Die Fotovoltaik ist eine der Erlösquellen der EnBW. Foto: dpa/Sven Hoppe

Jahrelang lag die EnBW dem Steuerzahler schwer auf der Tasche. Der milliardenschwere Einstieg im Jahr 2010 bereitete hohe Verluste. Nun aber wird die Lage von Jahr zu Jahr besser.

Stuttgart -

Der Atomausstieg

5,2 Milliarden Euro hat das Land seit 2010 insgesamt für knapp die Hälfte der EnBW-Aktien bezahlt – ein Engagement, dessen Zeitpunkt für den Steuerzahler ungünstiger nicht hätte kommen können. Denn wenige Monate nachdem der damalige Ministerpräsident Stefan Mappus den Kauf in einer Geheimaktion über die Bühne gebracht hatte, ereignete sich im japanischen Fukushima die Flut- und Atomkatastrophe. Sie führte dazu, dass Deutschland die soeben beschlossene Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke rückgängig machte und entschied, stattdessen von sofort an innerhalb weniger Jahre aus dieser Form der Energieerzeugung auszusteigen. Die Katastrophe sei ein „Einschnitt für die Welt“, erklärte damals eine sichtlich schockiere Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Der Energiekonzern

Ein Einschnitt war sie auch für die Steuerzahler, vor allem in Baden-Württemberg. Die betriebswirtschaftlich hoch profitablen Atomkraftwerke werden für die Energiekonzerne vom Ertragsbringer zum Kostgänger, zugleich investieren sie massiv in den Ausbau der erneuerbaren Energien und der Stromnetze, der zudem vom Bürger über den Strompreis mit vielen Milliarden Euro unterstützt wird. Ertragskraft und Wert der EnBW brachen ein, die Zinsen blieben erst einmal hoch. Das Kalkül von Mappus brach in sich zusammen, die Steuerzahler im Südwesten haben seither außer der Energiewende auch noch den verlustreichen Einstieg des Landes bei der EnBW zu stemmen.

Die Aktien

Zeitweise büßten die EnBW-Aktien fast die Hälfte ihres Werts ein - ein Verlust von zweieinhalb Milliarden Euro. Inzwischen allerdings hat sich das Blatt deutlich gewendet. Bereits kurz nach seinem Amtsantritt verkündete Konzernchef Frank Mastiaux einen kühnen Wechsel der Strategie, die er seither konsequent umsetzt. Dazu gehört nicht zuletzt, die Rolle der erneuerbaren Energien und der Netze, die die EnBW im Gegensatz zur Konkurrenz behält, drastisch auszuweiten und andere, als weniger aussichtsreich erkannte Geschäftsfelder in ihrer Bedeutung entsprechend zurückzustutzen. Trotz des Aufruhrs auf den Energiemärkten haben seine bereits vor Jahren verkündeten Ziele und Prognosen eine bemerkenswerte Treffergenauigkeit; und nun geht Finanzchef Thomas Kusterer sogar davon aus, den für 2020 erwarteten Anstieg des Betriebsergebnisses bereits in diesem Jahr zu schaffen.

All das beeindruckt auch die Wirtschaftsprüfer, die die Aktien im Auftrag der Neckarpri Jahr für Jahr neu bewerten. Sie schätzen den Wert der Landesaktien inzwischen auf fünf Milliarden Euro – fast doppelt so viel wie noch vor drei Jahren. Damit ist der Wertverlust von weit über zwei Milliarden auf 229 Millionen Euro geschrumpft.

Die einzelne Aktie ist jetzt mit 38,83 Euro bewertet, was recht nahe an den 40,60 Euro ist, die das Land beim Einstieg und einer späteren Kapitalerhöhung im Durchschnitt bezahlt hat. Für das 4,8-Milliarden-Paket, das Mappus einst gekauft hat und das 90 Prozent der EnBW-Aktien ausmacht, zahlte das Land pro Aktie sogar 41,50 Euro.

Allein im vergangenen Jahr haben die Wirtschaftsprüfer die Bewertung der Aktien um 821 Millionen erhöht. Würde das Land diese Aktien tatsächlich einmal zu diesem Preis verkaufen, könnte es damit - anders als noch vor wenigen Jahren – den Milliardenkredit weitgehend ablösen und bliebe nicht mehr auf einem Berg von Schilden sitzen.

Der Steuerzahler

Während sich die Bewertung der Aktien bisher lediglich in den Büchern niederschlug, aber keine Auswirkungen auf die Kassenlage hatte, fließt bei der Finanzierung von deren Kauf Jahr für Jahr bares Geld aus dem Landeshaushalt. Denn die Entwicklung auf den Energiemarkt hat nicht nur den Wert der Aktien, sondern auch die Dividende einbrechen lassen.

Das Land zahlte in den vergangenen Jahren insgesamt rund 310 Millionen Euro drauf, um die Lücke zwischen eingestrichener Dividende und gezahlten Zinsen zu schließen. Doch diese Lücke wird – ebenfalls wenige der günstigen Entwicklung der EnBW – seit Jahren kleiner. Vor zwei Jahren betrug sie noch 118 Millionen Euro, nun muss das Land nur noch 9,8 Millionen aufbringen.

Die Entwicklung

Maßgeblicher Grund für die Verbesserung ist, dass die EnBW ihre Dividende von 50 auf 65 Cent pro Aktie erhöht hat, was sich auf 84 Millionen Euro summiert. Steigt die Dividende über 73 Cent, kommt das Land sogar in die Gewinnzone.

Möglicherweise reicht dafür bald auch ein geringerer Anstieg, denn das Ergebnis für den Landeshaushalt hängt auch maßgeblich von der Entwicklung der zu zahlenden Zinsen ab. Hier könnte die Niedrigzinspolitik der EU-Notenbank EZB, die die Sparer dreistellige Milliardenbeträge kostet, sich entlastend auswirken. Denn in den Jahren 2022 und 2024 laufen Anleihen aus, für die die Neckarpri und damit das Land bisher 2,3 Prozent Zinsen zahlen. Werden diese Altschulden abgelöst und neu finanziert, dürfte der Zins deutlich niedriger ausfallen – und die Chance des Landes, den aufgehäuften Verlust der vergangenen Jahre durch Gewinne zu reduzieren, weiter steigern. Neue Zuschüsse plant die Landesregierung in ihrem Haushaltsentwurf jedenfalls nicht mehr ein.

Die Perspektive

Das Risiko, das der Steuerzahler einst einging, lässt sich aber auch dadurch kaum angemessen abdecken. Ein Happy End wird es für ihn somit wohl eher nicht geben. Doch immerhin sieht es inzwischen ganz danach aus, dass es bei weitem nicht so schlimm kommt, wie es jahrelang den Anschein hatte.