Jürgen Trautwein beschäftigt sich kritisch mit Massenbewegungen und dem wachsenden Rechtspopulismus. Foto: Sabine Schwieder

Jürgen Trautwein, in Bruchsal und San Francisco arbeitender Künstler, zeigt in der Galerie am Kelterberg seine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema Massenphänomene und Rechtspopulismus.

Vaihingen - Eine Zeichnung aus dem Jahr 1933/34 des Berliner Malers Werner Heldt ist der Ausgangspunkt einer Ausstellung am Kelterberg. Dessen „Aufmarsch der Nullen“, mit dem er sich gegen die Nationalsozialisten wandte, inspirierte den in San Francisco und Bruchsal arbeitenden Künstler Jürgen Trautwein, sich auf seine eigene Weise mit den Themen Masse und Rechtspopulismus auseinanderzusetzen. Am Samstag, 11. Juni, um 19 Uhr wird die Schau mit dem Titel „Over_Top Aufmarsch der Nullen“ eröffnet.

Jürgen Trautwein, 1958 in Bruchsal geboren, hat unter anderem an der Kunstschule Rödel in Mannheim und als Meisterschüler von Bernd Koberling an der Hochschule der Künste in Berlin studiert. Er kombiniert die klassische Zeichnung mit Tinte und Feder mit Multimedia-Installationen. „Bei mir vergeht kein Tag ohne Linie“, sagt der Künstler, der Anfang der 90er-Jahre nach San Francisco wechselte, angelockt von der in seinen Augen nach wie vor spannenden Hippiekultur. Die regelmäßigen Aufenthalte in seiner Heimatstadt Bruchsal nutzt er für Ausstellungen in Deutschland.

Zahlencodes als Frisur

Die Zeichnung „Der Aufmarsch der Nullen“ von Werner Heldt kennt Trautwein noch aus seiner Berliner Zeit: Eingezwängt zwischen den Häuserschluchten einer Großstadt ist eine riesige Menschenmenge aus monoton aneinandergereihten Nullen dargestellt. Trautwein hat dieses Motiv aufgenommen und in etwa 90 Zeichnungen, die am Kelterberg an die Wand projiziert werden, mit Sicht auf seine Zeitgenossen variiert. Bei ihm tragen die Menschen mit ihren ovalen, gesichtslosen Köpfen Zahlencodes als Frisur und halten Transparente mit Parolen hoch.

„Wir sind das Volk“ ist so ein Satz, der sich aus Sicht Trautweins vom positiven Willen zur Freiheit zu einer dumpfen Parole des Rechtspopulismus gewandelt hat. Pegida, Le Pen, Viktor Orbán, Donald Trump – Trautwein möchte mit seinen Zeichnungen auf den allgegenwärtigen Rechtspopulismus aufmerksam machen. Dabei setzt er bewusst Klischees wie Hitlerbärtchen, Hakenkreuze und Schäferhunde ein.

Zeichnungen laufen in schnellen Folgen über den Bildschirm

In einem zweiten Raum ist die interaktive Computerinstallation „Over_Top“ zu erleben: dort laufen Trautweins Zeichnungen in sehr schnellen Folgen über den Bildschirm, begleitet von überladenen Soundcollagen und überdrehten Hinweisen auf Online-Spiele. „Man hört die Masse leere Parolen murmeln, ein Dauerraunen, das sich im atmosphärischen Sound auflöst“, erläutert Jürgen Trautwein diese Arbeit, die sich akustisch und visuell mit dem Thema Militär und Industrie auseinandersetzt.

Ausstellungseröffnung

Vernissage Die Ausstellung von Jürgen Trautwein wird am Samstag, 11. Juni, 19 Uhr, in der Galerie, Kelterberg 5, eröffnet. Sie ist bis zum 26. Juni freitags, samstags und sonntags von 15 bis 18 Uhr zu besichtigen.