Mit einem Revolver der Marke Smith & Wesson soll der 71-Jährige auf seine Frau geschossen haben. Foto: dpa

Weil er auf seine Frau geschossen hat, muss ein 71 Jahre alter Mann ins Gefängnis. Das Opfer ist damit nicht einverstanden.

Stuttgart - Seine Mandantin sei sicher, dass ihr Ehemann sie nicht habe umbringen wollen, sagt der Anwalt der Frau vor der 9. Strafkammer des Landgerichts. Sie sei schließlich dabei gewesen. Und es wäre eine große Freude für sie, wenn ihr Mann auf freien Fuß kommen würde.

So sieht es auch Thomas Mende, der Verteidiger des 71-jährigen Stuttgarters. Es sei dem Angeklagten nicht zu widerlegen, dass er sich vor den Augen seiner Frau habe selbst erschießen wollen. Eine Strafe wegen fahrlässiger Körperverletzung, die zur Bewährungs ausgesetzt werden kann, sei angemessen, so Verteidiger Mende.

Das Gericht schließt sich jedoch weitgehend dem Vortrag von Oberstaatsanwalt Karl-Heinz Engstler an, der drei Jahre und zehn Monate Gefängnis beantragt hatte. „Der Angeklagte hat in der Absicht abgedrückt, seine Frau zu töten“, sagt der Vorsitzende Richter Uwe Tetzlaff. Deshalb sei der Senior wegen Totschlagversuchs und wegen Körperverletzung zu drei Jahren zu verurteilen. Damit ist eine Bewährung für den kranken Mann vom Tisch.

Dramatische Szenen in der Küche

Dramatische Szenen hatten sich am Abend des 8. November 2017 in dem Wohnhaus in Feuerbach abgespielt. Die 42 Jahre alte Frau hatte ihrem Mann Wochen zuvor mitgeteilt, sie sei eine neue Beziehung eingegangen. Das habe dem 71-Jährigen nach 20 Jahren Ehe den Boden unter den Füßen weggezogen, so sein Verteidiger. Die Sprüche, die er daraufhin vom Stapel gelassen hatte, seien „dummes Geschwätz“ aus tiefer Frustration gewesen. „Lieber erschieße ich dich, als durch eine Scheidung mein ganzes Geld zu verlieren“, soll der Angeklagte unter anderem gesagt haben.

An besagtem Abend war es zum Streit gekommen. Der Mann, Schützenvereinsmitglied und passionierter Jäger, holte einen Revolver aus dem Schrank, seine Frau floh zu den Nachbarn. Dort in der Küche zog der 71-Jährige die Waffe aus dem Hosenbund und legte auf seine Frau an. „Ich wollte mich vor ihr erschießen“, sagt er, was ihm das Gericht nicht abnahm.

Die Nachbarin fiel ihm in den Arm, es löste sich ein Schuss. Die Nachbarin erlitt ein Knalltrauma, ihr linkes Ohr ist auch nach einer Operation nicht mehr gesund. Der Lebensgefährte der mutigen Nachbarin entwand dem Senior die Waffe, wobei sich erneut ein Schuss löste. Die Kugel verletzte den Lebensgefährten an der Hand. Schließlich ließ sich der 71-Jährige in seine Wohnung führen.

Dem Tod von der Schippe gesprungen

„Ich liebe meine Frau und hätte ihr niemals etwas angetan“, so der fünffache Großvater. Dass Personen verletzt worden seien, tue ihm zutiefst leid.

Neben dem Revolver hatte der Mann noch mehrere andere Waffen und Munition in seiner Wohnung. „Die sind alle verkauft, da ist nichts mehr“, so Verteidiger Mende. Der Prozess hatte verlegt werden müssen, da der Angeklagte in der U-Haft nach einem Multiorganversagen ins Koma gefallen war. „Er ist dem Tod gerade noch so von der Schippe gesprungen“, sagt Mende. Ins Gericht kam der Mann auf einen Rollator gestützt.