So sieht das aktuelle Kabinett von Ministerrpäsident Stefan Mappus aus Foto: AP

Vor der Landtagwahl im März beginnen die Spekualtionen ums künftige Regierungspersonal.

Stuttgart - In sechs Wochen ist Landtagswahl in Baden-Württemberg. Wer nach dem 27. März mit wem regiert, ist derzeit noch völlig offen. Aber schon jetzt werden Namen munter gehandelt.

Es ist ein offenes Geheimnis, dass vor Landtagswahlen manches versprochen wird, was nachher nicht eingelöst wird. Meist geht es ums Geld. Aber wie steht es mit dem Personal? Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) hat sich diese Woche schon mal selbst in Zugzwang gebracht: "Ich habe vor, nach dem 27. März mehr Frauen ins Kabinett zu holen." Das Versprechen war eine Reaktion auf die Kritik, dass das Land seine fünf Sitze im EnBW-Aufsichtsrat nur mit Männern besetzt.

Jenseits dieser Personalie stellt sich aber immer öfter die Frage: Wer wird eigentlich künftig dieses Land regieren - egal, ob es eine schwarz-gelbe Koalition oder ein grün-rotes Bündnis gibt. Derzeit besteht die Landesregierung aus elf Ministern (drei von ihnen sind weiblich) und sieben Staatssekretären (darunter eine Frau). "Wenn Mappus die Wahl gewinnt, muss er auf niemanden mehr Rücksicht nehmen", vermutet ein führendes Mitglied des CDU-Landesvorstands: "Dann wird er der Regierung seinen Stempel aufdrücken." Nur, was heißt das?

Die Spekulationsküche brodelt. Allgemein wird erwartet, dass Finanzminister Willi Stächele (59) - auch gegen den eigenen Willen - sein Amt räumen muss und Landtagspräsident werden könnte. Zwar sprach Mappus diese Woche seinem Kassenwart "das volle Vertrauen" aus. Aber Stächeles diversen Sparvorschläge der vergangenen Monate - gerade für den Bildungsbereich - haben Mappus gewurmt. Topfavoritin für das Amt des Finanzministers ist die jetzige Umwelt- und Verkehrsministerin Tanja Gönner. Die 41-Jährige ist eine enge Vertraute von Mappus und gilt in Sachfragen als knallhart. Ein Attribut, das auf dem Weg zur angestrebten Nullverschuldung des Landeshaushalts 2014 entscheidend sein wird.

Unklar ist, was aus Innenminister Heribert Rech (60) sowie Bundes- und Europaminister Wolfgang Reinhart (54) wird. Dem Ersten wird Amtsmüdigkeit vorgeworfen, was er bestreitet. Dennoch wird auch er als Landtagspräsident gehandelt. Der Zweite ist als Wissenschaftsminister und damit als Nachfolger von Amtsinhaber Peter Frankenberg im Gespräch. Für den Ministerposten dürfte sich aber auch der bisherige Staatssekretär Dietrich Birk (43) interessieren. Wen also nehmen? Erschwerend kommt für Mappus hinzu: Stächele, Rech und Reinhart sind CDU-Bezirksvorsitzende, haben also eine Hausmacht in der Landes-CDU.

Schick und Rau sind gesetzt

Als gesetzt in einem neuen alten CDU-FDP-Kabinett gelten Kultusministerin Marion Schick (52) und Staatsminister Helmut Rau (60). Als möglicher Neuling wird der OB von Donaueschingen und Landes-CDU-Vize Thorsten Frei (37) gehandelt. Nach dem Plädoyer für mehr Frauen darf die lange Zeit wackelnde Sozialministerin Monika Stolz (59) auf Weiterbeschäftigung hoffen. Aber woher kommen weitere Frauen? Friedlinde Gurr-Hirsch (56), derzeit Staatssekretärin im Landwirtschaftsressort, wird ein Ministeramt zugetraut. Könnte sie die Nachfolge von Gönner antreten? Oder erhält der Abgeordnete Paul Locherer den Vorzug? Immer wieder fallen auch die Namen der Mappus-Vertrauten und Landtagsabgeordneten Nicole Razavi (45) sowie der von Margret Mergen (50), Bürgermeisterin von Karlsruhe. Beide könnten als Staatssekretäre beginnen. Für solche Posten wächst die Kandidatenliste bereits ins Unendliche. "Die halbe CDU-Fraktion hält sich für regierungsfäig", spottet einer.

Weniger schwierig, weil überschaubar dürften die Personalien bei der FDP werden. Sollte es wieder eine schwarz-gelbe Landesregierung geben, gilt es als ausgemacht, dass Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke (49) - ein enger Mappus-Freund - neuer Wirtschaftsminister wird. Aber wer führt dann die Landtagsfraktion? Als Favorit gilt Friedrich Bullinger (57), Landtagsabgeordneter aus Schwäbisch Hall. Nach der Landtagswahl 2006 wollte er Staatsekretär werden, musste aber Richard Drautz den Vortritt lassen und war so erbost, dass er mit dem Wechsel zur CDU drohte. Bullinger blieb - und könnte nun aufrücken.

"Heftiger Verteilungskampf"

Aber auch für den Fall, dass Grüne und SPD die CDU nach 57 Jahren Regierungszeit ablösen, blühen die Spekulationen. "Es dürfte einen heftigen Verteilungskampf um die Kabinettsjobs geben", prophezeit ein Insider. Allgemein wird erwartet, dass hinter einem Grünen-Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (62) das Amt des Finanzministers an SPD-Spitzenkandidat Nils Schmid (37) geht. Unklar ist, ob Claus Schmiedel (59) erneut SPD-Fraktionschef würde oder in die Regierung wechselt. Der alte Kämpe Wolfgang Drexler (64) könnte Landtagspräsident werden. Als Innenminister wird SPD-Polizeisprecher Reinhold Gall (54) gehandelt, als Umweltminister der Grünen-Energieexperte Franz Untersteller (53). Die Grüne Theresia Bauer (45) gilt als mögliche Wissenschaftsministerin oder neue Fraktionschefin, ihr Kollege Eugen Schlachter als Mann für die Finanzen, wenn die SPD nicht zugreift. Andreas Stoch (41), Anwalt und jüngst Obmann im Stuttgart-21-Untersuchungsausschuss, wird als SPD-Justizminister genannt, Werner Wölfle (Grüne) als Verkehrsminister. Spekuliert wird zudem, dass zwei prominente Landes-Grüne auf die Regierungsbank streben könnten: Zum einen Tübingens OB Boris Palmer (38), zum anderen Fritz Kuhn (55), Bundestagsabgeordneter aus Heidelberg.

Wer am Ende welchen Posten erhält, wird spätestens am 12. Mai feststehen. Dann wählt der Landtag den neuen Ministerpräsidenten, der danach sein Kabinett vorstellt. Sollte es dann weder Schwarz-Gelb noch Rot-Grün, sondern eine Große Koalition geben, wird manche jetzt keimende Hoffnung auf Regierungsamt, Dienstwagen und Fahrer begraben. Oder wie es ein erfahrener Parlamentarier mit Blick auf aktuelle Umfragen und das drohende Patt zwischen Schwarz-Gelb und Grün-Rot umschreibt: "Dann gibt's viele enttäuschte Gesichter."