmt die Hilfen und Maßnahmen der Sozialarbeiter nicht ernst. Mit Alkohol habe er die Langeweile versucht, zu vertreiben, und ein gewisses Aggressionspotenzial an den Tag gelegt. Generell wisse er sich jedoch zu behaupten und sei schon als Erwachsener zu sehen. Der Prozess wird mit am 25. November fortgesetzt.