Im Innenhof des Alten Schlosses üben sich Eltern als Seifenblasenkünstler. Foto: Lichtgut/Ferdinando Iannone

Hinter den Kulissen haben die Besucher des Landesmuseums im Alten Schloss am Wochenende einiges entdecken können. Anlässlich des 160. Geburtstags schauten sie Restauratoren über die Schulter oder machten einen Abstecher tief unter die Erde.

„Da geht was!“ Der Spruch, den gelben Sommerliegen eingeschrieben, würde dem einstigen Hausherrn sicher gefallen. Eberhard im Barte jedenfalls schaut tatendurstig wie eh und je vom hohen Ross in den Schlosshof. Zwar steht in dem zur Lounge umfunktionierten Dürnitz-Saal kein Mahl mit 20 Gängen unter Seinesgleichen an, mit dem lässigen Wohlbehagen, mit dem sein demokratisiertes Nachvolk nun das Areal in Besitz nimmt, hätte sich der Brezel- und Kehrwochen-Erfinder womöglich aber anzufreunden gewusst. Zumal die Nachnutzer wild entschlossen sind, jeden irgendwie runden Geburtstag ihrer Hausherrschaft zu feiern. 160 Jahre sind es diesmal, auch als Landesmuseum hat das historische Gemäuer also schon ein paar Jährchen auf dem Buckel.

Vom Kellergewölbe bis zur Klimaanlage

Dass da was geht, können Kinder zum Geburtstagsfest nicht nur mit Entdecker-Touren im integralen Kindermuseum erleben, sondern schon im Hof, wo der Seifenblasen-Spaß nicht nur professionell inszeniert, sondern auch wie nebenbei angeleitet wird. Klar, dass sich da auch Eltern inspiriert fühlen, zu schillernden Seifenblasen-Künstlern aufzusteigen. Eine Hauptbühne des Events mit Musik und Genuss-Angeboten aus dem Dürnitz-Café, hinter der an diesem Tag viele sonst verschlossene Räume als kleine und große Nebenbühnen ihre Pforten öffnen. Von unter- bis überirdisch, von Kellergewölben bis zur Klimaanlage im fünften Stock, was an diesem heißen Sommertag eine durchaus aparte Idee ist.

Trinken könnte auch helfen! Jedenfalls befasst sich damit ab dem 22. Oktober die nächste Wechselausstellung, wofür auf den tausend Quadratmetern Sonderfläche zum Geburtstag ein Nonstop-Werbeblock lief. Die ersten Elemente für die Ausstellungsarchitektur sind schon parat, sodass zu ahnen ist, wie die spröde funktionale Halle ab Juli in eine anregende kulturgeschichtliche Schaubühne verwandelt wird. Dass der Parcours durch „10 000 Jahre Bier und Wein“ titelgemäß „berauschend“ wirken könnte, eine Wirkung, die auch massivem Erkenntnisgewinn zugeschrieben wird, das erschien bei den Ausführungen von Nina Willburger durchaus denkbar. „Superspannend“ sei das Thema, sagt die Leiterin der Archäologie, denn die Ausstellung werde „auch zeigen, wie Alkohol über die Jahrtausende der Kitt der Gesellschaft war“. Wichtig schon als Geschenk an die Götter, besonders aber „fürs soziale Miteinander bei Festen, Feiern und Feten bis in unsere Tage“. Ganz und gar trocken wird das nicht abgehen, dafür sorgt schon das Rahmenprogramm, mit Tastings inklusive.

Scherben und ein Überraschungspaket

Kärnerarbeit der Archäologie wird im „Keramikraum“ von Petra Schäfer geleistet, mit Scherben von der Steinzeit bis ins frühe Mittelalter. Am Beispiel eines Fundes aus dem fränkischen Dittigheim erläutert sie, wie sie mit solchen Scherben umgeht, wenn das Puzzle der Rekonstruktion gelungen ist. Mit Birkenpech werden die Teile gebunden, und Ergänzungen nur vorgenommen, „wenn es die Stabilität eines fragilen Gefäßes erfordert“. Diese sollen erkennbar bleiben. Ein Grundsatz der Forschung, der nicht immer Standard war, wie die Archäologin an einem Objekt aus Bad Buchau illustriert, wo die Oberfläche vor 80 Jahren ganz mit Wachs überzogen und mit Schellack retuschiert worden war.

„Unten!“ und „Hier öffnen!“ steht mit erblassendem Rotstift auf ein unförmiges Objekt aus Gipsbinden geschrieben. „Ein Überraschungspaket“, sagt die Scherben-Expertin, „vermutlich ein Knickkeramik-Gefäß“. Genau weiß Schäfer schon, was sie noch für die Ausstellung „Berauschend“ zu reinigen hat: „Eine schöne, mediterrane Amphore vom Meeresgrund.“

Ein Überraschungspaket hat Eva Schreiber, Spezialistin für „Metalle und Organik“, seit Monaten vor sich: eine längliche Gipsschale, die dem bloßen Auge kaum mehr als Erde zu bieten scheint. Das Röntgenbild aber hat ein „Ziergehänge“ aus dem 6. bis 8. Jahrhundert gezeigt, und nun arbeitet sich Schreiber unterm Mikroskop „Messerspitze um Messerspitze“ vor bis zum Erhaltenen. Organisches über Metallresten wird feucht gehalten, für die Spuren von Textil wird die Kollegin von nebenan hinzugezogen: „Wir werden noch ein paar Wochen dran sitzen“, sagt Schreiber schmunzelnd.

Imposante Mauerreste in der Tiefe

Fix und fertig ist dagegen Elisabeth Krebs, Fachrestauratorin für Skulpturen und Gemälde, mit zwei alten Trinkspielfiguren aus der Wunderkammer. Klar, die gehen an „Berauschend“. Ablösungen der Farbe wurden mit Ochsengalle punktgenau genässt und mit Metylzellulose wieder fixiert, wozu es weitere anschauliche Details gibt. Zwei Monate Arbeit brauchte das, samt Säuberung mit „Marseiller Seife“. Picobello musst es aber nicht sein, Patina ist erwünscht. Denn, so Krebs zu einem der beiden Objekte: „Der Dame darf man ihr Alter ruhig ansehen.“

Tiefer hinein in die letzten sichtbaren Reste der Talkessel-Besiedlung geht es nicht: Sechs Meter unter dem heutigen Erdgeschoss-Niveau befinden sich über einem mächtigen Tonnengewölbe die imposanten Mauerreste des Vorgängerbaus des Alten Schlosses. „Tonne 2“ ist für Archäologie-Chefin Willburger ein „besonders wertvoller Rest der Stadtgeschichte, weil nach dem Krieg sonst alles weggebaggert wurde“. Derzeit nur zu besonderen Anlässen zugänglich, gebe es Überlegungen, das zu ändern. So könnte es auch unterirdisch einmal heißen: „Da geht was!“