Fünf Ringe, fünf neue Sportarten: bei den Olympischen Spielen 2028 in Los Angeles dürfen sich die Zuschauer auf Teamwork freuen. Foto: dpa/Mike Egerton

Einige Sportarten werden 2028 in Los Angeles ihr Comeback oder sogar Debüt bei den Olympischen Sommerspielen feiern. Vereinsvertreter aus der Landeshauptstadt freuen sich über die aktuelle Entscheidung und hoffen auf einen Boom ihrer Randsportart.

Im nächsten Jahr stehen die Olympischen Sommerspiele in Paris an, in einigen Randsportarten richtet sich der Blick jedoch schon jetzt mehr auf Los Angeles 2028. Der Grund: In der vergangenen Woche hat das Internationale Olympische Komitee (IOC) beschlossen, dass fünf Sportarten dann wieder respektive gänzlich neu in das Programm der weltgrößten Sportveranstaltung aufgenommen werden: Lacrosse, Cricket, Flag Football, Baseball/Softball und Squash. Wie empfinden Vereine aus Stuttgart die Entscheidung, und welche Chancen sehen deren Verantwortliche auf der sich bietenden großen Bühne?

 

Lacrosse – ABV Stuttgart

Als die Nachricht eintraf, herrschte riesige Freude auf der Degerlocher Waldau. „Das war für uns eine wegweisende und überragende Entscheidung“, sagt Johannes Somfleth, der Lacrosse-Abteilungsleiter des ABV Stuttgart. Der von den Indianern stammende und heute vor allem in Kanada und den USA professionell betriebene Sport war bislang lediglich zweimal bei Olympia dabei: 1904 und 1908. Das seither lange Warten hat also bald ein Ende, wodurch sich Somfleth „Bekanntheit und Öffentlichkeit“ erhofft. „Wenn wir im Fernsehen und Radio auftauchen, schalten die Leute vielleicht zufällig mal ein“, sagt er. Gespielt wird mit Schläger und Fangnetz, womit die Akteure versuchen, einen Hartgummiball in das gegnerische Tor zu befördern.

Beim ABV spielen sowohl die Männer als auch die Frauen in der Bundesliga. Vor allem Jana Berg darf sich nun berechtigte Hoffnungen auf eine Olympia-Teilnahme machen. Die Stuttgarter Mittelfeldspielerin ist Teil der deutschen Nationalmannschaft. Bei den Männern stehen Jan-Frieder Sterr, Christian Schulz und Paul von Rüden in den Startlöchern. In den Augen des Abteilungsleiters Somfleth hat einer im Verein aber die besten Karten: Alexander Frey, wenn auch nicht mehr als Spieler. In neuer Rolle als Schiedsrichter pfiff er zuletzt schon bei Weltmeisterschaften und besitzt die höchste Lizenz.

Im Aktiven-Bereich sieht es in Stuttgart gut aus, doch der Zuspruch der Jugend fehlt. ABV-Junioren gibt es mangels Masse bisher nur in Spielgemeinschaften. „Wir sind eben eine Randsportart der Randsportarten“, sagt Somfleth. Durch die jetzige Wiederaufnahme erhoffen sich die Lacrosse-Anhänger Zuwachs. Mittels medialer Präsenz versuche man den Nachwuchs zu gewinnen.

Cricket – Sportvg Stuttgart

Noch länger her ist die letztmalige Cricket-Präsenz bei Olympia. 1900 in Paris gab es einmalig ein einzelnes Spiel um die Goldmedaille, zwischen England und Frankreich. Es dauerte zwei Tage lang – und genau darin liegt das Problem. In das für die Olympia-Macher immer wichtiger gewordene Raster „kurz und knackig“ passte die Sportart einfach nicht. Zumindest bislang. 2028 soll es nun eine verkürzte Form geben. „Mit dieser Nachricht können wir uns weiterentwickeln“, sagt Balakumaran Ilangovan, der Cricket-Abteilungsleiter der Sportvg Feuerbach, erfreut. „Das ist jetzt eine neue Ebene, auf der wir den Sport darstellen können.“

In den kommenden Jahren möchte Ilangovan etwas aufbauen. „Es gibt große Möglichkeiten für Kinder“, sagt er. Die Feuerbacher treten zwar mit einer Männermannschaft in der Verbandsliga an, doch im Nachwuchs hapert es, genauso wie im Lacrosse. Von daher gelte es, „viel Werbung“ zu machen. Mit der aktuellen Entscheidung sieht Ilangovan auch die Chance, das Thema Platzverfügbarkeiten neu aufzurollen.

Cricket ähnelt Baseball. Mittels flachem Schläger drischt ein Akteur den ihm zugeworfenen Ball weg und versucht, so viele Punkte wie möglich zu erlaufen. Dafür braucht es ein großes Spielfeld. Eigene Cricket-Plätze gibt es in Stuttgart nicht, weshalb im Normalfall Fußballrasen als Ersatz herhalten müssen. Deren Kapazität ist freilich knapp. Besonders groß fällt das Olympia-Hurra in England und in Indien aus. Dort ist Cricket Nationalsport.

Flag Football – Scorpions und Silver Arrows

Während die anderen neu aufgenommenen Sportarten nun auf einen Boom hoffen, findet sich die Variante des American Footballs bereits mitten in einem solchen. „Im Jugendbereich wüsste ich nicht, wo es noch hinboomen soll“, sagt Daniela Ruis, die bei den Stuttgart Scorpions Vorstandsmitglied ist und die sportliche Leitung inne hat. Im Minderjährigen-Bereich ist die kontaktlose Form, die zum ersten Mal überhaupt olympisch sein wird, verpflichtend. Aber auch immer mehr Erwachsene finden Spaß am abgewandelten Spiel, bei dem das Tackeln durch das Herausziehen von Bändern, die an einem Gürtel befestigt sind, ersetzt wird. Ansonsten sind die Spielzüge im Fünf-gegen-Fünf vergleichbar. „Flag ist unglaublich schnell und athletisch“, sagt Ruis, die hinsichtlich Olympia zwei ihrer Spielerinnen die Daumen drückt: Anne Streil und Nora Cermak gehören zum Kreis der Nationalmannschaft, spielen bei den Scorpions Sisters aber im Kontaktsport-Team.

„Flag ist eine super Alternative, auch für Anfänger“, fügt Edgar Mizner an. Der Abteilungsleiter der Stuttgart Silver Arrows hofft ebenfalls auf zwei seiner Schützlinge: Pia Hartmann und Steffen Becker. Im gemischtgeschlechtlichen Ligabetrieb sind die „silbernen Pfeile“ zweitklassig, die „Skorpione“ Bundesligist. International feierte das deutsche Flag-Männerteam in diesem Jahr den Gewinn der Europameisterschaft. „Das ist fast schon ein ganz anderer Sport“, sagt Mizner. Und: „Wir merken, dass es einen konstanten Zufluss an Spielern gibt.“