2015 war Andreas Schneider (hier mit Iris Greiner von der CDU) noch ein überzeugter Grüner. Foto: Gottfried Stoppel

Der Schorndorfer Ex-Stadtrat Andreas Schneider sorgt wegen seiner neuen Rolle als Berater für die AfD im Landtag für Gesprächsstoff.

Dass sich das politische Selbstverständnis ändern kann, hat Andreas Schneider schon mehrfach gezeigt: Mehr als zwei Jahrzehnte lang war der Schorndorfer ein überzeugtes Mitglied der Grünen, seit 2014 hat er die Öko-Partei mit Sitz und meist kritischer Stimme im Stadtrat vertreten. „Geprägt haben ihn das Erleben krasser Armut in Äthiopien und Mexiko sowie Gespräche mit Joschka Fischer“, steht auf der Homepage der Landes-Grünen über den gelernten Industriekaufmann und studierten Politologen zu lesen.

Dass der Eintrag auf der Website noch nicht getilgt worden ist, verwundert ein wenig. Denn mit der Partei hat das einstige Urgestein längst nichts mehr am Hut. Bereits vor zwei Jahren hat Schneider der Grünen-Fraktion im Schorndorfer Gemeinderat den Rücken gekehrt, den nicht gerade tief betrauerten Abschied von den heillos zerstrittenen Kollegen begründete er mit der fehlenden politischen Substanz.

Am Dauerzoff bei den Grünen war Schneider nicht unbeteiligt

Nur ein paar Monate später gab der als Schulsozialarbeiter beschäftigte Stadtrat auch sein Parteibuch zurück, im Sommer 2022 heuerte der reisefreudige Katholik bei der Schorndorfer CDU-Fraktion an. „Was ist bloß bei den Grünen los?“, fragte die Lokalzeitung ob des parteipolitischen Kurswechsels fassungslos – und ließ die Leserschaft wissen, dass der notorische Querkopf nicht nur für kritische Wortmeldungen bekannt, sondern am Dauerzoff bei den Grünen auch nicht ganz unbeteiligt gewesen sei.

Dass das Herz von Andreas Schneider für christdemokratische Grundwerte schlägt, ist allerdings auch schon wieder Schnee von gestern. Im März wurde in Schorndorf bekannt, dass der kritische Geist auch bei der CDU nicht mehr mitmachen will. Als Grund für den Abschied genannt wurde allerdings ausdrücklich keine schlechte Arbeitsatmosphäre, ganz im Gegensatz zu anderen Fraktionen gehe man in der Schorndorfer CDU freundlich und respektvoll miteinander um. Nein, den 48-Jährigen trieb nach eigener Darstellung vor allem die Sorge um seine betagten Eltern um. Das zeitraubende Ehrenamt, so formuliert es Schneider, hindere ihn erheblich bei der Pflege der Familie.

Den Abschied von der Lokalpolitik begründete er mit den betagten Eltern

Am Donnerstag ist in Schorndorf deshalb ein Nachrücker für Andreas Schneider verpflichtet worden, der im Kulturforum ehrenamtlich engagierte Tontechniker Joe Saling füllt ein Jahr vor der nächsten Kommunalwahl die geschrumpfte Grünen-Fraktion auf. Selbst unter Stadträten wenig bekannt ist allerdings die Tatsache, dass es für Andreas Schneider noch einen zweiten Grund für den Abschied aus der Kommunalpolitik geben könnte. Denn der Ex-Grüne ist inzwischen als parlamentarischer Berater für die Landtagsfraktion der AfD tätig – und im parteipolitischen Spektrum sozusagen von links nach rechts gerutscht. Für Stellungnahmen zu erreichen war Andreas Schneider trotz mehrfacher Gesprächsversuche nicht.

Bemerkenswert ist an dem Kurswechsel, dass politische Weggefährten des einstigen Vorzeige-Grünen auch in der Vergangenheit schon Berührungspunkte mit dem rechten Rand sahen. Mit ein Grund für die Trennung von der Öko-Partei war beispielsweise die leidige Debatte um einen Schorndorfer Beitritt zum Städtebündnis „Sichere Häfen“. Der für eine Willkommenskultur für geflüchtete Menschen stehenden Allianz gehören weit über 100 Kommunen an, zu den Gründungsmitgliedern gehören Städte wie Berlin, Freiburg, Rostock, und Rottenburg am Neckar.

Die Grünen unterstützten bei der OB-Wahl lieber Bernd Hornikel

Andreas Schneider fiel in der Diskussion mit der These auf, dass die Initiative Seebrücke und ihre Lokalgruppen zum großen Teil von linksradikalen und verfassungsfeindlichen Akteuren dominiert würden – ein Standpunkt, der in seiner Fraktion geradezu Schnappatmung auslöste.

Die Schorndorfer Grünen sprachen nach der Trennung davon, dass kein einvernehmlicher Arbeitsmodus mehr gewährleistet gewesen sei – und unterstützten bei der OB-Wahl im November 2021 folgerichtig nicht das in Ungnade gefallene Eigengewächs, sondern den jetzigen Rathauschef Bernd Hornikel. Dennoch spielte Schneider beim Ringen um die Nachfolge des nach Esslingen gewechselten Matthias Klopfer (SPD) eine durchaus beachtliche Rolle. Im ersten Wahlgang lag der von CDU-Fraktionschef Hermann Beutel als „Vollblutpolitiker“ bezeichnete Schulsozialarbeiter fast gleichauf mit dem Spitzenduo, erst im zweiten Wahlgang setzte sich Hornikel mit knappem Vorsprung von gerade mal 98 Stimmen auf Verfolger Markus Reiners durch. Andreas Schneider landete in seiner Geburtsstadt bei 24,4 Prozent – exakt 3148 Bürgerinnen und Bürger hatten ihm das Vertrauen ausgesprochen, künftig die Geschicke der Stadt zu lenken.

Ein gehöriger Teil dieser Wählerschaft wird sich ob der erneuten politischen Wandlung nun mit Verwunderung die Augen reiben. Ohnehin behaupten böse Zungen längst, dass in Schorndorf bereits Wetten laufen, wann wohl der nächste OB-Bewerber für Gesprächsstoff sorgt. Schließlich ist es gerade mal zwei Wochen her, dass die frühere OB-Kandidatin Dörte Schnitzer der Daimlerstadt landesweit Aufmerksamkeit beschert hat.

Ans Tageslicht war gekommen, dass die engagierte Klimaaktivistin wegen des heimlichen Verkratzens teurer Nobelkarossen ins Visier der Polizei geraten ist. Über Ostern entschuldigte sich die Mutter zweier Söhne wortreich für die von ihr angerichteten Lackschäden im fünfstelligen Bereich. Jetzt ist in der Schorndorfer Lokalpolitik bei einem weiteren Kandidaten der Lack angekratzt.