Insgesamt hat das Verkehrsministerium bei den Lärmuntersuchungen 3,3 Millionen Fahrzeuge erfasst, darunter 206 000 Motorräder. Foto: dpa/Oliver Berg

Das Verkehrsministerium Baden-Württemberg hat 2020 und 2021 den Lärm an circa 100 Straßen im Land gemessen. Auch zwei Strecken nahe Stuttgart gehören zu den Lärm-Hotspots.

Mit Beginn des Frühjahrs wurden auch dieses Jahr wieder etliche Motorräder aus dem Winterschlaf geweckt. Insbesondere an sonnigen Wochenenden und Feiertagen steigt die Zahl der Zweiräder auf der Straße – unmotorisiert und motorisiert. Letztere sind für Anwohner allerdings oft ein Ärgernis wegen des Lärms, den sie mitunter verursachen.

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Das baden-württembergische Verkehrsministerium hat 2020 und 2021 Messungen in Auftrag gegeben an 93 bei Motorradfahrern beliebten Strecken in 27 Landkreisen. Die Messungen hätten ergeben, dass etwa jedes dritte Motorrad bei der Vorbeifahrt lauter als 90 Dezibel sei, informiert das Ministerium in einer Pressemitteilung. Bei den Pkw seien es vier Prozent. „Dagegen sind nur 13 Prozent der Motorräder leiser als 80 Dezibel, bei den Pkw sind dies 32 Prozent.“ Fast jedes dritte vorbeifahrende Motorrad sei damit so laut wie ein Presslufthammer oder eine Kreissäge.

Die ehemalige Solitude-Rennstrecke ist bei Motorradfahrern beliebt

Besonders beliebt bei Motorradfahrern im Land sind kurvenreiche Strecken auf der Schwäbischen Alb und im Schwarzwald. Aber auch in der Region Stuttgart gibt es Schwerpunkte. So zum Beispiel die L 1189/Magstadter Straße von Magstadt in Fahrtrichtung Stuttgart-Büsnau. Die Messstelle lag kurz hinter der Unterführung A 8 und A 81, gemessen wurde von 13. bis 26. August 2021. Außerdem wurde der Verkehr an der L 1187/Mahdentalstraße von Leonberg in Richtung Büsnau etwa auf Höhe des ADAC-Verkehrsübungsplatzes erfasst, vom 2. bis 15. Juli 2021. Beide Strecken führen im weiteren Verlauf in Richtung Stuttgart in den Kreisverkehr am Schattengrund beziehungsweise die S-Kurve der Magstadter Straße in Büsnau, einem Teil der ehemaligen Solitude-Rennstrecke.

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An der L 1189 wurden im August 2021 31 480 Pkw am Wochenende gemessen, ein Anteil von 22 Prozent am Gesamtverkehr. Der Anteil der Motorräder lag mit 1671 bei 37 Prozent am Wochenende. Das lauteste Motorrad wurde mit 104 Dezibel erfasst. Lautestes Fahrzeug war ein Pkw mit 118 Dezibel. Auch einige Reise- und Linienbusse sowie Lkw wurden mit circa 100 Dezibel gemessen.

An der L 1187 lag der Anteil der Motorradfahrer laut Daten des Verkehrsministeriums bei 61 Prozent am Wochenende (3492 Motorräder), im Vergleich zu einem Pkw-Anteil von 24 Prozent (39 025 Fahrzeuge). Das lauteste Motorrad passierte die Messstelle mit 112 Dezibel, der lauteste Pkw brachte es auf einen Schallpegel von 105 Dezibel. Ein Lkw und ein Sattelzug wurden mit jeweils 106 Dezibel erfasst.

Büsnauer klagen seit Jahren über den Lärm von der Magstadter Straße

Einige Anwohner in Büsnau klagen seit Jahren über den Lärm insbesondere, aber nicht nur von Motorradfahrern, über unnötiges Auf- und Abfahren der Kurvenstrecken, über Fahrer, die ihre Maschinen absichtlich laut aufheulen lassen. Seit zwei Jahren steht unterhalb der S-Kurve ein Lärmdisplay, das zum einen die Schallpegel vorbeifahrender Fahrzeuge erfasst, zum anderen die Verkehrsteilnehmer über das Display zu mehr Rücksicht aufruft. Ebenso wurde ein Tempolimit auf 40 im Kurvenbereich ausgeschildert. All dies soll dazu beitragen, dass von der Magstadter Straße weniger Lärm zu den Wohnhäusern in Büsnau dringt.

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Eine erste Auswertung der von den Lärmdisplays erfassten Daten hatte 2021 ergeben, dass zwar Schallpegel-Spitzenwerte von annähernd 100 Dezibel vorliegen, der Jahresmittelungspegel allerdings war zu niedrig, um zum Beispiel Fahrverbote für Motorräder an Wochenenden durchsetzen zu können. Auch deshalb, weil dafür nicht der Lärm direkt an der Straße zähle, sondern der an den Wohngebäuden ankommende Pegel – und der war laut der Stadtverwaltung nicht laut genug, um Verkehrsbeschränkungen zu rechtfertigen.

An Wochenenden waren doppelt so viele Motorräder unterwegs

Laut Verkehrsministerium wurden nun an den Messstellen die Fahrzeugart, die Geschwindigkeit und der maximale Lärmpegel bei der Vorbeifahrt für einen Zeitraum von circa 14 Tagen zwischen Juni und Oktober 2020 und von Mai bis September 2021 gemessen. Im Untersuchungszeitraum wurden laut Ministerium insgesamt 3,3 Millionen Fahrzeuge erfasst, darunter 2,94 Millionen Pkw und 206 000 Motorräder. Die Messungen zeigen, dass an Wochenenden gegenüber Wochentagen durchschnittlich doppelt so viele Motorräder unterwegs sind. „An einigen Strecken wurden an einem Wochenendtag sogar sieben- bis neunmal so viele Motorräder gezählt wie an einem Wochentag“, teilt das Verkehrsministerium mit.