Die Protestanten in Württemberg haben Foto: dpa

Bei der Kirchenwahl in Württemberg hat die linksliberale Offene Kirche als einzige zugelegt. Vorn liegen aber weiter die Pietisten.

Stuttgart - Montagfrüh um 1.29 Uhr stand das Endergebnis fest: Die Lebendige Gemeinde ist weiterhin stärkste Kraft in der württembergischen Landessynode. Der konservativ-pietistische Gesprächskreis erhielt bei der Wahl der Landessynode 39 der 90 Sitze, einen weniger als vor sechs Jahren. Zweitstärkste Gruppe wurde erneut die linksliberale Offene Kirche. Sie hat fünf Sitze dazugewonnen und ist künftig mit 30 Mitgliedern im Kirchenparlament vertreten. Der Gesprächskreis der Mitte, Evangelium und Kirche, hat hingegen nur noch 15 Sitze, drei weniger als 2007. Die Kirche für Morgen verlor zwei Sitze und schickt künftig noch fünf Vertreter in die Synode. Ein neu gewählter Synodaler gehört bisher keiner der Gruppen an.

Landesbischof Frank O. July wertete die Kirchenwahl als Erfolg. Dass knapp ein Viertel der Wahlberechtigten abgestimmt habe, zeige, „dass unsere Kirche eine interessierte, engagierte und tragfähige Basis hat, die deutlich über die Gottesdienstgemeinde hinausgeht“, sagte er am Montag in Stuttgart. Er sehe dies als „ganz klares Zeichen dafür, dass Kirche nach wie vor eine starke Kraft ist und ihre Stimme in unserer Gesellschaft deutlich vernehmbar bleiben wird.“ Mit 10 000 Kirchengemeinderäten und 90 Landessynodalen verfüge die Landeskirche über eine breite ehrenamtliche Leitungsstruktur.

Die Lebendige Gemeinde habe ihr Wahlziel, größter Gesprächskreis zu bleiben, erreicht, sagte ihr Vorsitzender Ralf Albrecht. Sie sehe ihre Aufgabe vor allem darin, dem Rückgang der Kirchenmitglieder zu begegnen und genügend Stellen für Pfarramt und Diakonat bereitzustellen.

Ulrike Stepper, Vorsitzende der Offenen Kirche, kündigte an, „für Vielfalt und Gerechtigkeit mit Profil und Biss“ einzutreten. Kirche dürfe sich nicht selbst genug sein. Die Gruppe will die Stellen des Islambeauftragten, des Friedensbeauftragten und des Umweltbeauftragten wieder aufstocken.

Drei Landtagsabgeordnete gehören dem Kirchenparlament an

Die Synodalgruppe Evangelium und Kirche werde sich dafür einsetzen, dass die Kirche in allen Teilen des Landes präsent sei, sowohl in der Verkündigung wie in der diakonischen Arbeit, sagte ihr Vorsitzender. Richard Mössinger.

Das geltende Mehrheitswahlrecht verzerre den Wählerwillen, kritisierte Friedemann Stöffler von Kirche für Morgen. Ihre Kandidaten hätten zwar 11,7 Prozent aller Stimmen, aber nur 5,7 Prozent der Sitze. Er forderte außerdem, die Wahlperioden von sechs auf vier Jahre zu verkürzen. Seine Forderungen fand bei den anderen Gesprächskreisen keine Unterstützung.

Trotz ihrer Verluste werden die beiden kleinen Gruppen eine wichtige Rolle spielen. Sie könnten das Zünglein an der Waage sein, wenn sich die beiden großen Gesprächskreise nicht einig werden. Unterschiede gibt es etwa bei der Frage, ob homosexuelle Pfarrer mit Partner im Pfarrhaus leben dürfen.

Der Synode gehören künftig auch drei Landtagsabgeordnete an – Brigitte Lösch (Grüne) sowie Rainer Hinderer und Florian Wahl (beide SPD). Sie hatten für die Offene Kirche kandidiert. Die Wahlbeteiligung lag bei rund 24 Prozent, (2007: 24,3 Prozent.) Wie sich die Senkung desWahlalters von 16 auf 14 Jahre ausgewirkt hat, war am Montag noch unklar.