Fünf Jahre wurde die Neupräsentation der Schausammlung des Landesmuseums Württemberg vorbereitet – von diesem Freitag an ist das Panorama erlebbar. Klicken Sie sich durch „Legendäre Meisterwerke“. Foto: Leif Piechowski

Unter dem Titel „Legendäre Meisterwerke“ präsentiert sich das Landesmuseum Württemberg neu.

Stuttgart - Das gab es noch nie im Alten Schloss in Stuttgart – einen kompletten Rundgang von der Altsteinzeit bis in das frühe 20. Jahrhundert. Fünf Jahre wurde die Neupräsentation der Schausammlung des Landesmuseums Württemberg vorbereitet – von diesem Freitag an ist das Panorama erlebbar.

Alles ist gleich – und doch ganz anders. Das ist der erste Eindruck. Spannend hatte es das Wissenschaftler-Team um Cornelia Ewigleben gemacht, und immer höher waren die Erwartungen in den vergangenen Wochen geworden. Wie auch nicht. „Legendäre Meisterwerke“ ist die Neupräsentation der Schausammlung des Landesmuseums Württemberg betitelt.

Das ist ein Versprechen. Und es wiegt umso schwerer, als nahezu alle Bürgerinnen und Bürger der Region Stuttgart „ihr“ Landesmuseum, ihr Altes Schloss kennen. Manche und mancher nur mehr aus ferner Kindheitserinnerung, manche und mancher bereits wieder in der Rolle als Lotse der nächsten Generation(en).

Heimelig war es immer im Alten Schloss

Größer, heller, weiter – so erlebt man jetzt die aufwendig sanierten Räume. Und wer genau hinsieht, wird – vom Schillerplatz aus – bereits beim Gang zum Alten Schloss Neues bemerken. Ein Übergang verbindet die bisher getrennten Arkadenflügel und macht im zweiten Obergeschoss erstmals einen umfassenden Rundgang durch 80.000 Jahre Geschichte, Kunst und Kultur im heutigen Württemberg möglich.

Der Parcours führt vom Dürnitzbau über die Arkadenflügel und um den Innenhof schließlich zurück in den Hauptbau. 1500 Ausstellungsstücke sind auf diesen 2400 Quadratmetern zu sehen – und mitunter scheint es fast so, als erlebe die königliche Wunderkammer ihre Wiedereröffnung. Umso mehr, als die Neupräsentation sehr wohl multimediale Informationsmöglichkeiten gibt, die „Aufführung“ der Meisterwerke jedoch auf einer sehr zurückhaltenden Bühne stattfindet. Zu nennen ist etwa der Eiche-Parkett-Boden, vor allem aber der Umgang mit dem Licht.

Sicher, heimelig war es immer im Alten Schloss, und gerade jungen und jüngsten Besuchern dürften manch enge Auf- und Abgänge, könnte manch Labyrinthisches in wohlig-fremdelnder Erinnerung sein. Und nun? Eine hinterleuchtete Glasdecke sorgt im Dürnitzsaal ebenso für neue Weite wie die Lichtdecken in den Turmräumen. Nicht aufgesetzt aber wirkt dies alles, sondern gerade so, als hätte es nur so werden können.

War man aber nicht auch immer ins Landesmuseum gegangen, weil man an mancher Stelle – und vor allem in den drei Türmen – ein wenig innehalten konnte, im besten Sinn ganz bei sich sein konnte? Die Neupräsentation nimmt dieses auf, wenn die Besucher in den Rundtürmen Anregungen zu den Themen Macht, Glauben und Identität finden. Bewusst pointierte Gegenüberstellungen provozieren eigene gedankliche Verbindungen.

Die württembergische Königskrone wurde mit Knöpfen bestückt

Und wie bringt man umgekehrt die Jüngsten dazu, aus dem Abenteuer Geschichte nicht zu früh wieder in die Gegenwart zurückkehren zu wollen? Das Landesmuseums-Team wagt viel – und hat einen eigenen Vermittlungsbereich für Kinder von sechs Jahren an in die Schausammlung integriert. Nicht abgetrennt also sollen die Kinder auf eigenen Geschichts-Pfaden wandeln, sondern mittendrin.

Und die Geschichten? Ist die Geschichte nicht voll davon? 15 „Epochenboxen“ sind hier zuvorderst zu nennen. So erfährt man, dass die württembergische Königskrone mit Knöpfen bestückt wurde, dass der rote Schmuckstein Almandin im Mittelalter aus Sri Lanka importiert wurde – oder dass in der Steinzeit aus Brennnesseln Fäden gesponnen wurden.

Erfindergeist also war früh gefragt – und in diese Reihe gehört auch die Geschichte, wie König Wilhelm I. 1820 ein Diadem in Auftrag gab, für das er sogar große Diamanten an seiner eigenen Königskrone gegen kleinere Steine austauschen ließ. Der Glanz wechselte – und blieb doch in Württemberg.

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts gar drohte dem Bau der Abbruch

Wilhelm I., Regent bis zu seinem Tod im Jahr 1864, war es denn auch, der 1862 erklären ließ, die interessanten Zeugnisse der Vergangenheit durch öffentliche Ausstellung zur Kenntnis und Anschauung des Publikums bringen zu wollen. Der König konnte sich auf bewährte Schaustücke stützen – seit dem 16. Jahrhundert hatten die Herzöge in der Kunstkammer alles zusammengetragen, was ihnen selten, kostbar und ungewöhnlich erschien.

Zuvor an unterschiedlichen Orten gezeigt und gelagert, sind die Sammlungen des Landes seit 1948 im Alten Schloss zusammengeführt. 400 Jahre Hauptresidenz der württembergischen Grafen und Herzöge, war dieses im frühen 18. Jahrhundert durch die Neugründung von Ludwigsburg und den Bau des Neuen Schlosses in Stuttgart ins Abseits geraten. Und zu Beginn des 18. Jahrhunderts gar drohte dem Bau der Abbruch. Er schien schlicht nicht mehr zeitgemäß, und der große Dichter Johann Wolfgang von Goethe spottete 1797, dass das Alte Schloss „kaum zu einer Theaterdekoration gut war“.

Seit 2006 firmieren die landesgeschichtlichen Sammlungen als Landesmuseum Württemberg. Viel hat sich seitdem getan – bis hin zur Initiative „Junges Schloss“. Doch erst das Jubiläum 150 Jahre Landesmuseum machte nun die umfassende Sanierung möglich – Voraussetzung für den neuen Glanz, der mit der Neupräsentation nun das Alte Schloss erfüllt. Vorhang auf für „Legendäre Meisterwerke“.