Drei Tore am Sonntag, zwei Tore nun im vorgezogenen Spiel in Weilheim: der Angreifer Fatih Özkahraman (links) ist der Mann der Stunde bei Calcio Leinfelden-Echterdingen. Foto: Archiv Baumann

Nach dem 2:0 von Calcio in Weilheim darf sich der in die Kritik geratene Trainer Cataldo Diletto als persönlicher Sieger fühlen. Ob beim Filderclub nun Ruhe einkehrt, ist allerdings fraglich.

Weilheim - Es war kein ausgelassener Jubel, wie man ihn für gewöhnlich nach einem solchen Erfolg erwarten würde. Nein, in den Gesichtern stand weniger die Freude – dort spiegelten sich Trotz und Genugtuung, als die Fußballspieler von Calcio Leinfelden-Echterdingen nach dem Schlusspfiff erst die Fäuste ballten und sich dann mit ihrem Trainer abklatschten. Wer hatte da behauptet, das innere Betriebsklima sei gestört? Welcher Verdacht war doch sogar umhergegeistert: diese Mannschaft, die seine, könnte womöglich mobil machen gegen ihn, den Coach? Unter diesen Vorzeichen bedeutete das 2:0 am Mittwochabend in der Auswärtspartie beim amtierenden Vizemeister und Titelanwärter TSV Weilheim auch einen persönlichen Sieg, nämlich für den in die Kritik geratenen Cataldo Diletto. Die Botschaft an sämtliche Unruhestifter und Miesepeter von außerhalb: alles Unsinn, was von euch kommt. Eine interne Krise? Ausschließlich böswillige Erfindungen – jene gibt es nicht.

Diletto erwog Rücktritt

Aber vielleicht ist das auch der gerade am besten gangbare Weg. Nichts sagen, nichts sehen, nichts hören. Manche Dinge einfach ausblenden und stattdessen auf die eigene Arbeit konzentrieren in einem Umfeld, in dem es gerade wieder einmal drunter und drüber geht. Wie inzwischen durchgesickert ist, hatte Diletto für Anfang dieser Woche bereits seinen Rücktritt vorbereitet gehabt – ehe ihm die Abteilungsspitze sowie die Führungskräfte der kickenden Belegschaft offenbar in einer Aussprache demonstrativ den Rücken stärkten. Welchen Wert dieses Bekenntnis hat, bleibt freilich abzuwarten. Denn mit den Zuständigkeiten ist es bei Calcio so eine Sache. Der offizielle Fußballchef etwa, Juan Ramos, ist wie berichtet seit Sonntag eigentlich gar nicht mehr im Amt, nachdem ihm der Geldgeber und tatsächlich mächtige Mann im Verein, Propizio Sirignano, im ersten Ärger den Stuhl vor die Tür gesetzt hatte. Inzwischen scheinen sich die Gemüter zwar wieder abgekühlt zu haben und Sirignano zurückgerudert zu sein. Doch, wie zu hören ist, ist es nun Ramos, der nicht mehr so recht will. Zumindest die Buchhaltung sei er leid.

Ein anderer, der bisherige Vizepräsident Thomas Hannemann, hat von sich aus die Brocken hingeworfen. Zitat von ihm: „Jahrelang war ich hier der Arsch, jetzt soll ich plötzlich Verantwortung übernehmen – ohne mich.“

Insofern hätte es nicht verwundern können, hätten die Querelen auf das Geschehen auf dem Rasen abgefärbt. Auf jenem aber stand zuletzt ein stolzer Diletto. 95 Spielminuten lang hatte seine Elf gegen das Vorurteil, lediglich über eine zusammengekaufte herausragende individuelle Klasse zu verfügen, im wahren Wortsinn angearbeitet: Die Echterdinger präsentierten sich als konzentriert zu Werke gehende Einheit, in der sich keiner für Zweikämpfe und gelaufene Meter zu schade war.

