Gesund und lecker: die Walnuss. Foto: Archiv (dpa//Franziska Gabbert)

Eine Frau muss sich vor Gericht verantworten, weil sie sich an fremden Bäumen bedient hat. Der Prozess verläuft kurios – und zwischendrin leistet sich die Angeklagte noch eine verbale Entgleisung.

Großbottwar - Sie enthalten wertvolle Öle, gelten als gesund und machen sich hübsch als dekorative Elemente in Herbstgestecken: Walnüsse. Welche Pläne die 58-jährige Angeklagte mit den Nüssen hatte, als sie diese vor einigen Monaten von einem Baum klaubte, ist unbekannt. Klar ist aber: Die Nüsse kommen die Frau ziemlich teuer zu stehen. Und eine allzu gute Figur hinterließ sie nicht vor dem Marbacher Amtsgericht.

Der Reihe nach. Vor genau einem Jahr fuhr ein 74-jähriger Mann mit seinem Auto am Garten seines Nachbarn in Großbottwar vorbei – und erblickte ein silbernes Fahrzeug, das er nicht kannte. Der Rentner schaute genauer hin und entdeckte schließlich, wie eine Frau mehrmals mit beiden Händen Walnüsse von zwei kleineren Bäumen in dem Garten abriss und in ihr Auto warf. Der Rentner sprach die Frau an. Aber als das nichts half, notierte er sich das Kennzeichen, um seinen Nachbarn, den Besitzer der Bäume, zu informieren.

„Der soll lieber zu seinem Erdogan zurück“

Dieser wiederum schaltete die Polizei ein, weshalb es jetzt zum Prozess kam – bei dem die Walnuss-Diebin zusätzlich noch mit einer verbalen Entgleisung auffiel. „Der konnte nicht mal richtig Deutsch, und seine Bäume waren es ja auch nicht“, ereiferte sich die 58-Jährige über den Rentner, der sie damals erwischt hatte. „Da soll er doch lieber zu seinem Erdogan zurück.“ Der Mann war als Zeuge geladen und zuckte nur mit den Schultern. Was er mit dem türkischen Präsidenten Recep Erdogan zu tun haben soll, erschloss sich ihm nicht. Der Rentner ist Grieche.

Die ihr gemachten Vorwürfe wies die Angeklagte ebenfalls vehement zurück. Sie beharrte darauf, dass sie sich damals nur kurz die Füße vertreten und dabei vier bis fünf Nüsse vom Boden aufgehoben habe. Bei diesen Ausführungen wurde sie allerdings so laut, dass die Richterin sie deutlich zur Zurückhaltung mahnen musste. Auch der Besitzer des Grundstücks äußerte sich in der Verhandlung. Er berichtete, dass Nuss-Diebe ein großes Problem seien. Insgesamt neun Walnussbäume besitzt der Mann, und immer wieder verzeichnet er Diebstähle. Teilweise würden die Nüsse gar mit Stangen von den Bäumen geschlagen. „Wenn jemand nur ein paar Nüsse einsammelt, würde ich ja gar nichts sagen.“

Die Höhe des Schadens ließ sich nicht ermitteln

Das Gericht bot an, den Fall gegen die Zahlung einer Geldstrafe einzustellen, was die Angeklagte zunächst ablehnte. Nach einem Gespräch mit ihrem Verteidiger änderte sie ihre Meinung. „Wir können den entstandenen Schaden nicht ermitteln“, sagte die Richterin in ihrem Fazit. Die Angeklagte muss jedenfalls nun 100 Euro an eine gemeinnützige Organisation bezahlen. Für dieses Geld hätte sie sehr viele Walnüsse bekommen können, kiloweise – und vor allem ganz legal.