Innenminister Thomas Strobl befürchtet, dass der türkische Lobbyverein UETD die Bekämpfung antisemitischer Tendenzen behindert. Foto: dpa

Die Landesregierung schätzt das dem türkischen Präsidenten nahe Netzwerk aus Vereinen, kriminellen Gruppen und Vertretern des türkischen Staats als schädlich ein. Unser Chefredakeur Christoph Reisinger fragt sich jedoch: Was wird auf diese Entscheidung folgen?

Stuttgart - Welch erfrischende Klarheit: Die baden-württembergische Landesregierung schätzt das dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan nahe Netzwerk aus Vereinen, kriminellen Gruppen und Vertretern des türkischen Staats in Deutschland als das ein, was es ist: schädlich. Als eine Kraft, die hierzulande gezielt das friedliche Miteinander unter Türken und unter Deutschen mit türkischen Wurzeln untergräbt. Mithin die Stabilität und die innere Sicherheit des Landes.

Diese Klarheit lässt hoffen. Denn es wäre völlig falsch, dieses von unserer Zeitung seit April nach und nach aufgedeckte Netzwerk gewähren zu lassen oder gar zu ignorieren. Es kommt ja nicht von ungefähr, dass ein besonnener Mann wie Gökay Sofuoglu als Vorsitzender der Türkischen Gemeinde in Deutschland und in Baden-Württemberg so eindringlich warnt: vor Radikalisierung, vor zusätzlichen Integrationshindernissen, vor einem Export der wachsenden inneren Konflikte der Türkei nach Deutschland.

Eine schwere Belastung für die deutsch-türkische Beziehung

Entscheidend wird daher sein: Welche Therapie folgt auf die treffende Diagnose der Landesregierung? Die Umtriebe des zwielichtigen Netzwerks von Erdogan-Getreuen sind nur zu bremsen, wenn sich auch eine neue Bundesregierung dem Thema stellt. Mit Geheimdiensten, Bundespolizei und Justiz, vor allem aber im Dialog mit der Regierung Erdogan.

Denn der Skandal liegt ja darin: Es ist nicht irgendwer, der mit seiner fünften Kolonne den inneren Frieden in Deutschland untergräbt. Es sind Kräfte aus dem Machtzentrum einer der bedeutendsten und engsten Verbündeten. Solange sie wirken, bleiben sie eine schwere Belastung der gemeinsamen, für Deutschland wie für die Türkei herausragend wichtigen Beziehungen.

christoph.reisinger@stuttgarter-nachrichten.de