Seitenhieb auf Malamidis

„Spielt so eine Mannschaft, die gegen den Trainer spielt?“, fragte Diletto hinterher, ohne eine Antwort zu erwarten. Sie formulierte sich von selbst: natürlich nein, womit der Coach seine These gestützt sieht, dass der suspendierte Abwehrchef Nektarios Malamidis mit seinen verbalen Angriffen lediglich ein einzelner Quertreiber war. Einen Seitenhieb auf den Ausgemusterten mochte sich Diletto denn nicht verkneifen. „Nach dieser Leistung muss ich sagen: es scheint beim Militär ganz gut zu sein“, sagte er. Zur Erläuterung: Malamidis hatte im Interview unserer Zeitung unter anderem einen „Umgangston wie bei der Bundeswehr“ moniert.

Zum Matchwinner wurde schließlich derselbe Akteur, der sich schon beim turbulenten 4:4 am Wochenende gegen Waldstetten den Titel „Mann des Tages“ verdient gehabt hatte: Nach seinen drei Toren vom Sonntag legte Fatih Özkahraman nun einen Doppelpack nach. Erst zirkelte der 27-Jährige einen Freistoß aus gut 20 Metern in sehenswerter Manier ins Netz (40.). Dann stellte er bei einem Konter per Flachschuss die Entscheidung her, nachdem ihm sein Teamkollege Vincenzo Parrinello den Ball in den Lauf gepasst hatte (76.). Geschichte am Rande: eigentlich hätte der Schütze Özkahraman zu diesem Zeitpunkt gar nicht mehr dabei sein sollen. Ein paar Minuten zuvor hatte Diletto seinen kurzzeitig humpelnden Stürmer bereits auswechseln wollen, ehe er es sich anders überlegte. „Ein Bauchgefühl“, sagte der Trainer verschmitzt. Die nötige Fortune kam diesmal also auch dazu.

Grgic verhindert Gegentreffer

Ansonsten waren Chancen beiderseits rar. Calcio war vor allem in der ersten Hälfte das bestimmendere Team mit einem Plus an Ballbesitz. Als sich im zweiten Durchgang die Gastgeber mühten, die Schlagzahl zu erhöhen, zeigte es sich auf Echterdinger Seiten, was es heißt, zwischen den Pfosten einen Kicker mit Oberliga-Erfahrung zu haben: Der Neuzugang Denis Grgic verhinderte mit drei Klasseparaden einen Gegentreffer. Tim Sternemann (69.), Ferdi Er (80.) und der eingewechselte Alt-Torjäger Lukasz Majowski (90.+3) scheiterten jeweils an ihm.

Unter dem Strich stand der fünfte Sieg im fünften Auswärtsspiel der Saison, mit dem der Fiderclub seine Ambitionen auf einen Spitzenplatz unterstrichen hat – und den sich Diletto zumindest an diesem Abend auch durch ein unrühmliches „Kunststück“ seines Kapitäns Sandro Villani nicht trüben ließ. Jener schaffte es, zuletzt nach seiner Einwechslung innerhalb von nur acht Minuten für zwei überflüssige Fouls zweimal Gelb gleich Rot zu sehen.

Berechtigte Hoffnung auf Ruhe?

Diletto, dem in Giuseppe Di Leone, Diamant Avdiu (beide Muskelverletzungen) und Denis Berger (Kehlkopfentzündung) drei Stammkräfte ausgefallen waren, nahm es gelassen – vielleicht ja im Bewusstsein, dass es dieser Tage wahrlich aufregungswertere Dinge bei Calcio gibt. Und ja vielleicht auch mit einer berechtigten Hoffnung, dass mit dem jetzigen Sieg und der bevorstehenden Krautfestpause nun tatsächlich einmal etwas Ruhe einkehrt.

Und sei es nur bis zum nächsten Training am Montag.

TSV Weilheim:
Ihring – Rueff, Kirschmann, Heisig, Kanarya (21. Sternemann) – Uluköyli, Kuch (79. Isik), Tausch (62. Polat), Zaglauer – Hummel (62. Majowski), Er.

Calcio Leinfelden-Echterdingen:
Grgic – Manafis, Paurevic, Pranjic, Ege – Candan, D’Andrea – Sylaj (90.+3 Smolcic), Gümüssu (73. Babadag), Parrinello (86. Orfanidis) – Özkahraman (79. Villani).