Manfred Braun möchte, dass die Regale schnell komplett geräumt sind. Foto: J. Fritsch

Auf der Rohrer Höhe hat erneut ein Geschäft aufgegeben – diesmal der Kiosk von Manfred Braun.

Rohr - Die Regale sind halb leer, die Vorhänge zugezogen, die Tür ist abgeschlossen – das Schreibwarengeschäft und Kiosk No limits ist seit Kurzem endgültig zu. Vor mehr als drei Jahren hat Manfred Braun das Geschäft übernommen. „Ich dachte, in einen Kiosk würden die Leute schon kommen und ihr Geld bringen“, sagt Braun. Doch die Situation im Ort habe sich verändert.

Ob Schreibwaren, Süßigkeiten, Geschenkkarten, Zigaretten, Zeitungen oder Dosenwurst – bei Manfred Braun war das Angebot groß. Auch der Kontakt zu den Kunden „war eigentlich ganz gut“, sagt er. Doch im Laufe der Zeit hätten immer weniger Menschen das kleine Geschäft auf der Rohrer Höhe aufgesucht. Viele Kunden seien verstorben oder weggezogen.

Der Inhaber stellte das Sortiment um

Als Braun merkte, dass weniger Kunden zu ihm kommen, habe er versucht, durch einen Umbau das Geschäft aufrecht zu erhalten. Er habe sich dann auf das konzentriert, was die Leute kaufen wollten. „Die meisten sind nur für Toto Lotto und Zigaretten gekommen. Davon kann ich aber nicht leben“, erzählt der 58-Jährige. „Dass ich nicht die Preise von Müller machen kann, ist auch klar“, erklärt Braun. Wenn die Kunden bei ihm „fünf Cent mehr für einen Ordner“ ausgeben würden, könnten sie sich die Kosten für den Weg zu einem anderen Laden sparen – das sei den meisten nicht klar.

Die Lage sei das Problem. „Im Wohngebiet klappt es einfach nicht mehr“, sagt der ehemalige Kioskbetreiber, „ich habe hier direkt unten die Bushaltestelle, da sehe ich ja, wie die Leute einsteigen und ihr Zeug woanders kaufen.“ Laut Braun gehen die Menschen in die Stadt, um einzukaufen. „Die rennen alle dahin, wo sie gut parken können und alles auf einem Fleck haben.“ In seinem Kiosk habe er auch Briefe und Pakete angenommen. „Da werden die Leute dann langsam aufwachen, wenn sie ihre Post nach Vaihingen runter tragen müssen“, sagt er.

Den Kiosk gab es mehr als 30 Jahre

Matthias Filbinger, Vorsitzender des Bunds der Selbständigen, sagt, es sei „schade und traurig, dass wieder ein Laden schließen muss“. Die Geschäfte auf der Rohrer Höhe hätten alle das gleiche Problem. Dem stimmt auch Manfred Braun zu: „Hier ist alles am Sterben.“ Da es mit seinem Laden immer schlechter gelaufen ist, hatte er bald nur noch vormittags geöffnet. „Da hat dann der Strom mehr gekostet, als ich verdienen konnte“, erzählt Braun.

Den Kiosk gebe es bereits seit mehr als 30 Jahren. „Die Leute wissen, dass ich hier bin, aber sie kommen nicht“, sagt Braun. „Als es die Apotheke noch gab, war es besser.“ Diese sei nach der Schließung zu einem Zuhause für Studenten umfunktioniert worden. An der Rohrer Höhe gibt es neben einem kleinen Supermarkt zum Beispiel noch einen Frisör und einen Bäcker. „Das stirbt jetzt alles nach und nach“, meint er. Auch Braun musste nun komplett schließen und Insolvenz anmelden. „Wenn ich vor anderthalb Jahren aufgehört hätte, hätte ich wenigstens keine Schulden gemacht“, meint Braun.

Für den Inhaber beginnt ein neuer Lebensabschnitt

Mit der Aufgabe des Ladens beginnt ein neuer Lebensabschnitt für ihn, mit dem er nicht gerechnet hatte. „Ich habe vorgehabt, das noch acht Jahre zu machen“, sagt er. Nun ist er Kurierfahrer. „Ich bin 23 Jahre Stadtbahn gefahren, da ist Autofahren langweilig“, sagt er. Der 58-Jährige ist aber froh, eine neue Tätigkeit gefunden zu haben. „Eine Kundin hat mich auf die Idee gebracht“, erzählt der trotz allem optimistische Braun. „Ich bin ein Stehaufmännchen. Geschwind schafft mich das, dann geht’s wieder“, meint er. „Ich bin gerne hier gewesen, es hat mir Spaß gemacht, aber wenn es nicht funktioniert, muss man es lassen.“

Bei der Insolvenz ist es jedoch nicht geblieben. „Jetzt ist es doch auf Privatinsolvenz hinausgelaufen“, erzählt Braun. Sein Insolvenzverwalter werde sich nun den Restbestand seines Ladens anschauen und ihn beraten, was er damit tun soll. „Und wenn ich bloß 100 Euro krieg, Hauptsache der Kram ist weg“, meint Braun im Hinblick auf eine Entrümpelungsfirma. Mitte Januar muss der Laden leer sein, bis dahin bleiben die Ordner, Papierstapel und Schokoriegel erst einmal an Ort und Stelle.