Bei der Auslieferung mit rotem Teppich – aber auch repariertem Transportschaden: Um dieses Auto dreht sich der Rechtsstreit. Foto: StZN

Einen 200 000 Euro teuren AMG G 63 kauft ein Kunde bei Mercedes. Das Auto wird mit repariertem Transportschaden ausgeliefert. Jetzt ist der Streit entschieden – vorerst.

Zwei Jahre hat der Streit um einen Mercedes AMG G 63 gedauert. Nach diversen Verhandlungen vor dem Stuttgarter Landgericht ist jetzt das Urteil gefallen. Es fällt ernüchternd aus für einen Kunden, der juristisch gegen den Autobauer Mercedes-Benz vorgegangen ist, weil er sich getäuscht fühlt. Seine Klage ist abgewiesen worden.

 

Die Vorgeschichte ist spannend. 2023 bestellt der Geschäftsmann aus Stuttgart, ein langjähriger Mercedes-Kunde, der bereits Dutzende Fahrzeuge mit dem Stern für seine Firma angeschafft hat, das über 200 000 Euro teure Auto. Der Ausliefertermin wird jedoch kurzfristig verschoben – wegen eines Transportschadens des Fahrzeugs. Als der Geschäftsmann die G-Klasse dann einige Wochen später abholen kann, sei ihm verschwiegen worden, welche Schäden das Fahrzeug genau erlitten habe, sagt er.

Zahlreiche Beschädigungen

Er nimmt den Wagen mit, teilt seine Bedenken nach eigener Aussage aber noch am selben Tag mit. Und er lässt ein Gutachten erstellen, das drei Tage später vorliegt. Darin kommt der Gutachter zum Schluss, dass die G-Klasse ganz erhebliche Schäden erlitten haben muss, die auch nicht vollständig behoben sind. Das Auto müsse rückwärts gegen eine Wand gefahren sein, führt er aus. Beschädigt worden seien dabei die hintere Tür, Ersatzradhalter, Ersatzrad samt Abdeckung, Stoßstange und Rücklichter. All dies sei offenbar vor der Auslieferung repariert worden. Die Lackierung stimme weder von der Farbe noch von der Dicke her.

Der Käufer will das so nicht stehen lassen. Er fordert ein anderes Fahrzeug oder eine Kaufpreisrückerstattung von 20 Prozent. „Man hat mir ein Auto mit Transportschaden als fabrikneu und unfallfrei verkauft“, sagt er. Bei Mercedes sieht man den Fall völlig anders. „Das Fahrzeug war mangelfrei“, sagt der Rechtsanwalt des Unternehmens vor Gericht. Man habe Spezialisten beauftragt. „Die konnten alles, was in Mitleidenschaft gezogen war, abschrauben und austauschen.“ Eine Summe von 7500 Euro für eine gütliche Einigung habe der Käufer ausgeschlagen. Auch vor Gericht wird man sich nicht einig.

Die G-Klasse erfreut sich großer Beliebtheit. Im Juli trafen sich Fans am Stuttgarter Mercedes-Benz-Museum. Foto: Fotoagentur Stuttgart/Andreas Rosar

Nun ist das Urteil gefallen. Demnach geht der Kunde leer aus. „Das Gericht ist unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Auffassung, dass das Fahrzeug durch den Transportschaden keinen unbehebbaren Mangel erlitten habe“, sagt ein Gerichtssprecher zur Urteilsbegründung.

Fabrikneuheit verlange, so das Landgericht, dass sich das Fahrzeug bei Übergabe an den Käufer in dem unbenutzten und unbeschädigten Zustand befinde, wie es vom Hersteller ausgeliefert worden sei. „Wenn der Hersteller vor Auslieferung an den Käufer im Werk alle etwaig beschädigten Teile durch Neuteile auf Werksniveau ersetzt beziehungsweise lackiert, kann auch ein Fahrzeug mit Transportschaden in den Zustand eines fabrikneuen Fahrzeugs versetzt werden.“ Dieses Fahrzeug sei dann auch nicht als Unfallfahrzeug anzusehen.

Problem: Das Auto ist verkauft

Das Gericht ist zudem der Meinung, dass der Kläger die behaupteten Mängel nicht rechtzeitig gerügt habe, was jedoch unter Kaufleuten erforderlich gewesen wäre. Für sie gelten ganz besonders strenge Vorgaben. Hinsichtlich der behaupteten Farbunterschiede beim Lack sei der Kläger beweisfällig geblieben. „Eine Inaugenscheinnahme des Fahrzeugs konnte nicht stattfinden“, heißt es da. Das ist schlicht nicht mehr möglich, weil der Kunde das strittige Auto inzwischen verkauft hat – mit erheblichem finanziellem Verlust.

Ob der Rechtsstreit damit wirklich beendet ist, bleibt abzuwarten. Der Kläger hat zuvor bereits angekündigt, im Falle einer Niederlage in die nächste Instanz zu gehen. Er hat außerdem inzwischen bei der Stuttgarter Staatsanwaltschaft Strafanzeige wegen Betruges gegen Mercedes-Chef Ola Källenius erstattet. Bei Mercedes sagt eine Unternehmenssprecherin dazu: „Die Zufriedenheit unserer Kunden ist für uns von zentraler Bedeutung. Wir bedauern, dass der Kunde Beanstandungen hat. Wir halten sämtliche Vorwürfe jedoch für völlig gegenstandslos.“