Wie kann man Lebensmittel richtig lagern? Äpfel fühlen sich bei Temperaturen von einem bis drei Grad am wohlsten. Foto: dpa

Lebensmittelexperten raten Verbrauchern, sich bei der Haltbarkeit von Öl, Milch, Obst und Fleisch auf ihre Sinne zu verlassen und geben Tipps, wie man sie im Haushalt richtig aufbewahrt.

Stuttgart - 6 670 000 Tonnen im Jahr. Das ist laut Studien die Menge an Lebensmittelabfällen, die die Menschen in Deutschlandjedes Jahr produzieren. Das sind knapp zwei Drittel aller Abfälle. Fast ein Drittel istGemüse, rund 20 Prozent Obst. Eigentlich müssten gar nicht so viele Lebensmittel im Müll landen. Zum Beispiel verderben Obst und Gemüse langsamer, wenn man Sorten zusammen lagert, die sich vertragen. Wie Kartoffeln und Knoblauch. Äpfel und Birnen mögen sich dagegen nicht.

Länger haltbar bleiben auch frische Lebensmittel, die man beispielsweise einfriert. Einfrieren lassen sich Kräuter ebenso wie Obst und Gemüse oder Fleisch, sagt Bärbel Nisi vom Ernährungszentrum Mittlerer Neckar. Die Produkte können gut bis zu einem Jahr in der Truhe lagern. Eine Ausnahme ist fettiges Fleisch. Nach drei Monaten büßt es seinen Geschmack ein: Das Fett oxidiert und wird ranzig. Gemüse sollte man vor dem Einfrieren blanchieren. Das hemmt die Aktivität von Enzymen, die andernfalls das Gemüse weiter reifen lassen oder wertvolle Inhaltsstoffe abbauen. Nach dem Blanchieren kommt das Gemüse in Eiswasser, wo es schnell runterkühlt. Das erhält die Farbe und stoppt den Garvorgang.

Zum Einfrieren eignen sich Gefrierbeutel oder Gefrierdosen. Wichtig: So viel Luft wie möglich rauslassen und das Produkt flach in die Truhe legen. Es friert schnell und bildet keine Eiskristalle, die die Zellwände zerstören. Produkte mit zerstörten Zellwänden verlieren nach dem Auftauen Flüssigkeit. In Gefrierdosen sollten zum Deckel zwei Zentimeter Platz bleiben. Frierende Flüssigkeit dehnt sich aus, und der Deckel kann von der Dose fallen.

Auch nach dem Mindesthaltbarkeitsdatum genießbar

Beim Einkochen oder Eindünsten werden Lebensmittel haltbar gemacht, indem man sie erhitzt und luftdicht verschließt. Wichtig ist, dass Glas und Deckel zusammenpassen. Die Einmachgläser heiß abspülen, aber nicht abtrocknen, sagt Nisi. Am Handtuch können Keime sein, die im Einmachglas nichts verloren haben. Sonst gären die Lebensmittel. Im Backofen, in der Mikrowelle oder in Einweckgeräten werden sie erhitzt. Eindünsten hat gegenüber dem Einfrieren einen Vor- und einen Nachteil: Es kostet weniger Energie, jedoch zerstört die Hitze das Vitamin C. In eingefrorenem Zustand ist das Vitamin erst nach einem halben Jahr um die Hälfte abgebaut.

Grundsätzlich sind viele Lebensmittel auch noch nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums (MHD) genießbar. Supermärkte dürfen solche Lebensmittel sogar noch verkaufen. Sie müssen lediglich darauf hinweisen, dass der Kunde das Produkt bald verzehren soll. Das MHD ist kein Verfallsdatum, sondern sagt dem Verbraucher bloß, bis zu welchem Zeitpunkt der Hersteller ihm den optimalen Geschmack oder das optimale Aussehen garantiert – solange der Kunde es korrekt lagert. Das MHD gilt allerdings nur für nicht geöffnete Lebensmittel.

Anders sieht es beim Verbrauchsdatum aus: „Die Kennzeichnung findet man bei besonders empfindlichen Lebensmitteln wie Hackfleisch, Geflügel oder Fisch“, sagt Christiane Manthey, Ernährungsexpertin bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Zusätzlich steht auf der Packung, bei welcher Temperatur das Lebensmittel gelagert werden soll. Wer das nicht leisten kann, sollte das Produkt am Tag des Kaufs essen. Nach dem Verbrauchsdatum müssen Supermärkte das Lebensmittel entsorgen. Auch der Verbraucher sollte es dann nicht mehr essen.

