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Die Händler in der Innenstadt haben die Bemühungen, im Advent halbwegs einheitliche Ladenöffnungszeiten anzubieten, eingestellt.

Stuttgart - Die Händler in der Innenstadt haben die Bemühungen, im Advent halbwegs einheitliche Ladenöffnungszeiten anzubieten, eingestellt. Individueller als in diesem Jahr waren die Regelungen noch nie. Gerade in Krisenzeiten wird genau gerechnet - und die Hoffnung auf ein gutes Weihnachtsgeschäft ist groß.

Wer vor Weihnachten abends einkaufen gehen möchte, sollte über ein Superhirn verfügen. Oder alternativ schon einmal einen Rundgang mit Zettel und Bleistift machen. Denn an so mancher Ladentür klebt ein Roman. Bei Karstadt an der Ecke Schul- und Königstraße etwa liest sich der so: "Vom 26. November bis 9. Dezember montags bis freitags 10 bis 21 Uhr, samstags 9.30 bis 21 Uhr. Vom 10. bis zum 23. Dezember montags bis freitags 10 bis 22 Uhr, samstags 9.30 bis 22 Uhr. Vom 28. Dezember bis zum 2. Januar montags bis freitags 10 bis 21 Uhr, samstags 9.30 bis 21 Uhr."

Eine Ausnahme bildet diese Litanei keineswegs. Beispiele wie Tritschler oder Haufler am Markt, die schlicht eine Öffnung während der Adventszeit bis 20 Uhr abends verkünden, fallen geradezu angenehm auf. Viele andere Geschäfte haben ihre Öffnungszeiten schon beinahe im Tagesrhythmus abgesteckt. Das Kaufhaus Breuninger öffnet montags bis mittwochs bis 20 und donnerstags bis samstags bis 22 Uhr, und das schon seit dieser Woche. Kaufhof in der Königstraße öffnet zunächst nur samstags bis 22 Uhr, vom 10. Dezember an dann jeden Tag. Die Filiale in der Eberhardstraße hält es wieder ganz anders. Die Königsbau-Passagen schließen die Türen freitags und samstags um 21 Uhr. Den Durchblick zu behalten fällt den Kunden da schwer.

"Wir haben in diesem Jahr individuell sehr unterschiedliche Öffnungszeiten der Händler", gibt City-Manager Hans H. Pfeifer zu. Seine Bemühungen der vergangenen Jahre, zumindest die Mitglieder der City-Initiative (Cis) auf einen halbwegs einheitlichen Nenner zu bringen, haben keine Früchte getragen. Manche Händler passen ihren Ladenschluss sogar noch während der Adventszeit dem jeweiligen Kundenaufkommen an, so dass nicht mehr gilt, was an der Ladentür steht. Die Cis hat deshalb in diesem Jahr sogar darauf verzichtet, auf ihrer Internetseite Ladenöffnungszeiten aufzuführen. "2008 haben wir das gemacht und dann Ärger bekommen, weil sich manches geändert hat", sagt Pfeifer.

Patrick Erfurth verteidigt die komplizierte Praxis. "Einzelhandel kommt von einzeln handeln", sagt der Karstadt-Geschäftsführer, "wir haben Kernöffnungszeiten von 10 bis 20 Uhr, danach wird es individuell." Man könne schließlich einen kleinen Familienbetrieb nicht mit einem großen Warenhaus gleichsetzen. Mit den Öffnungszeiten reagiere man auf die Erfahrungen der Vorjahre. Doch Erfurth plant noch mehr: Am 19. Dezember sollen die Türen bis Mitternacht offen stehen. "Ich bin ein großer Fan des Late-Night-Shoppings", sagt er, "da sind die Zahlen gut." Mitstreiter dafür hätten sich in der Cis nicht gefunden - doch was nicht ist, kann ja noch werden in dieser unübersichtlichen Vorweihnachtszeit.

"Aus Sicht der Verbraucher, aber auch der Händlergemeinschaft ist dieses Durcheinander ganz schlecht", sagt Sabine Hagmann. Die Hauptgeschäftsführerin des Einzelhandelsverbandes Baden-Württemberg sieht aber "keine Patentlösung". Gerade in der Wirtschaftskrise sei eine einheitliche Regelung noch schwerer zu erreichen als sonst, weil die Geschäftsleute ganz genau rechneten. Pfeifer drückt es so aus: "Aus Solidarität schreibt keiner abends rote Zahlen." Er betont deshalb: "Wir haben in Stuttgart bei den meisten Läden garantierte Öffnungszeiten bis 20 Uhr, besonders an den Adventssamstagen oft aber auch noch länger."

Dem Kundenstrom, so hoffen die Geschäftsleute, soll das Durcheinander nicht abträglich sein. "Die Stimmung ist gut", sagt Sabine Hagmann. Zwei Umfragen zufolge rechnet die Mehrzahl der Händler mit besseren oder gleichbleibenden Geschäften im Vergleich zum Vorjahr, die Kunden geben an, bei Weihnachtsgeschenken nicht sparen zu wollen. "Das Christkind kennt keine Krise", sagt Hagmann. Karstadt-Chef Erfurth allerdings hofft auf kälteres Wetter: "Im Modebereich spürt man schon, dass Frühlingstemperaturen herrschen."

"Wir sind verhalten optimistisch", sagt Rainer Rudolph von Lederwaren Acker im Königsbau. Wirklich klar sehe man aber erst nach Weihnachten: "Die Leute strömen immer später in die Stadt, das beste Geschäft konzentriert sich auf die letzten zehn Tage vor Heiligabend." Bis dahin könnte der ein oder andere Kunde auch die Ladenöffnungszeiten verinnerlicht haben. Oder er scheut einfach das Risiko - und kauft vor 20 Uhr ein. Dann stehen die Chancen gut.