Ein Raubüberfall in der Ludwigsburger Myliusstraße mitten am Tag hatte im November Aufsehen erregt. Jetzt wurde der Täter verurteilt. Er bekam lediglich dreieinhalb Jahre Haft. Warum?
„Ihr Glück war, dass Sie nach der Tat alles richtig gemacht haben“, erklärte die Vorsitzende Richterin die vergleichsweise milde Strafe des Stuttgarter Landgerichts gegen einen 22-Jährigen aus Ludwigsburg. Die 18. Große Strafkammer hat den Angeklagten wegen schweren Raubes und gefährlicher Körperverletzung zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte eine viereinhalbjährige Gefängnisstrafe gefordert, die Verteidigung auf drei Jahre Haft plädiert. Das Gericht sah die Voraussetzungen für einen minderschweren Fall als erfüllt an, normalerweise liegt die Mindeststrafe für schweren Raub bei fünf Jahren.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der 22-Jährige am 29. November vergangenen Jahres eine spontane Gelegenheit ergriff und aus dem Handschuhfach eines unverschlossenen Autos in der Ludwigsburger Myliusstraße eine Geldmappe mit 10 650 Euro an sich nahm. In diesem Augenblick kam jedoch der Autobesitzer zurück und packte den Angeklagten an seiner Jacke, um ihn an der Flucht zu hindern. Daraufhin zog der 22-Jährige eine geladene Schreckschusswaffe und gab einen Schuss von schräg oben auf den Hals- und Brustbereich des Mannes ab.
Das Opfer, das geistesgegenwärtig die Hände vor das Gesicht gerissen hatte, um sich zu schützen, erlitt dabei eine kleine blutende Wunde am Daumen. Dem Angeklagten gelang die Flucht, am Ludwigsburger Bahnhof gab der Autobesitzer die Verfolgung auf. Nach seinen Angaben war die Wunde am Daumen nach zwei Tagen wieder verheilt. Mehrere Monate litt er jedoch unter den psychischen Folgen – insbesondere am Monatsende, wenn er wieder die Monatseinnahmen seines Cafés zur Bank brachte. Der Angeklagte ist seit seiner Jugend drogenabhängig und hatte auch am Tattag im November einen Joint geraucht.
Nach Ansicht des Gerichts, das einer Gutachterin folgte, war der 22-Jährige deswegen jedoch nicht in seiner Einsichts- und Steuerungsfähigkeit eingeschränkt. Die Kammer hielt dem jungen Mann jedoch zugute, dass er schon am ersten Verhandlungstag ein volles Geständnis abgelegt hatte und sich bei seinem Opfer im Prozess entschuldigt hatte. Zudem gab es zwischen den Beteiligten einen so genannten Täter-Opfer-Ausgleich, in dessen Rahmen der Angeklagte dem Mann 15 000 Euro bezahlt hatte.
Darüber hinaus rechnete das Gericht dem Angeklagten positiv an, dass er keine Vorstrafen hat und es sich um eine Spontantat gehandelt hatte. Negativ fiel jedoch ins Gewicht, dass die Beute mit 10 000 Euro relativ hoch war und der Einsatz der Waffe potenziell sehr gefährlich. „Bei einem dynamischen Geschehen wie einem Gerangel kann so ein Schuss auf kurze Distanz auch ganz woanders hin treffen“, mahnte die Vorsitzende Richterin. Die Verletzung sei mehr oder weniger vom Zufall abhängig gewesen. Das Geld hat der 22-Jährige nach seinen Angaben für den Kauf von Drogen ausgegeben, und um Schulden zu bezahlen. In einer Chat-Nachricht hatte er zudem einer Bekannten eine Einladung zum Essen und eine Überraschung versprochen.