Bislang weiß niemand, woher die sogenannte „Mineralstufe“ in der Leonberger Hoffmannstraße an ihren Fundort gelangt ist. Die Entsorgung wird zum behördlichen Kraftakt.
Klaus Ulbrich hat schon vieles gesehen und auch gefunden – glänzendes, manchmal auch wertvolles, ab und zu auch spektakuläres Material. Der 68-Jährige ist zweiter Vorsitzender des Vereins Stuttgarter Mineralien- und Fossilienfreunde. Daher weiß er auch, um was es geht, wenn von einer sogenannten Mineralstufe die Rede ist. Eine solche ist vor Kurzem in Leonberg aufgetaucht – vieles an diesem Fund ist rätselhaft und ganz und gar nicht unproblematisch.
Zehn Kilogramm schwerer Brocken liegt auf einer Wiese
Zur Erklärung: Als Mineralstufe werden eine Verwachsung von gut ausgebildeten Mineralen oder mehrere feine einzelne Kristalle bezeichnet, die sich meist an Wänden von Hohlräumen oder ähnlichem gebildet haben. Im Leonberger Fall war das, was eine Frau bereits am 24. Februar auf einer Waldwiese nahe der Hoffmannstraße entdeckt hatte, rund zehn Kilogramm schwer – ein echter Brocken also. Doch die Freude währte nur kurz. Es stellte sich heraus, dass die Mineralstufe mit Giftstoffen kontaminiert war. Inzwischen ist die Angelegenheit ein Fall für die Polizei.
„Dass sie auf natürlichem Weg an den Fundort gelangt ist, ist unwahrscheinlich“, sagt Klaus Ulbrich, der aus Erfahrung spricht. „Manchmal ist es so, dass Opa oder Oma irgendwann mal etwas gefunden haben und es dann Jahre oder gar Jahrzehnte später beim Entrümpeln wieder auftaucht.“ Dann stelle sich, gegebenenfalls für die Enkel, die Frage: wohin damit? Und nicht nur einmal habe er festgestellt, dass derlei Exemplare dann schlicht irgendwo in der Natur entsorgt würden. Über die Herkunft der Giftstoffe an der Leonberger Mineralstufe will Ulbrich keine Vermutungen anstellen. Klar ist bisher: Ein Mineralienhändler hatte die Finderin auf die möglichen giftigen Bestandteile aufmerksam gemacht. Die Frau wandte sich schließlich an die Polizei, die das Corpus Delicti sicherstellte. Untersuchungen beim Landeskriminalamt Baden-Württemberg bestätigten die Annahme des Händlers: Vor allem die rötlichen und gelblichen Minerale sind arsen- und schwefelhaltig.
Keine Experten-Vermutungen über die Herkunft der Mineralstufe
„Wenn man zum Beispiel in Sachsen Minerale gesammelt hat, könnten sie Spuren von Uran aufweisen“, sagt Klaus Ulbrich, der über die Bodenbeschaffenheiten in den einzelnen Regionen Bescheid weiß. Wenngleich er sich selbst eher als „Micromounter“ beschreibt – also als jemanden, der Stücke sammelt, die lediglich rund 1,5 auf 1,5 Millimeter groß sind und für deren Betrachtung eine starke Lupe notwendig ist. Eine Charakteristik, die auf den Leonberger Fund nun wirklich nicht zutrifft. Ganz im Gegenteil. Woher die Mineralstufe stammt, ist bislang völlig unklar. „In der näheren Umgebung gibt es im Schwarzwald die Firma Sachtleben, die Fluß- und Schwertspat abbaut“, denkt Klaus Ulbrich laut nach. Dass dabei ein solches Trumm auftauche, sei nicht wahrscheinlich. „Und schon gar nicht in der Sammelhalde, die für Mineraliensucher zugänglich ist“, so Ulbrich weiter. „Zwar sind dort schon fast 500 unterschiedliche Mineralien gefunden worden, extreme Seltenheiten gibt es aber eher nicht.“
Aus dem Schwarzwald stammt der Brocken wahrscheinlich nicht
Der Arbeitsbereich Gewerbe und Umwelt des Polizeipräsidiums Ludwigsburg ermittelt aktuell gegen Unbekannt. „Bislang konnte der Ermittler, Polizeihauptkommissar Alain Brenner, beim Arbeitsbereich Gewerbe und Umwelt keinerlei Hinweise erlangen, woher die Mineralstufe stammt oder wieso sie sich am Fundort befand“, antwortet Yvonne Schächtele, Pressesprecherin des Polizeipräsidiums Ludwigsburg, auf eine Anfrage dieser Zeitung. Es gebe also derzeit keine Ermittlungsansätze, sodass das Verfahren, sollten sich keine Änderungen mehr ergeben, gegen Unbekannt an die Staatsanwaltschaft Stuttgart abgegeben werde.
Schächtele weiter: „Wir sind also auf Hinweise von Zeugen angewiesen.“ Auch seitens der Polizei spricht man von einem alles andere als alltäglichen Fund. „Dieser Fall ist für das Polizeipräsidium Ludwigsburg als äußerst ungewöhnlich einzustufen.“
Fachgerechte Entsorgung wird zum großen Problem
Neben den Ermittlungen ist auch die Frage nach der fachgerechten Entsorgung der Mineralstufe noch nicht beendet. Dieses Thema gestaltet sich zusätzlich schwierig. „Die Annahme, dass sich das Landratsamt Böblingen um diese Aufgabe kümmern könnte, war nicht richtig“, so Schächtele. Derzeit kümmere sich der Ermittler, auf Hinweis des Landratsamts, um eine Beratung bei der Sonderabfallagentur Baden-Württemberg GmbH. Die Mineralstufe befindet sich momentan noch beim Landeskriminalamt.
Zeugen, die Hinweise geben können, woher die Mineralstufe stammt, werden nach wie vor gebeten, sich unter der Telefonnummer 0 70 31/13 25 00 oder per E-Mail an ludwigsburg.pp@polizei.bwl.de an die Polizei zu wenden.