Die deutsche Autobranche steht gewaltig unter Druck. Dadurch entstehen immer mehr Animositätenn unter den Herstellern. Foto: dpa

Die deutschen Autobauer arbeiten bei vielem zusammen – etwa beim Aufbau von Ladesäulen fürs E-Auto. Doch nun steht manches davon in Frage.

Porsche gegen Audi

Porsche-Betriebsratschef Uwe Hück hat am Wochenende mit scharfen Attacken gegen das Audi-Management den vermeintlichen Burgfrieden in der Branche gebrochen und damit zugleich den Ton für das gesetzt, was sich in den folgenden Tagen ereignete. Die Volkswagen-Konzernschwester Audi habe an Porsche „kranke Motoren“ geliefert, sagte Hück. „Wir fühlen uns von Audi betrogen“, sagte Hück und forderte nicht nur die Freistellung der Vorstände von Audi, sondern auch, „dass diese „für den Schaden zahlen müssen, den sie angerichtet haben“.

Volkswagen gegen Porsche

Während Audi offiziell zu den harten Worten Hücks schwieg, bekam der Ingolstädter Autobauer Rückendeckung von ganz oben. Volkswagen-Konzernchef Matthias Müller bezeichnete die Vorwürfe als „alles andere als hilfreich“. „Der Aufsichtsrat muss ganz sicher nicht belehrt werden, wie er seine Arbeit zu tun hat“, so der Konzernchef. „Wir sollten miteinander reden und nicht übereinander.“ Inhaltlich enthielt sich Müller allerdings jeder Aussage zu Hücks Kritik. „Zum aktuellen Sachverhalt kann ich nur sagen, dass wir uns zu Spekulationen und Sachverhaltsvermutungen, die auf der Grundlage der öffentlichen Berichterstattung beruhen, nicht äußern.“

BMW gegen Daimler

Seit bekannt wurde, dass Daimler als Erster wegen möglicher illegaler Absprachen mit BMW, Volkswagen, Porsche und Audi Selbstanzeige erstattet haben soll, herrscht zwischen den beiden Premiumherstellern Eiszeit. Denn weil nach Daimler offenbar auch Volkswagen diesen Weg ging, haben die Münchner nun ein dickes Problem: Daimler könnte als Kronzeuge straffrei ausgehen, Volkswagen darf auf einen Rabatt von bis zu 50 Prozent hoffen. Beim BMW sind nur noch maximal zehn Prozent drin – und auch das nur, wenn man alle Karten auf den Tisch legt und den Behörden weiterführende Informationen liefert. Die Strafen könnten bis zu fünf Milliarden Euro erreichen, schätzen Experten.

Gemeinsame Projekte mit Daimler legt BMW nun erst einmal auf Eis, wie in Industriekreisen zu erfahren ist. „Es ist sehr emotional geworden“, beschreibt ein Insider das aktuelle Verhältnis zwischen BMW und Daimler. Speziell BMW stelle sich die Frage, ob man mit Daimler in allen Fällen noch den richtigen Kooperationspartner habe. Das könne auch künftige Zusammenarbeit betreffen. Grundsätzlich sei branchenweite Kooperation bei Themen wie der Infrastruktur für Elektromobilität sinnvoll und es sei nicht ratsam alles zu beerdigen. Aber nun lägen erst einmal einige Dinge für unbestimmte Zeit auf Eis, bis man Klarheit über die Vorgänge habe.

Daimler-Chef Dieter Zetsche erklärte, er habe weder persönlich mit BMW-Chef Harald Krüger darüber gesprochen noch Signale von anderen Ebenen zu den „Spekulationen“ erhalten.

Daimler und der Verband

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) war an den Absprachen, die den Konzernen vorgeworfen werden, offenbar nicht beteiligt. Er warnte vor Vorverurteilungen und erklärte zugleich, illegale Absprachen wie auch das „Surfen in rechtlichen Grauzonen“ sei „inakzeptabel“. „Sollten die Untersuchungen der Kartellbehörden die Vorwürfe bestätigen, wäre das nicht nur justiziabel, sondern auch ein Anlass für eine kulturelle Neudefinition innerhalb der betroffenen Unternehmen“, erklärte der Verband. Über diese Aussage sei er „überrascht“, sagte Zetsche am Mittwoch bei einer Telefonkonferenz hörbar verärgert, und wolle „derzeit nicht mehr dazu sagen“. Allerdings hat Daimler für die Einhaltung von Gesetzen ein eigenes Vorstandsressort, und auch einen kulturellen Wandel hat Zetsche dem Unternehmen längst verordnet. Somit lässt sich die Verärgerung wohl auch damit erklären, dass in der Branche derzeit die Nerven blank liegen.