Harald Marquardt, langjähriger Vorsitzender von Kultur am Kelterberg, zeigt seine Objekte. Foto: Sabine Schwieder

Harald Marquardt und Géza Spiegel vom Kunstverein Kultur am Kelterberg zeigen in Stuttgart-Vaihingen gemeinsam ihre Werkzyklen.

Vaihingen - Die „Chefs“ stellen aus: Harald Marquardt und Géza Spiegel gestalten seit mehr oder weniger zehn Jahren als erster Vorsitzender und sein Stellvertreter die Geschicke des Kunstvereins Kultur am Kelterberg. Erstmals stellen die beiden Künstlerkollegen gemeinsam aus, und was bereits zu vermuten war, erweist sich als gut und richtig: ihre Arbeiten passen wunderbar zusammen. Am Samstag, 3. März, wird die Ausstellung im Obergeschoss der Alten Kelter eröffnet. Zu sehen sind Arbeiten auf Papier und Objekte aus den unterschiedlichsten Materialien.

Gemeinsam ist den beiden nicht nur, dass sie ihrem Broterwerb als Grafiker nachgehen, sondern auch die bewusste Hinwendung zur Reduktion, die Vorliebe für das Schlichte. Im Mittelpunkt steht bei beiden die Form, Farben werden eher sparsam eingesetzt. Die Titel weisen lediglich auf das Material („ka- 16“ für Kartonage) oder das Motiv („Brücke“) hin. Und doch ist die Ausstellung am Kelterberg alles andere als eintönig.

Aus Wellpappe wird reine Schönheit

Géza Spiegel hat 2010 damit begonnen, Verpackungen, die sein Atelier und sein Büro zumüllten, künstlerisch zu verwerten. Als ästhetisch besonders ansprechend hat sich dabei die Wellpappe erwiesen. Vom Künstler gekonnt zu Materialbildern zusammengesetzt, mit Acryl-, Ölfarbe oder Buntstiften farbig gestaltet, um Wachs, Spachtelmasse oder Folien ergänzt und mit mattem Lack fixiert, wird aus dem groben Material reine Schönheit.

Neuerdings verwendet Spiegel auch die leeren Kapseln seiner Kaffeemaschine, die metallisch glänzend wie Knöpfe aus den Bildern herausragen. Endlich eine sinnvolle Verwertung von Müll, möchte man sagen, doch dem Urheber geht es nur in zweiter Linie um den Umweltschutz. Im Vordergrund steht die ästhetische Verwertung des Abfalls, die Struktur des Materials.

Dabei leuchten Spiegels Kartonagen geradezu, auch wenn die farblichen Akzente aus warmen Rot- und Orangetönen, die grünen Keile oder die matt-lilafarbenen Akzente eher dezent eingesetzt wurden. Ihre Wirkung erzielen die Arbeiten, die bei aller Ähnlichkeit jeweils eine eigene Handschrift tragen, durch eine Tiefenschärfe, die sowohl die zweidimensionalen als auch die reliefhaften Arbeiten auszeichnet.

Türme, Brücken und „High Heels“

Das Lineare, die Hinwendung zur Senkrechten, bestimmt auch Harald Marquardts Werkzyklen, mit denen er sich seit 2016 beschäftigt. Aus einem ausrangierten Bündel langer Vierkanthölzer sind Türme und Brücken entstanden. Mit Druckfarbe aufs Papier gebannt, als Wandobjekte aus Holz gebaut, als kantige Klötze oder winzige Figuren im Raum aufgestellt: Marquardts Konstruktionen wirken robust und filigran zugleich. Dunkel bemaltes Holz kontrastiert mit unbehandeltem, die Türme tragen schwarze Hauben, aus Aussparungen wurden Schluchten.

Den Werkzyklus fortführend hat Marquardt seit Ende Dezember „High Heels“ gestaltet. An der Wand lehnende Stützen mit schwarzen Köpfen inspirierten ihn zu einer Reihe von eleganten Damenschuhen. „Da musste man nur den Winkel verändern“, sagt er. Einige seiner Modelle – darunter „High Heels“ aus gepresstem Leder oder aus poliertem Aluminium – werden am Kelterberg in Schuhschachteln zum Verkauf angeboten.

Es geht um die Form, um Schlichtheit

Wer aber bei dem Titel einen Kommentar zur derzeitigen Feminismusdebatte erwartet hat, sieht sich getäuscht. Marquardt geht es darum, seine Arbeit mit Brücken und Türmen auf möglichst schlichte Art fortzuführen. Ihn interessiert vor allem die Form, und auch deshalb passen die Arbeiten der beiden ausstellenden Künstler so gut zusammen.

Vernissage Die Ausstellung mit Arbeiten von Harald Marquardt und Géza Spiegel in der Alten Kelter, Kelterberg 5, wird am Samstag, 3. März, um 19 Uhr eröffnet. Zu sehen ist sie bis zum 25. März samstags und sonntags von 15 bis 18 Uhr.