Mehr als 46 Milliarden Euro Schulden hat das Land zurzeit am Kreditmarkt – angehäuft in Jahrzehnten. Foto: dpa

Die CDU will eine halbe Milliarde zurückzahlen, doch der Koalitionspartner wartet den Steuerkurs der neuen Bundesregierung ab.

Stuttgart - Die Landtags-Grünen wollen im nächsten Jahr zwar mit 200 Millionen Euro in die Schuldentilgung einsteigen, zögern aber wegen der Bundestagswahl mit einer weiter gehenden Rückzahlung. „Wir entscheiden darüber nach der Steuerschätzung im November“, sagte am Freitag Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz und riet zur Vorsicht. Schließlich kündige die Union in ihrem Wahlprogramm eine Senkung der Einkommensteuer um 15 Milliarden Euro an, was für Baden-Württemberg ein Minus von rund 300 Millionen Euro jährlich bedeute.

Die CDU-Landtagsfraktion hat diese Befürchtung nicht und dringt darauf, im Doppelhaushalt 2018/2019 eine halbe Milliarde Euro Schulden zurückzuzahlen: „Das wäre seit 1952 die erste signifikante Tilgung und damit eine historische Trendwende“, sagte Fraktionschef Wolfgang Reinhart. Die derzeit ausgezeichnete wirtschaftliche Lage mache dies möglich, und bei einem Schuldenstand von mehr als 46 Milliarden Euro sei man dies der künftigen Generation auch schuldig. Der Steuerzahlerbund unterstützte Reinhart und erklärte, das Jahr 2016 sei für das Land finanzpolitisch „fantastisch“ gelaufen. Die Gesamteinnahmen betrügen 51,3 Milliarden, die Ausgaben 47,8 Milliarden, so dass ein Plus von 3,5 Milliarden bleibe.

Bildung soll Ländersache bleiben

Die beiden Regierungsfraktionen haben darüber hinaus die milliadenschweren Ausgabeprogramme abgesegnet, die von der Haushaltskommission kurz vor der Sommerpause beschlossen worden waren. So sollen insgesamt 1,25 Milliarden Euro in die Sanierung von landeseigenen Straßen, Brücken und Liegenschaften fließen. Auch der Versorgungsfonds für Beamte soll 120 Millionen Euro mehr erhalten, um so die künftigen Pensionslasten abzumildern. Die Wohnraumförderung, Neustellen bei der Polizei und in der Umweltverwaltung sowie weitere 260 Deputate für Grundschulen und Ganztagsschulen sind weitere Ausgabeposten im neuen Haushalt.

Reserviert nahmen die Fraktionschef den Vorschlag der Liberalen auf, dem Bund mehr Einfluss auf die Bildungspolitik des Landes zu gewähren, damit er sich stärker finanziell engagiert. „Wir müssen aufpassen, dass wir am Ende immer noch klare Verantwortlichkeiten haben und die Aufgaben nicht zu sehr vermischen“, sagte Schwarz. Der Bund könnte die Länder auch über eine neue Umsatzsteuerverteilung finanziell unterstützen – ohne dass er sich in die Bildungspolitik einmischt. Auch Reinhart sagte: „Die Verantwortlichkeit muss transparent sein.“ Die Länder seien näher an der Bildungspolitik als der Bund.

Kennzeichnungspflicht für Fleisch

In einem Grundsatzpapier beschreiben die Grünen den zu erwartenden Wandel bei der Mobilität. „Es ist ein Erfolg der Grünen, dass sich so gut wie alle politischen Akteure zum emissionsfreien Fahren bekennen“, sagte Schwarz. Dies führe zwangsläufig zu einem Wandel in der Automobilindustrie. Die Grünen bekennen sich dazu, diesen Wandlungsprozess zu begleiten und zu unterstützen – zum Beispiel durch eine Intensivierung der Forschung und der Entwicklung.

Die Fraktion hat außerdem eine Initiative für eine Kennzeichnungspflicht für Fleisch auf den Weg gebracht. Die Kennzeichnung von Eiern biete Transparenz bei der Kaufentscheidung und habe das Konsumverhalten merklich verändert. Schwarz: „Diese Transparenz wollen wir auch beim Fleischkonsum mit einer einheitlichen und verbindlichen Regelung auf Bundesebene schaffen.“

Aussprache über Strobl

Breiten Raum hat die CDU-Fraktion einer Aussprache mit Thomas Strobl eingeräumt. Die Unzufriedenheit vieler Abgeordneter mit dem CDU-Landesvorsitzenden, Innenminister und stellvertretenden Ministerpräsidenten hatte zuletzt erheblich zugenommen. Vor allem macht man ihn dafür verantwortlich, dass Fraktionsvize Winfried Mack am vergangenen Samstag von einem Landesparteitag in Reutlingen als stellvertretender CDU-Landesvorsitzender abgewählt worden ist. Dies empfand die Fraktion als unfreundlichen Akt gegen sie insgesamt. Man habe bei der Aussprache klar gemacht, dass die Fraktion eine „gestalterische Aufgabe“ habe und für die Mehrheitsfähigkeit der Regierung sorge, sagte Reinhart am Freitag: „Ich gehe davon aus, dass dieses Monitum auch bei Strobl angekommen ist.“