Gebhard Fürst (links) und Frank Otfried July wollen keine nationale Abschottung. Foto: Horst Rudel

Die beiden württembergischen Bischöfe fordern Solidarität mit den Christen in Not ein. Auch gegen antidemokratische Tendenzen in Deutschland wollen sie gemeinsam kämpfen.

Stuttgart - Die Bischöfe Württembergs, Gebhard Fürst und Frank Otfried July, haben auf die Situation von Christen im Nahen Osten aufmerksam gemacht. „Es entsteht da eine Ökumene der Märtyrer, weil nicht mehr unterschieden wird, ob jemand evangelisch, katholisch oder orthodox ist. Alle werden von den Gegnern des Christentums liquidiert“, sagte der Landesbischof der evangelischen Landeskirche in Württemberg, July, im Interview. „In der gemeinsamen Hilfe für diese Christen wächst eine neue Gemeinschaft.“

Gebhard Fürst, Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart, betonte, bei den Verfolgungen spielten auch politische, soziale und kulturelle Faktoren eine Rolle. „Dennoch richtet sich der Zorn eben gegen Christen in ihrer speziellen Eigenart.“ Auch andere Religionsgemeinschaften seien betroffen. „Doch es gibt keine Religionsgemeinschaft, die zahlenmäßig so stark von Verfolgung betroffen ist.“ Ein Grund sei, „dass der Glaube ein Stachel im Fleisch dieser Welt ist“ – dass nämlich nicht die Stärke das Wichtigste im Leben sei, sondern dass sich Gott aller Menschen annehme.

Der Hass siegt nur scheinbar

Bei Anschlägen auf koptisch-orthodoxe Kirchen in Ägypten waren mehr als 40 Menschen getötet worden. Der sogenannte Islamische Staat (IS) hatte sich dazu bekannt. Fürst sagte dazu: „Als besonders perfide empfinde ich, dass die Täter die wehrlosen Gläubigen am Palmsonntag ermordet haben, dem Tag, an dem Christus als Friedensbringer gefeiert wird.“ Die Christen seien gehalten, Solidarität mit den Opfern zu zeigen. In einem Kondolenzschreiben an die koptisch-orthodoxe Kirche in Süddeutschland schrieb July: „Auch wenn der Hass zu siegen scheint, wollen wir den Weg des Friedens gehen.“ July wird am 23. April an einem Gedenkgottesdienst in der koptischen St.Georgs-Kirche in Stuttgart teilnehmen. In Baden-Württemberg leben rund 300 koptische Familien. Karin Maag, Stuttgarter CDU-Abgeordnete im Bundestag und Vorsitzende der deutsch-ägyptischen Parlamentariergruppe, sprach gegenüber der StZ von der Sorge der Kopten, „ wie es mit dem Staat Ägypten weitergeht. Der Schutz der Kirchen durch den Staat ist jetzt angeordnet. Dennoch wird die Sicherheit im täglichen Leben schwer zu garantieren sein.“

Die Bundestagswahl im Blick

Im Gespräch mit der StZ zeigten sich July und Fürst auch besorgt über den Nationalismus in Europa. „Die Herausforderung der Kirchen besteht darin, dass wir das Spiel neuer nationaler Abschottung nicht mitmachen. Wo sich Hassphänomene einnisten, müssen wir als Kirche klares Profil und klare Kante zeigen“, sagte July. Fürst betonte: „Mit dem Christentum nicht vereinbar sind rassistische, nationalistische und antisemitische Positionen.“ Die gäbe es nicht nur innerhalb der AfD. Die evangelische Kirche könne vor der Bundestagswahl zur „Gewissensschärfung“ aufrufen. „Den genannten Entgleisungen zu widersprechen, ist eine christliche Pflicht.“