Speiseöle

Martin Geiger, Ingenieur für Lebensmitteltechnologie, ist überzeugt: „Gesetzliche Werte taugen wenig, um den Zustand und die Qualität eines Speiseöls zu bewerten.“ Lieber sollte der Verbraucher sich auf seinen Geschmackssinn verlassen. „Wir haben sehr empfindliche Geschmacksnerven und sind sensibel für ranziges Öl. Verbraucher sollten ihre Sachkompetenz nutzen“, sagt Geiger. Ranziges Öl – im Geschmack sehr mild, nussig oder seifig – sei ohnehin so unangenehm, dass man es nicht im Mund behalten könne.

Hintergrund seiner Überzeugung sind Versuche mit Speiseöl: Über 20 Monate lagerte Geiger Sonnenblumen-, Raps- und Leinöl bei Raumtemperatur im Dunkeln. Er stellte fest: Manches Öl ist länger, manches kürzer genießbar, als es nach Angaben bestimmter Werte sein müsste. So schmeckte das Sonnenblumenöl erst nach knapp eineinhalb Jahren ranzig, Rapsöl dagegen schon nach gut sechs Monaten fischig. Und Leinöl, das als empfindlich gilt, ist erst nach fast einem Jahr verdorben, also fischig geworden.

Geiger sagt, dass es die Haltbarkeit günstig beeinflussen könne, wenn man Öle in den Kühlschrank stellt. Kälte verlangsamt grundsätzlich alle Prozesse. Im Kühlschrank verfestigen sich die Öle aber oder werden flockig. Prinzipiell schütze die dunkle Flasche oder Blechdose das Produkt ausreichend vor Licht.

Fleisch und Wurst

Das Kühlen spielt bei frischem Fleisch eine wichtige Rolle. Grundsätzlich sollte man es nach dem Kauf so schnell wie möglich in den Kühlschrank legen und nicht erst noch Freunde besuchen oder zum Arzt gehen. Frisches Fleisch ist leicht verderblich, weil sich seine Oberfläche nur schwer vor Bakterien schützen kann. Diese vermehren sich bei zu warmen Temperaturen rasch. Deshalb sollte man Fleisch bei unter sieben Grad lagern.

Gut sind vier Grad, optimal null, sagt Nino Terjung von der Universität Hohenheim. Erst bei minus zwei Grad gefriert Fleisch. Abgepacktes Fleisch lässt man in der Packung. Dort – wie auch bei Wurst – steht für gewöhnlich „unter Schutzatmosphäre verpackt“ drauf. Das bedeutet, dass die Packung mit Kohlendioxid und Stickstoff gefüllt ist. Diese Gase hemmen das Wachstum von Erregern, machen das Produkt also länger haltbar. Abgepacktes Fleisch enthält aber zusätzlich Sauerstoff, damit der Farbstoff nicht zerstört wird. Verbraucherschützer kritisieren, dass die schöne rote Farbe dem Verbraucher lange Frische bloß vortäuscht. Denn: Sauerstoff lässt Muskeleiweiß und Fett oxidieren. Das Fleisch wird schneller zäh und ranzig.

In Krepppapier eingewickelt in die Tüte

Fleisch vom Metzger kann man in der Tüte lagern – es sei denn, man möchte es erst Tage später essen. Dann empfiehlt es sich, das Fleisch abzuwaschen und mit Krepppapier in die Tüte zu legen. Das Krepp saugt den Fleischsaft und das Wasser auf. Richtig gelagert kann frisches Fleisch bis zu einer Woche halten. Mariniertes Fleisch ist weniger empfindlich, weil Salz und andere Gewürze es haltbarer machen. Da man aber nicht weiß, wie lange gewürztes Fleisch schon beim Metzger liegt, hält es auch nur etwa eine Woche.

Auch abgepackte Wurst kann man nach dem Öffnen in der Packung aufbewahren, Wurst vom Metzger in der Tüte. Allerdings hält abgepackte Wurst länger als frische. Eine Ausnahme ist fermentierte Wurst wie Salami: Sie enthält zur längeren Haltbarkeit Starterkulturen, die Säure bilden. Wenn der Metzger nun jede Wurst mit derselben Maschine schneidet, überträgt sich die Säure auf die nicht fermentierte Wurst. Sie wird nach ein paar Tagen sauer.

Wurst, die im Supermarkt ungekühlt verkauft wird, lässt sich zuhause auch geöffnet ungekühlt lagern. Die Ware wurde so behandelt, dass trotz wärmeren Temperaturen keine Organismen mehr wachsen.

