Peter W. Klein macht als Unternehmer wie als Sammler Foto: MKW/Jochen Detscher

Wie kommen private Kunstmuseen durch die Pandemie? „Nur mit Mut“, sagt Peter W. Klein und zeigt im Museum Kunstwerk in Nussdorf Werke von Andreas und Konrad Mühe.

Stuttgart - Es sind klingende Namen: Das Museum Ritter in Waldenbuch, das Museum Schauwerk in Sindelfingen, die Kunstsammlung Jutta und Manfred Heinrich in Maulbronn, die Sammlung Froehlich in Leinfelden-Echterdingen und eben auch das Museum Kunstwerk in Nussdorf. Allesamt stehen sie für ein herausragendes privates Engagement für die Gegenwartskunst. Oft genug verknüpft mit Unternehmerbiografien. Hilft eben dies jetzt, da die Pandemie seit nun zwei Jahren auch den privaten Kunst-Museen zusetzt?

Der Marathon-Mann

Peter W. Klein hat weit mehr als 100 Marathons hinter sich, „die großen Sechs“ (Tokio, Boston, London, Berlin, Chicago und New York) inklusive. Vor allem der New York Marathon hatte es ihm angetan – drei Jahrzehnte gehörte der Lauf fest in Kleins Jahreskalender.

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Heute nicht mehr? Peter W. Klein, der sein eigenes, weltweit aktives Unternehmen 2007 verkauft hat und am Stammsitz in Nussdorf das Museum Kunstwerk eröffnete, lacht. „Ach“, sagt er dann, „alles hat seine Zeit“. Er gehe jetzt viel spazieren, sagt er. Das Tempo aber ist geblieben. Klein ist auf ganz unterschiedlichen Unternehmensfeldern vom Digital-Start Up bis zum Luxushotel aktiv – und sorgt als Kunstsammler und Mäzen für Paukenschläge eigener Art. Etwa im Oktober 2021 mit der Schenkung von drei Ensembles der 1993 gestorbenen deutschen Installationskünstlerin Anna Oppermann an das Kunstmuseum Stuttgart. Oppermanns Kunst, nicht zuletzt durch das Engagement der früheren Stuttgarter Galeristin Annette Gmeiner sowie von Iris Dressler und Hans D. Christ, Direktoren des Württembergischen Kunstvereins Stuttgart, auf die große Bühne zurückgeholt, galt und gilt als schwierig.

„Kunst muss etwas wollen“

Nicht auch für Peter W. Klein? „Mich hat das immer fasziniert“, sagt er, „wie Anna Oppermann mit jedem Element in ihren vielteiligen Arbeiten immer neue Ebenen eröffnet hat“. „Kunst“, ergänzt er, „muss einfach etwas wollen – und diese Kunst will etwas. Künstlerisch wie gesellschaftlich“.

Söhne von Ulrich Mühe und Annegret Hahn

Liegt hier die Verbindung zu Andreas und Konrad Mühe, zu dem Fotokünstler und dem Installationskünstler, zu den in Karl-Marx-Stadt geborenen Brüdern, zu den Söhnen des 2007 früh gestorbenen Schauspielers Ulrich Mühe und der Theaterintendantin Annegret Hahn? „Darüber habe ich noch nicht nachgedacht“, sagt Peter W. Klein – und spricht doch spürbar begeistert über die Art, wie Andreas und Konrad Mühe im weiten deutsch-deutschen Bogen den eigentlich schmalen Grat der so selbstverständlich erscheinenden Demokratie ausloten.

