Wo heute S-Bahnen fahren, rollen dereinst Fernzüge. Den Krach gilt es zu mindern, und zwar auf ansehnliche Weise. Foto: Thomas Krämer

Mehr als 4,6 Millionen Euro kosten laut Bahn die Lärmschutzwände an der S 21-Zugstrecke durch Leinfelden-Echterdingen. Eine schöne Gestaltung der hässlichen Bauten kostet noch mal so viel.

Leinfelden-Echterdingen - Es kann nur noch darum gehen, die Symptome zu mildern. So würde es vermutlich ein Mediziner sehen, der bei seinem Patienten eine schwere Krankheit diagnostiziert hat, für die ein Eingriff nötig ist.

Der Patient, das ist in diesem Fall die Stadt Leinfelden-Echterdingen, durch deren „Körper“ in wenigen Jahren nach Lage der Dinge nicht mehr nur S-Bahnen fahren werden, sondern im Zuge von S 21 auch die Züge des Fernverkehrs. Und ein schneller ICE macht Krach, der von der Bahn gemindert werden muss. „Dafür haben wir vor zwei Jahren gekämpft, und es hat sich gelohnt“, sagte Roland Klenk. Doch dem Oberbürgermeister genügt – um beim obigen Bild zu bleiben – die von der Bahn bezahlte „Kassenleistung“ nicht. „Wir müssen das karge Muss behandeln, da wir lange mit dem Bauwerk leben werden.“

Der Lärmschutz der Bahn wird „nicht in allen Bereichen zu gestalterisch befriedigenden Lösungen führen“, heißt es in der Vorlage, über die die Mitglieder des Technischen Ausschusses am Dienstagabend diskutierten. Deshalb hatte die Stadt das Büro des Landschaftsplaners Christof Luz mit einer ergänzenden Gestaltungsstudie beauftragt. Und der erläuterte dem Gremium verschiedene Möglichkeiten, wie der Eingriff in das Stadtbild zumindest abgemildert werden kann.

Leinfelden ist erheblich stärker betroffen

In Echterdingen sieht die Planung der DB Netze eine vier Meter hohe Schallschutzwand nördlich der Gleise zwischen Bahnhof und dem Abtauchen in den Flughafentunnel vor. Luz schlägt vor, an dieser Stelle statt einer frei stehenden Mauer die dabei entstehende Lücke aufzufüllen.

Erheblich stärker wird Leinfelden von den Lärmschutzmaßnahmen betroffen sein. Im Bereich der Markomannenstraße plant die Bahn auf mehr als 400 Meter Länge südlich der Gleise eine zwei bis vier Meter hohe Wand. Diese würde Luz im östlichen Bereich als „halbierten Wall“ besser an das Gelände anpassen. Den Bereich am Schützenweg bezeichnet der Planer aufgrund der schon jetzt nicht gelungenen Situation als einen der schwierigsten Bereiche. Seine Empfehlung ist, das Gelände auf die Höhe des Neuen Marktes anzuheben. Die von der Bahn im Bahnhofsbereich vorgesehene zwei Meter hohe Wand würde er für Bänke und Ticketautomaten nutzen.

Entlang der Rohrer Straße plant die Bahn eine bis zu vier Meter hohe Wand. Diese könnte durch eine Bepflanzung mit Bäumen oder eine Hecke in die Landschaft integriert werden. Und im Bereich des Bahnhofs von Oberaichen soll nach Ansicht der Bahn eine bis zu drei Meter hohe Barriere Schallschutz bringen. Wie in Leinfelden könnten hier Fahrkartenautomaten, aber auch Fahrradboxen in das Konzept integriert werden, eventuell sogar ein Dach.

„Die Begeisterung hält sich in Grenzen“, fasste die Grünen-Fraktionschefin Ingrid Grischtschenko ihre Eindrücke zusammen. Man habe immer vor Mischverkehr gewarnt, aber das helfe nun nichts mehr. „Es geht nun um kreative Lösungen, die schön sind.“

Die Bürgerschaft in die Details miteinbeziehen

Kopfzerbrechen machte Erich Klauser die Gestaltung an der Haltestelle Oberaichen. Er befürchtete durch die Mauern ein geringeres Sicherheitsgefühl. Zudem sprach sich der SPD-Fraktionsvorsitzende dafür aus, bei der Detailplanung die Bürgerschaft einzubeziehen. „Es ist grausam, wir machen unsere Stadt kaputt“, fand Hans Huber, der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, drastische Worte, erkannte jedoch gleichzeitig an, dass sich der Planer reichlich Mühe gegeben hätte.

Claudia Moosmann (Filderpiraten) sorgt sich wegen der Lärmschutzwände um die Frischluftschneisen für Stuttgart. Sabine Onayli (L.E. Bürger) befürchtete, dass durch die zusätzlichen Ausgaben für den Lärmschutz das Geld an anderer Stelle fehle. Denn immerhin geht die Bahn momentan von Kosten in Höhe von 4,66 Millionen Euro aus. Würden die von Luz vorgestellten Maßnahmen umgesetzt, müsste die Stadt nach Schätzung des Landschaftsarchitekten mindestens noch einmal diese Summe drauf legen. „Ein großer Teil wird notwendig sein“, so das Fazit von Walter Vohl (Freie Wähler). In schöner Umgebung fühle man sich eben einfach wohler.