Experten raten, sich bei Fleisch und Wurst immer auf seine Sinne zu verlassen. Gutes Fleisch riecht leicht säuerlich. Verdorbene Produkte erkennt man etwa an Schwefel- oder Ammoniakgeruch.

Obst und Gemüse

Mit Menschen vergleicht Dominikus Kittemann vom Kompetenzzentrum Obstbau-Bodensee Obst und Gemüse: Es atmet, gibt Wärme ab, verliert Wasser, wird krank und stirbt. Deshalb sollte man es richtig lagern. Dazu muss man wissen, dass manche Früchte wegen eines Gases nachreifen, und andere auf das Gas reagieren. Äpfel, Birnen, Bananen, Kiwis, ebenso Mangos, Pfirsiche, Tomaten oder Avocados reifen nach. Sie bilden Ethylen, das den Reifeprozess beschleunigt.

Eine unreife Birne oder Banane reift neben einem Apfel daher zwar rascher. Häufig verdirbt das Obst aber schneller. Daneben gibt es Früchte wie Gurken oder Gemüse mit Blättern, die kein Ethylen produzieren, aber empfindlich darauf reagieren und schneller verderben. Heimisches Obst lagert am besten bei ein bis drei Grad. So halten Äpfel zehn, Birnen acht Monate. Tropische Früchte wie Bananen bevorzugen zehn bis 15 Grad. Im Kühlschrank bekommen sie Kälteschäden, werden also braun.

Grundsätzlich kann man fast jedes Gemüse in den Kühlschrank legen. Wer Obst und Gemüse dazu in Folie einpackt, reduziert den Wasserverlust, und die Frucht schrumpft nicht. In den Beutel sollte zudem Luft gelangen. Sonst gären die Früchte. Die Kartoffel fühlt sich im Keller wohl. Und wo es ihr gut geht, gefällt es auch dem Knoblauch. Von Zwiebeln sollte man Kartoffeln fernhalten. Werden sie zusammen gelagert, reifen sie schneller nach.

Milch

Die Menschen in Deutschland lieben Milch und Milchprodukte: Jedes Jahr isst und trinkt ein Bundesbürger im Schnitt 90,4 Kilo Frischmilcherzeugnisse. Das sind knapp 24 Kilo Käse, 17 Kilo Joghurt, 54 Liter Milch und sechs Kilo Butter. Die Länge der Haltbarkeit hängt im Wesentlichen vom Verbraucher selbst ab, sagt Jörg Hinrichs von der Universität Hohenheim. Milch wird bei der Herstellung erhitzt und auf diese Weise bestmöglich haltbar gemacht. Mikroorganismen sterben, Enzyme schlafen ein.

Dem Verbraucher bleibt die einzige, aber sehr wichtige Aufgabe, Milch und Milchprodukte zu kühlen. Dann sollte er Milch aus dem Supermarkt binnen ein bis drei Tagen trinken. Bis Milch sauer schmeckt oder flockt, dauert es zwar oft länger. Allerdings werden die Enzyme nach einiger Zeit wieder aktiv und zerlegen zum Beispiel die in Milch enthaltenen Proteine.

Besser nicht: direkt aus der Milchpackung trinken

Tabu sollte es sein, die Milch direkt aus der Packung zu trinken. Sonst gelangen Keime in die Milch. Rohmilch frisch vom Bauer wurde nicht erhitzt. Deshalb ist sie mit Krankheitserregern belastet. Infektionen führen zu Durchfall, Fieber oder Unterbauchschmerzen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) rät, Rohmilch vor dem Trinken zu erhitzen, um Erreger abzutöten.

Anders sieht es bei der sogenannten Vorzugsmilch aus: Sie kommt aus intensiv kontrollierten Betrieben, steht abgepackt im Einzelhandel und kann roh getrunken werden. Jedoch kann auch Vorzugsmilch Krankheitserreger enthalten, warnt das BfR. Laut dem Institut darf Vorzugsmilch bei höchstens acht Grad gelagert und muss binnen 96 Stunden nach der Milchgewinnung getrunken werden. Das Verbrauchsdatum steht auf der Packung.

Käse und Joghurt halten länger als Milch. Frischkäse und Joghurt etwa schützen sich selbst vor Keimen, da sie sauer sind. Verdorbene Produkte erkennt der Verbraucher am Schimmel. Auf Hartkäse kann man ihn großzügig entfernen. Gammeliger Frischkäse sollte im Müll landen