Beim Lachtreff im Stadtteilhaus Mitte an der Christophstraße ist jeder Schabernack erlaubt. Grimassen schneiden zum Beispiel. Hauptsache, die Teilnehmer lachen. Foto: Köhler

Grundlos lachende Menschen befremden. Dabei ist Lachen so gesund. Ein Besuch beim Lachtreff.

Stuttgart - "Hoho, hahaha, hoho, hahaha, hoho, hahaha." Die Frauen und Männer, die diese Lachlaute im Stadtteilhaus Mitte an der Christophstraße rufen, haben ihre Hände in die Höhe gerissen und laufen klatschend durch den Raum. Ein befremdliches Bild für Außenstehende.

Bei den Lachlauten bleibt es nicht. Die Frauen und Männer machen fast eineinhalb Stunden lang Übungen, immer mit demselben Effekt: Sie lächeln, grinsen, kichern, gackern, glucksen, prusten, lachen, brüllen vor Lachen. Sie lachen in sich hinein und über sich selbst, während sie mit dem Finger auf sich zeigen, imitieren Tiere, erzählen sich komische Geschichten. Dazwischen besinnen sie sich auf das Klatschkonzert, ebenso auf Atemübungen.

Lachen, selbst wenn es nichts zum Lachen gibt

Die Frauen und Männer lachen aus gutem Grund: Sie nehmen am Lachtreff teil, der alle zwei Wochen stattfindet. "Bei uns ist Lachen strengstens erlaubt", sagt Hans-Martin Bauer. Er gehört zu den führenden Lachyoga-Trainern Deutschlands und leitet den Lachclub. Fast sein ganzes Leben besteht aus Lachen. Hauptberuflich arbeitet Bauer als Psychotherapeut, und zu den Sitzungen gehören Lachübungen genauso dazu wie Gespräche. Nebenbei bringt er als Klinik-Clown oder in Seminaren die Menschen zum Lachen. Bauer sagt, dass es mit Ausnahme des Strafvollzugs keine Gruppe gebe, mit der er noch nicht gelacht hat. „Man kann nicht genug lachen.“ Selbst wenn es nichts zu lachen gibt.

Experten sind sich längst darüber einig: Lachen ist gesund. Es lockert die Muskeln, löst aufgestaute Emotionen, setzt Glückshormone frei. "Jede Minute schallendes Lachen ersetzt 45 Minuten Entspannungstraining", sagt Bauer. Beim Lachtreff geht es auch ums Loslassen. Darum, sich zu trauen zu lachen, darum, nicht immer vernünftig zu sein, wie man es von klein auf eingebläut bekommt.

Schwächen einfach weglachen

Lachen, sagt Bauer, gelte als gegen die Norm. Viele Menschen fürchteten, lachend nicht mehr ernst genommen zu werden. „Wer nicht lacht oder Lachen abwertet, versteckt seine Unsicherheit. Kopflastige Menschen tun sich mit Lachen besonders schwer.“ Umgekehrt fördert grundloses Lachen auch das Selbstbewusstsein. Und die Akzeptanz des eigenen Ichs, sagt Bauer. Lachend sehe man leichter über seine Schwächen hinweg, schere sich nicht mehr so viel darum. Man lacht sie einfach weg.

Ist mit doch egal – diese Einstellung üben die Teilnehmer des Lachtreffs mehrmals am Abend. Da klingelt das imaginäre Handy, da überbringt der unsichtbare Brief schlechte Nachrichten. Bei diesen Übungen sollen die Teilnehmer alles loswerden, weg- und abschütteln, was ihnen nicht gut tut, sagt Bauer. Sie stimmt die Frauen und Männer auf das Lachen ein, auf Heiterkeit und Frohsinn. Ebenso soll das mit der Kiefer- und Gesichtsgymnastik gelingen. Damit legt der Lachtreff immer los. Sie gähnen, sie streichen ihre Gesichter lang. Auch das wirkt auf Außenstehende auf den ersten Blick befremdlich.

Bei den Teilnehmern war das zu Beginn genauso.

"Lachen muss man zulassen"

"Lachen muss man zulassen"

Anfangs kommt man sich schon ziemlich merkwürdig vor, sagt Martin Müller. Der 65-Jährige arbeitet in einem kreativen Beruf, und da kämen ihm die Lachübungen gerade recht. „Die Ideen fließen ungehemmter. Lachen hilft mir, mich zu entkrampfen."

Nach dem Lachtreff steige er schon mit einem ganz anderen Gefühl als sonst in die U-Bahn ein. Gut gelaunt, gelöst, gelassen, so fühlt er sich. Manchmal, sagt Müller, macht er sich in der Bahn einen Spaß daraus, grimmig dreinschauende Menschen freundlich anzugrinsen. Nicht immer lächelt die Person zurück. "Lachen muss man zulassen", sagt Müller. Und man müsse sich mit dem Thema auseinandersetzen. "Wer lachen lernt, dem fällt es im Alltag leichter."

Die Teilnahme beim Lachtreff powert die Frauen und Männer ziemlich aus. Noch heute, sagt Müller, fühlt er sich nach dem Lachyoga, als sei er eine Runde gejoggt. Die leichte Heiserkeit und der Muskelkater, die am Anfang immer aufgetreten sind, seien dagegen verschwunden.

Viel Übung nötig

In diesem Jahr feiert der Lachclub seinen zehnten Geburtstag. Bei seiner Gründung war er der erste in Stuttgart. Hans-Martin Bauer gründete ihn auch deshalb, weil er es bedauert, dass man Fremde nicht einfach anlächeln kann, ohne dass die Person Hintergedanken vermutet. Von heute auf morgen kommen all die Vorteile des Lachens allerdings nicht. Man benötigt viel Übung, sagt Bauer.

Er selbst hat viel geübt. Heute kommt ihm ständig ein Scherz über die Lippen, huscht ihm ein Lächeln übers Gesicht. Wenn er die Teilnehmer des Lachtreffs verabschiedet, sagt er zum Beispiel ohne mit der Wimper zu zucken: „Lach's gut.“ Und lacht. Die anderen auch. Was sonst.

Der Lachclub trifft sich alle zwei Wochen im Stadtteilhaus Mitte, Christophstraße 34. Der nächste Termin ist am 20. Dezember. Beginn ist um 19.30 Uhr. Die Teilnahme kostet 8 Euro. Jeder ist willkommen. Info-Telefon (Hans-Martin Bauer): 07 11 / 257 12 58.