In der Württembergischen Landesbibliothek ist eine Bibelausstellung zu sehen. Foto: Steinert

Die Ausstellung „200 Jahre Bibeln aus Stuttgart“ wird in der Württembergischen Landesbibliothek eröffnet.

S-Mitte - Im Haus des Kaufmanns Tobias Ludwig Lotter am Stuttgarter Marktplatz 5 beschlossen am 11. September 1812 ein paar Herren schwäbisch-protestantischer Ehrbarkeit unter geistlicher Führung des aus Ludwigsburg stammenden Auslandspfarrers Carl Friedrich Adolf Steinkopf die Gründung der Privilegierten Württembergischen Bibelanstalt, die später Württembergische Bibelgesellschaft hieß. Unter ihrem Dach, inzwischen im Möhringer Bibelhaus, hat sich 1981 die Deutsche Bibelgesellschaft zusammengefunden. Seit Sommer schon wird dieses 200-jährige Jubiläum begangen. Ein Höhepunkt der Veranstaltungen ist am Dienstag die Eröffnung einen Bibelausstellung in der Württembergischen Landesbibliothek.

„Stuttgart gilt als Bibelstadt“, sagt Christian Herrmann, Leiter der Abteilung „Alte und Wertvolle Drucke“. Die Württembergische Bibelgesellschaft war zwar nicht die älteste in Deutschland, wurde aber bald zur größten und erfolgreichsten ihrer Art. „Ihr Zweck soll sein der billige Verkauf oder die kostenlose Verteilung von Heiligen Schriften des Alten und Neuen Testaments ohne Anmerkungen und Fußnoten“, schrieben die Gründer in ihrer Resolution, die nicht zuletzt mit der Bitte um Unterstützung an den ersten König von Württemberg gerichtet war. Friedrich I. sagt sie zu. Verbreiten wollten sie die Lutherbibel unter den Protestanten Württembergs, vor allem unter den „ärmeren Volksklassen“ in einer großen Auflage, handlicher Form, mit klaren und lesbaren Lettern.

Nicht wenige der Bibeln stammen aus Stuttgart

Die Landesbibliothek verfügt über eine weltbekannte Sammlung von Bibeln. Nicht wenige davon stammen aus Stuttgart. Aber nicht nur der Übersetzung, Edition und dem Druck dieser Ausgaben gilt die Aufmerksamkeit der Ausstellungsmacher, sondern auch dem politisch-gesellschaftlichen Umfeld und den Verbreitungswegen von Altem und Neuem Testament über Württemberg hinaus. „Kolporteure“ oder „Bibelboten“ nannte man die Verkäufer, Verteiler oder Verschenker solcher Lutherbibeln, und sie konnten nicht überall ungehindert ihrem missionarischen Auftrag nachgehen. Die Württemberger selbst verzichteten zunächst auf solche Vertriebsprofis, sie setzten lieber auf lokale Bibelvereine und Pfarrämter. Aber von 1862 an zogen „Bibelboten“ auch im Königreich Württemberg zur Verbreitung des gedruckten Gottesworts in die größeren Städte.

Neben dem Initiator Carl Friedrich Adolf Steinkopf, der das Gründungskapital hauptsächlich aus seinem britischen Wirkungsort mitgebracht hatte, widmet sich die Ausstellung vor allem auch dem württembergischen Pfarrer und Gelehrten Eberhard Nestle (1851 bis 1913), der die wissenschaftliche Ausgabe des griechischen Neuen Testaments begründet hat, die bis heute weiterentwickelt wird und weltweit verbreitet ist. Aber auch das originalsprachliche Alte Testament in Form der Biblia Hebraica Stuttgartensia, 1977 als vierte Auflage erschienen, setzte internationale Standards.

Wirken der Bibelgesellschaft in Kriegszeiten

Mit Bibeln für besondere Anlässe, für Blinde und Sehbehinderte, für Kinder und Jugendliche oder für die Mission, mit den Revisionen der wirkmächtigen Übersetzung von Martin Luther, auch mit modernen Übertragungen beschäftigt sich die Schau ebenso wie mit dem Wirken der Bibelgesellschaft in Kriegszeiten, wobei der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft ein besonderes Augenmerk gilt.

Zur Eröffnung am Dienstag um 20 Uhr sprechen als Hausherr Hannsjörg Kowark, Direktor der Württembergischen Landesbibliothek, und Oberkirchenrat Werner Baur, Vorsitzender der Württembergischen Bibelgesellschaft. In die Ausstellung führt Pfarrer Alexander A. Fischer ein, der Theologischer Geschäftsführer der Bibelgesellschaft. Musik kommt von der Meuzzosopranistin Kathrin Koch, die am Klavier von Manuela Nägele begleitet wird.

Die Ausstellung „200 Jahre Bibeln aus Stuttgart“ in der Württembergischen Landesbibliothek, Konrad-Adenauer-Straße 8, ist bis zum 29. Dezember 2012 zu sehen, geöffnet ist Montag bis Freitag von 8 bis 20 Uhr, samstags zwischen 9 und 13 Uhr.