Landtag verabschiedet Nachtragshaushalt und behebt darin eine Abstimmungspanne der FDP.
Stuttgart - Der Landtag hat am Mittwoch zum dritten Mal den Haushalt 2010/2011 korrigiert und damit die ursprünglich vorgesehene Rekordverschuldung von 4,5 Milliarden erneut gesenkt. Wegen der üppigen Steuereinnahmen muss das Land jetzt nur noch 2,4 Milliarden Euro neue Schulden machen - in diesem Jahr kommt Finanzminister Willi Stächele mit 800Millionen aus.
"Wir verwenden nahezu alle Steuermehreinnahmen zur Senkung der Kreditaufnahme", sagte der CDU-Abgeordnete Manfred Groh und wertete das Sparpaket der CDU-FDP-Koalition in Höhe von 500 Millionen Euro als Zeichen für politischen Mut: "Es wäre einfacher, vor der Landtagswahl Geschenke zu machen."
Das bedeutet jedoch nicht, dass die Koalition gänzlich auf zusätzliche Ausgaben verzichtet. So stellt sie mehr Geld für den Erhalt von Landesstraßen, für die Städtebauförderung und für Bildungshäuser zur Verfügung, auch die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum, die Überstundenvergütung der Polizei oder die Entwicklungshilfe werden mit zusätzlichen Millionen bedacht. Das Geld stammt aus den Überschüssen der Jahre 2009 und 2010.
SPD und Grüne lehnten das Zahlenwerk zwar am Ende ab. Sie hatten zuvor jedoch einer Reihe von Einzelmaßnahmen sehr wohl zugestimmt, so etwa beim Posten Hochwasserhilfe. Eine weitere Übereinstimmung wurde kurzfristig von der CDU-FDP-Koalition gekippt - obwohl es in der vergangenen Woche im Finanzausschuss noch nach einer großen Mehrheit aus SPD, Grünen und FDP ausgesehen hatte.
"Was wir über Jahre vergeblich versucht hatten, schaffen Sie tatsächlich im Schlaf"
Dabei ging es um den Antrag der SPD, 100 zusätzliche Stellen in der Steuerverwaltung sowie 100 zusätzliche Ausbildungsstellen zu schaffen. Die beiden FDP-Vertreter im Ausschuss hatten dem aus Versehen zugestimmt: "Ich bedaure, dass ich diesen Fehler gemacht habe", entschuldigte sich die Abgeordnete Heiderose Berroth gestern noch einmal. "Aber wir werden dies heute korrigieren, denn das, was Sie heute vorgerechnet haben, stimmt nicht", sagte sie mit Blick auf den SPD-Abgeordneten Ingo Rust. Der Vorsitzende des Finanzausschusses hatte argumentiert, jeder Betriebsprüfer bringe dem Staat das 7,4-Fache an Einnahmen dessen, was er selbst an Kosten verursacht.
Es sei deshalb richtig, die zusätzlichen Stellen zu schaffen, sagte Rust. Sein Grünen-Kollege Eugen Schlachter stimmte ihm zu und verband dies mit einem ironischen Kompliment an die Liberalen: "Was wir über Jahre vergeblich versucht hatten, schaffen Sie tatsächlich im Schlaf." Doch die FDP ließ sich kein zweites Mal überrumpeln: Gemeinsam mit der CDU lehnten die Liberalen die wundersame Stellenvermehrung diesmal ab.
Für Verwunderung sorgte Berroth mit ihrer Bemerkung, wonach es bereits jetzt Zweifel an der verlässlichen Umsetzung des Stelleneinsparprogramms gibt. Die Landesverwaltung soll bis Ende 2016 fast 1500 Stellen abbauen - doch aus dem "Flurfunk" will Berroth erfahren haben, dass dies im Ministerium nicht so ernst genommen wird. "Bitte sorgen Sie dafür, dass das, was der Landtag beschließt, auch in der Verwaltung umgesetzt wird", sagte sie an die Adresse von Finanzminister Willi Stächele.
Dieser bekräftigte die Absicht, spätestens 2014 einen Haushalt ohne Neukredite vorzulegen. Bereits 2011 stehe im Zeichen der Konsolidierung. Das jedoch stellte Rust (SPD), der Vorsitzende des Finanzausschusses, infrage: Das Land habe im Schnitt der vergangenen zehn Jahre vielmehr eine Milliarde Euro jährlich aufgenommen: "Wir steuern insgesamt auf 50 Milliarden Euro Schulden zu."