Auf dass die Muskeln wachsen – viele Kraftsportler konsumieren verbotene Substanzen. Foto: dpa/Oliver Berg

Zwei Männer stehen wegen des Verkaufs von Dopingmitteln in Stuttgart vor Gericht. In manchen Ampullen war gar kein Wirkstoff festzustellen.

Stuttgart - Bizeps, Trizeps, Schultern, Brust, Oberschenkel, Latissimus – bei den anderen Jungs seien die Muskeln gewachsen, obwohl sie auch nicht mehr und auch nicht härter trainiert hätten. „Ich habe die anderen Jungs im Fitnesscenter gesehen, die haben mich überholt“, sagt der 38-jährige Angeklagte vor der 17. Strafkammer des Landgerichts. Da habe er Testosteron genommen – und später verkauft.

Deshalb stehen er und sein fünf Jahre älterer Kumpel vor dem Stuttgarter Gericht. Die Anklage des extra aus Freiburg angereisten Staatsanwalts lautet auf „vorsätzliches Inverkehrbringen von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport sowie auf Handeltreiben mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln“. Freiburg ist Schwerpunktstaatsanwaltschaft in Dopingstrafsachen.

Zwischen den Jahren 2014 und 2016 soll der 38-Jährige Präparate über das Netz in Bulgarien, Rumänien, Lettland und China besorgt und dann in Deutschland verkauft haben. Sein Kumpel stieß später dazu. Mit Doping kann man richtig viel Geld machen. Ein Kilo Testosteron aus China kostet etwa 1000 Euro und lässt sich fürs Dreifache verkaufen.

Hohe Gewinne

In einer Wohnung in Degerloch, später in Weilheim/Teck im Kreis Esslingen hätten die Männer die Ware zwischengelagert, sagt der Staatsanwalt in seiner Anklage. Sein Vortrag hört sich in Teilen an wie ein Seminar für Pharmazeuten. Da ist die Rede von Testosteron, Nandrolon, Clenbuterol, von Insulin, Oxamed-Tabletten – was Kraftsportler eben so nehmen, um ihre Muskeln wachsen zu lassen. Gravierende Nebenwirkungen inbegriffen. „Einige der sichergestellten Präparate enthielten überhaupt keine Wirkstoffe“, stellt der Staatsanwalt fest.

Die Kundschaft wurde bei konspirativen Treffen versorgt. Man traf sich abends auf Parkplätzen im Stuttgarter Stadtteil Fasanenhof, in Böblingen-Hulb, in Pforzheim und in einem Fitnessstudio in der Stuttgarter Innenstadt. Dort wechselten die Ampullen und Tabletten die Besitzer. Tausendfach.

Der Ankläger will Haftstrafen

Im Juni 2016 geriet einer der Großkunden der Angeklagten bei Karlsruhe in eine Verkehrskontrolle. Damit hatten die Fahnder den ersten Hinweis auf das Treiben der beiden Angeklagten. Zwei Monate später stellten sie etwa 2000 Ampullen Testosteron aus Bulgarien im Logistikcenter eines Paketdienstes in Wendlingen sicher. Es folgte die Durchsuchung der Degerlocher Wohnung und die Festnahmen der beiden Männer, die allerdings rasch wieder auf freien Fuß kamen. Die beiden Bodybuilder – der einer ist Gartenbauer, der andere Personal Trainer – sind bisher nicht vorbestraft.

Vor dem Gericht dringen die Verteidiger auf ein Rechtsgespräch. Der Fall sei alt, ihre Mandanten unbescholten, sprich: sie schlagen Geständnisse gegen Bewährungsstrafen vor. Der Freiburger Staatsanwalt will jedoch, dass die beiden Angeklagten hinter Gittern landen.

Am Ende wird der 38-Jährige zu zwei Jahren, sein fünf Jahre älterer Kumpel zu einem Jahr und neun Monaten Gefängnis verurteilt. Beide Strafen werden zur Bewährung ausgesetzt.