So kennen ihn die meisten: Kurt Krömer machte ARD-Karriere als schräger Talkshow-Gastgeber. Im Theaterhaus kam er ohne Promis auf der Bühne aus. Foto: dpa

Mit seinen sehr schrägen Talkshows im Fernsehen ist Kurt Krömer Kult geworden. Aber er kann auch ohne Kameras witzeln. Im Theaterhaus hat er sein Bühnenprogramm „Heute stimmt alles“ vorgestellt.

Stuttgart - „Heute stimmt alles“ heißt das Programm. Der erste Witz ist also schon, dass Kurt Krömer hüstelnd und verschnupft auftritt. Zur Begrüßung küsst er den Bühnenboden. Womöglich waren die Bretter des vorherigen Auftrittsortes nicht ganz sauber gewischt, also keimreich, daher die Erkältung. Dort oben hält’s ihn allerdings nicht lange, umgehend wagt er sich an die Publikumsinteraktion. „Ick komm ma runter! Kucken wa uns ma‘ an, wat uns die Katze vor die Tür jelegt hat!“

Die Theaterhausbesucher hatte Krömer so am Mittwoch nach nur wenigen Minuten auf seiner Seite. Einem Zuschauer namens Jens übertrug er qua Umarmung seine Liebe für sämtliche Anwesenden. Mit dem Auftrag, die Liebe weiterzuverteilen. Wenn ihm das zu lange dauerte, wurde Krömer laut, feuerte auch ein paar Injurien hab. Ganz nach dem Gusto seiner Fans. Dieser Komiker legt für niemanden den Schongang ein.

Fies sein übers Grab hinaus

Der Mann hinter der Kastenbrille heißt bürgerlich Alexander Bojcan. Er wird 42, kommt also nach eigener Aussage in „ein Alter, wo man sich täglich aufs Sterben vorbereitet.“ Als Kurt Krömer moderierte er diverse TV-Formate, erhielt den deutschen Fernseh-, den Kleinkunst- und, nach fünffacher Nominierung, endlich auch den Grimme-Preis. Um den Rücken für die Tele-Arbeit frei zu haben, zog sich Krömer 2013 mit dem Programm „Abschied!“ von der Bühne zurück. 2015 jedoch drehte er das wieder um: Ade Fernsehgeschäft, hallo Bühne!

Die gute Nachricht: Krömers Live-Witzeln braucht noch immer keine laufende Kamera. Manches kann er schon saukomisch rüberbringen. Seine Vision vom „Stänkern bis in den Tod“ etwa. Vorm Hinscheiden will er sich nämlich 200 Kilogramm anfuttern, so dass selbst die Sargträger denken: „Is‘ dit ein altes Arschloch jewesen!“

Andererseits fragt man sich doch, ob Krömer während seiner Bühnenabstinenz das Schaffen der Kollegen überhaupt nicht zur Kenntnis nahm. Er zuckelt mit Lästereien über Reformhaus-Ökos hinterdrein, echauffiert sich ob der Bestellkomplexität bei Starbucks und stellt Pegida-Idioten als Idioten hin – Scherze aus dem neueren Flügel des Humormuseums.

Rücksicht auf Schwangere

Zum Glück ödet seine Schnoddrigkeit nie an. Genüsslich steckt Krömer sich Zigaretten an und rechtfertigt sein Paffen auf der Bühne mit dem Rauchverbot in der Garderobe. Dabei nimmt er Rücksicht auf Ungeborene: „Ham wa Schwangere hier heute? Ja? Geht halt kurz raus!“ Dann wischt er sich den Schweiß von der Stirn, konstatiert „Schön mollig habta’s hier“, öffnet das Hemd, knetet minutiös die Plauze und fläzt sich barbusig in seinen Schreibtischstuhl.

Später gewährt Krömer, nun wieder akkurat gekleidet, einem elfjährigen Anhänger ein gemeinsames Selfie. Allerdings wird der junge Mann dabei über eine bevorstehende Knieoperation des Künstlers inklusive Hyaluronsäure-Injektion in Kenntnis gesetzt. Diese Mischung aus Herzlichkeit und Zynismus amüsiert, weil sie nie bloß berechnet wirkt. In der Kunstfigur steckt nicht nur Künstliches. Stampfendem Applaus zum Trotz trat Kröner ganz am Ende nicht mehr vor den Vorhang. Nach drei vorangegangen Zugaben sah man’s ihm nach: Er war ja auch erkältet.