Rechtschreibung ist ein heiß diskutiertes Thema. Foto: dpa

Grundschüler müssen flüssig lesen und richtig schreiben können, verlangt Kultusministerin Eisenmann mit Nachdruck. Sie setzt auf Lehrerfortbildung. Die Opposition verlangt mehr Förderstunden.

Stuttgart - Baden-württembergische Kinder haben in jüngeren Leistungsvergleichen erhebliche Lücken in der Rechtschreibung gezeigt. Ein Fünftel der Schüler hatte beim Bildungstrend 2016 des Instituts für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) nicht einmal den Mindeststandard erreicht. Das will Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) nicht hinnehmen. Mit ihren Vorschlägen zur Methodik hatte sie die Grundschullehrer in der Vergangenheit mächtig gegen sich aufgebracht.

Jetzt startet in Baden-Württemberg eine landesweite Fortbildungsinitiative zum Thema „Orthographie lehren und lernen in der Grundschule“ und folgt damit den Ländern Schleswig-Holstein und Hamburg, die ebenfalls an der Initiative beteiligt sind.

Schlüsselkompetenz Rechtschreibung

„Wenn Kinder nach der Grundschule nicht flüssig lesen und richtig schreiben können, fehlt ihnen eine entscheidende Schlüsselkompetenz. Das ist ein Zustand, den wir in Baden-Württemberg genauso wenig hinnehmen wie in Schleswig-Holstein oder Hamburg“, sagte Kultusministerin Eisenmann am Montag zum Auftakt der Initiative in Baden-Württemberg. Die Lehrer wollen ihre Methoden zur Förderung der Rechtschreibkompetenz der Schüler verbessern. Teil der Initiative sind 90-minütige Online-Vorlesungen zu Themen wie Schriftspracherwerb, Schrift und Orthographie, Rechtschreiben im Unterricht oder Diagnose.

Auch sollen laut einer Mitteilung des Kultusministeriums „vorhandene Orthographieansätze der Schulen beleuchtet und bei Bedarf qualitativ weiterentwickelt werden“. An der Methodik hatte sich ein heftiger Streit entzündet, der eskalierte, als Eisenmann das lautorientierte Schreiben, das Schreiben nach Gehör, untersagte. Sie hatte hatte bereits Ende 2016 in einem Brief an die Grundschullehrer darauf hingewiesen, dass „Methoden, bei denen Kinder monate- beziehungsweise jahrelang nicht auf die richtige Rechtschreibung achten müssen“ nicht mehr zu praktizieren seien. Das hatte die Lehrerverbände auf die Barrikaden gebracht. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hatte darauf hingewiesen, dass am Ende der vierten Klasse kein Unterschied festzustellen sei, zwischen Kindern die im Anfangsunterricht mit lautorientiertem Schreiben gelernt hätten, und Kindern, die nach anderen Methoden unterrichtet worden seien.

Verbindlicher Rechtschreibrahmen

Seit diesem Schuljahr gilt in Baden-Württemberg verbindlich ein Rechtschreibrahmen des Kultusministeriums. In dem schulartenübergreifenden Plan ist festgelegt, wohin der Unterricht in der Grundschule führen soll und worauf die Lehrkräfte in den weiterführenden Schulen aufbauen können. Die neuen Online-Seminare sollen den Lehrern laut Eisenmann zusätzliches Material bieten. Es ist eine Vertiefung der Themen durch Fachberater vorgesehen. Michael Becker-Mrotzek, der Direktor des Mercator-Instituts für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache, sieht alle Lehrer in der Pflicht: „Sprachliche Bildung ist eine Aufgabe des gesamten Kollegiums“, sagte er zum Auftakt der Fortbildungsinitiative.

Opposition und GEW verlangen Förderstunden

Daniel Born, der Bildungspolitiker der oppositionellen SPD erklärt, „eigentlich brauchen unsere Lehrkräfte an den Grundschulen mehr Zeit für individuelle Förderung, aber das kostet Grün-Schwarz einfach zu viel.“ Er meint, „kostengünstige Handreichungen wie der Rechtschreibrahmen, die Streichung von einzelnen Lernmethoden und nun Webinare beruhigen vielleicht das Gewissen von Kultusministerin Eisenmann, helfen den Schulen aber nur bedingt.“ Er fordert echte Poolstunden für Grundschulen zur individuellen Förderung. Auch die GEW spricht von einer „Alibi-Veranstaltung der Kultusministerin“ und verlangt „echte Förderstunden“ für die Grundschulen. Die Lehrer hätten es satt, „dass die Kultusministerin schwächere Rechtschreibleistungen mit der Kompetenz der Lehrkräfte in Verbindung bringt“, schimpft die Landesvorsitzende Doro Moritz.