„Vertauschte Köpfe“ startet am 23. Januar

„Vertauschte Köpfe“ ist die Schau betitelt, die von diesem Sonntag, 23. Januar, an bis zum 1. Mai auf den drei Kunstwerk-Ebenen zu sehen ist. Erstmals arbeiten Andreas und Konrad Mühe direkt zusammen, erarbeiten sie vor Ort einen künstlerischen Dialog. Leichte Kost ist nicht zu erwarten. Ist das in Pandemie-Zeiten nicht ein Risiko für ein privates Kunstmuseum? „Für mich“, antwortet Peter W. Klein, „ist ganz klar: Wir müssen uns gerade jetzt engagieren, müssen gerade jetzt Räume für Experimente eröffnen“. Und er ergänzt: „Ohne Kunst, ohne deren Fragen, kommen wir nicht aus der Lähmung heraus.“

Grandioses Doppelpassspiel

„Vertauschte Köpfe“ stellt viele Fragen. Kritische Fragen. An die Väter und Väter-Väter vor allem, an die Täter-Väter in uns. Andreas Mühes Tableaus sind Kulisse und Impuls zugleich, provozieren Detailbeobachtungen, deren mit Konrad Mühes Installationen Kunst gewordene Instrumentarien quer durch die Zeiten immer neue gesellschaftspolitische Querbezüge schaffen. Ein grandioses und zudem perfekt präsentiertes Doppelpassspiel.

„Hunger nach Kunst“

„Das wird nicht unsere einzige Überraschung in diesem Jahr“, sagt Peter W. Klein. Sondern? „Anderes braucht noch“, wehrt er ab – sagt dann jedoch: „Wenn Privatsammler können, müssen sie gerade jetzt die öffentlichen Kunstmuseen unterstützen.“ Und Klein ergänzt: „Die Menschen haben doch einen richtigen Hunger nach Kunst, nach Entdeckungen, nach Neuland“.

Engagement für Newcomer

Neuland gibt es auch für Peter W. Klein immer wieder. Etwa in und mit den Bildwelten der gerade 21-jährigen Zeichnerin Ambra Durante. Jüngst für ihr Buchdebüt „Black Box Blues“ mit dem mit 5000 Euro dotierten Förderpreis der Anke Bennholdt-Thomsen-Stiftung 2022 ausgezeichnet, hat die in Genua Geborene und in Berlin aufgewachsene Durante nach ihrer ersten Einzelausstellung in einer Privatgalerie (2021 bei Klaus Gerrit Friese in Berlin) nun ihren ersten institutionellen Solo-Auftritt.

Klein-Werkblock für Ambra Durante-Schau

An diesem Sonntag, 23. Januar, um 11 Uhr wird in den Räumen der Ruoff-Stiftung in Nürtingen die Schau „Alles ist jetzt!“ eröffnet. Ein Raum ist für den Werkblock „Cheesegarden (Schießkartensammlung)“ aus der Sammlung Klein reserviert. „Das will ich mir auf jeden Fall anschauen“, sagt Peter W. Klein – „aber jetzt gilt alle Aufmerksamkeit unserem eigenen Projekt mit Andreas und Konrad Mühe.“

Eröffnungen am 23. Januar

Museum Kunstwerk
Von diesem Sonntag, 23. Januar, an, ist in den Räumen der Sammlung Klein in Eberdingen-Nussdorf (Siemensstraße 40) die Ausstellung „Vertauschte Köpfe“ mit Werken von Andreas und Konrad Mühe zu sehen. Bis zum 1. Mai – Mittwoch, Donnerstag, Freitag und Sonntag von 11 bis 17 Uhr, sowie an Feiertagen. Der Eintritt ist frei. Öffentliche Führungen gibt es jeden ersten Mittwoch im Monat um 15 Uhr und jeden ersten und dritten Sonntag um 11.30 und 15 Uhr. Teilnahmegebühr 5 Euro.

Ruoff-Stiftung
 Die Schau „Alles ist jetzt!“ der Zeichnerin Ambra Durante in der Ruoff-Stiftung in Nürtingen (Schellingstraße 12) wird an diesem Sonntag um 11 Uhr mit einem Gespräch von Klaus Gerrit Friese und Ambra Durante eröffnet. Zu sehen ist auch ein 48-teiliger Werkblock aus der Sammlung Klein. Eine Anmeldung ist erforderlich (J.Ortelt@nuertingen.de).