Im Landeskriminalamt Baden-Württemberg wird im Dezember 2018 das Kokain präsentiert, das durch die Arbeit eines verdeckten Ermittlers im Hamburger Hafen in Bananenkisten verpackt beschlagnahmt werden konnte. Foto: dpa

LKA-Präsident Ralf Michelfelder spricht im Interview über den Maulwurf in den eigenen Reihen, über die Auswahl von verdeckten Ermittlern und die Kontrolle der Mitarbeiter.

Stuttgart - Ein Maulwurf in den Reihen des LKA Baden-Württemberg sticht Informationen über einen Kollegen an die Verteidiger eines mutmaßlichen Drogendealers durch. Der war durch die monatelange Arbeit eines verdeckten Ermittlers im Dezember 2018 verhaftet worden.

Herr Michelfelder, das Landeskriminalamt wird mit schweren Vorwürfen konfrontiert: Einer Ihrer verdeckten Ermittler (VE) soll das Gericht über seinen Einsatz belogen haben. Jemand aus ihrem Haus hat sich anonym an die Verteidiger eines Angeklagten gewandt und spricht von kriminellen Machenschaften.

Sie haben Verständnis dafür, dass ich mich zu einem laufenden Strafverfahren nicht äußere. Was den Hinweisgeber anbelangt: Die Person, die das gemacht hat, ist identifiziert worden. Sie ist geständig und bereut ihre Tat. Sie hat selbst die Konsequenzen gezogen und bereits einen Entlassungsantrag aus der Polizei gestellt.

Und der verdeckte Ermittler?

Ich würde liebend gerne zu den Vorwürfen konkret antworten - kann das aber wie schon gesagt nicht, da es sich um laufende Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft handelt. Fakt ist: Die Person, die diese Vorwürfe erhoben hat, war in das Ermittlungsverfahren gar nicht involviert. Aber selbstverständlich werden die erhobenen Vorwürfe gegen den VE konsequent aufgeklärt, ebenso wie der begangene Geheimnisverrat. Die Staatsanwaltschaft hat hierzu zwei Ermittlungsverfahren eingeleitet, die aus Neutralitätsgründen von einem anderen Polizeipräsidium geführt werden. Der Geheimnisverrat hat dazu geführt, dass Gesundheit und Leben der in diesem Verfahren eingesetzten Personen gefährdet sind.

In diesem Verfahren stellt sich doch offenbar die Frage, ob der eingesetzte VE überhaupt für diese Tätigkeit geeignet ist.

Mich überrascht immer wieder, welche Mythen sich um VE ranken, die zudem von manchen Medien befördert werden. Tatsache ist: VE sind Polizeibeamte mit denselben Pflichten, wie jeder andere Polizist auch. Für diese besondere Aufgabe werden nur besonders ausgewählte, fachlich und charakterlich geeignete und den besonderen Einsatzbelastungen gewachsene Polizeibeamte eingesetzt. Jeder Kandidat muss ein dezidiertes Auswahlverfahren absolvieren, einschließlich umfangreicher psychologischer Tests. Dem schließt sich ein mehrwöchiger Speziallehrgang an, im dem nicht nur rechtliche und taktische Inhalte vermittelt werden, sondern der Kandidat auch ständig intensiv von Psychologen beobachtet wird.

Im vorliegenden Fall soll der VE aus dem Ruder gelaufen sein.

Nochmals: Ich kann nicht konkret auf dieses laufende Verfahren eingehen. Aber grundsätzlich kann ich sagen: Ich kenne keinen anderen Bereich in der Polizeiarbeit, der einer engeren Kontrolle unterworfen ist, als Verdeckte Ermittler. Selbst Richter und Staatsanwälte sind immer wieder überrascht, wenn ich ihnen berichte, dass VE wie jeder andere Polizist auch der Dienstzeiterfassung unterliegen, dass sie Dienstreisen genehmigen lassen müssen und selbst für ihre Nobelkarosse ein Fahrtenbuch zu führen haben. Im Einsatz wird ihnen ein Führungsbeamter unmittelbar zugeteilt. Beide haben tägliche Berichtspflichten. Einsätze im Strafverfahren benötigen eine richterliche Zustimmung und jeder Schritt wird mit der Ermittlungsdienststelle und der Staatsanwaltschaft abgestimmt.

Aber können so Alleingänge wirklich ausgeschlossen werden?

Das gewährleisten nicht nur unsere internen Regelungen, sondern auch der Umstand, dass wir alles der Staatsanwaltschaft berichten. Vor Gericht wird alles transparent. Hier sitzt auch der Angeklagte, der mit dem VE in Kontakt stand. Es wäre realitätsfremd zu meinen, da könnte etwas unter den Tisch gekehrt werden. Natürlich sind die Belastungen für VE besonders hoch. Sie dringen in hochkriminelle Milieus ein und tragen ihre Haut zu Markte. Auch werden sie mit großen Versuchungen konfrontiert. Gerade deshalb erfolgt eine engmaschige Kontrolle ihres Handels und zudem eine regelmäßige Supervision durch Einsatzpsychologen.

Dennoch hat eine Person aus dieser Einheit einen Geheimnisverrat begangen.

Wir nehmen sowohl seine Anschuldigungen, als auch seinen Verrat sehr ernst. Das aufzuklären ist jetzt Sache der Staatsanwälte. Der Schock sitzt tief bei meinen VE. Umso mehr schätze ich, dass an der Aufklärung des Geheimnisverrats alle Bediensteten freiwillig mitgewirkt haben.