Der Pelzmantel: Bald unverzichtbar für Stadträtinnen und Stadträte bei Debatten im Fellbacher Sitzungssaal? Foto: dpa/Daniel Reinhardt

Eine von unserem Autoren nicht ganz ernst gemeinte Betrachtung über die mögliche Renaissance des ursprünglichsten Kälteschutzes des Menschen – zu finden ausgerechnet in der Lokalpolitik.

In kargen Zeiten wie diesen erinnert man sich an Weisheiten der Vorväter und -mütter, die schon damals nicht falsch waren und auch heute durchaus ihre Berechtigung haben. Etwa diese Erkenntnis: Spare in der Zeit, dann hast du in der Not!

 

Die sprichwörtliche Mangelverwaltung bringt in Zeiten abgewürgter Gaslieferungen auch die Rems-Murr-Kommunen in die Bredouille. Als Gegenmittel wird die nächtliche Beleuchtung der Wahrzeichen eingeschränkt, Wassertemperaturen der Hallenbäder sind auf Schlotterwerte gesenkt, städtische Mitarbeiter müssen mit klammen Fingern die fast eingefrorenen Tastaturen bedienen.

Debatte in frostiger Atmosphäre

In Fellbach werden angesichts dieser „größten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg“ (Stadtwerke-Chef Gerhard Ammon) auch die Volksvertreter nicht verschont. Aber muss es gleich so frostig sein im großen Sitzungssaal? CDU-Stadtrat Erich Theile geriet darüber fast in Hitzewallung. „In Zukunft komme ich im Pelzmantel her“, polterte der lokalpolitische Veteran.

Das Corpus Delicti der Unterkühlung hatte der einstige Top-Sprinter umgehend erkannt: Es ist nämlich so, dass die Stadt mit ihrer Belüftungsanlage noch extra künstlich Kaltluft in den Saal bläst. Theiles ultimative Forderung: „Ganz schnell an den Schalter und das Scheißding abschalten.“

Hauptamtsleiter Markus Sturm eilte tatsächlich an den Schaltkasten im Pfeiler neben der Bürgermeisterriege, kurz danach erstarb das Lüftungssummen im Saal.

Keine Klima- sondern eine Lüftungsanlage

Doch die Faktenlage ist komplex, wie Sturm später auf Nachfrage erläutert: „Es handelt sich nicht um eine Klima-, sondern um eine Lüftungsanlage.“ Gerade im Herbst und Winter wird der Luftzug von Gästen oder Stadträten im Großen Saal manchmal als störend empfunden. Deshalb wird mit Intervall-Lüftung ein wenig gegengesteuert. „Allerdings sollte auch im Hinblick auf die Coronapandemie die Lüftung nicht ganz eingestellt werden“, sagt Sturm, „es sollte ein angemessener Luftaustausch gewährleistet sein“. Grundsätzlich wird im Sitzungssaal die Temperatur – wie in allen Büro- und Sitzungsräumen im Rathaus – nun auf 19 Grad geregelt.

Und was sagt die Belegschaft dazu? „Natürlich löst eine solche Temperatur keine Freude aus“, doch bei allen Beschäftigten gebe es angesichts der bekannten Hintergründe viel Verständnis. „Wir informieren über alle Energieeinsparmaßnahmen, sind im engen Austausch mit dem Personalrat und bieten weiterhin Homeoffice an.“

Am besten, die Stadträte werden mit jenen Fleecejacken ausgestattet, welche die Stadtwerke Fellbach ihren Mitarbeitern zur Verfügung gestellt haben, damit sie „einen kleinen Ausgleich für die Absenkung der Raumtemperatur haben“.

Willkommen also – nein, nicht in Fell-Bach, sondern künftig in Fleece-Beach.