Auch den Gewölbekeller nutzt Thilo Mössle als Ausstellungsraum. Foto: Gottfried Stoppel

Ein umgebauter Bauernhof wird zur Galerie, der Garten zur Konzertlocation: Am Freitag öffnet in Zumhof der Kunstraum für vier Wochen seine Pforten.

Rudersberg - Die Vögel zwitschern, irgendwo in der Nachbarschaft wiehert ein Pferd. Das ist die Geräuschkulisse in Zumhof. Rund 400 Menschen wohnen in dem Rudersberger Teilort, den außerhalb des Wieslauftals kaum einer kennt. Einmal im Jahr aber, da finden selbst Stuttgarter den Weg in das Dorf: dann, wenn Thilo Mössle und seine Frau Andrea ihre Haustür, ihren Garten, ihr Leben öffnen. Für die Kunst, die Musik und alle, die sich dafür interessieren – oder auch nur mal neugierig schauen möchten.

„Wir wollen, dass es bei uns keine Schwellenangst gibt. Dass unsere Nachbarn ganz ungezwungen Kunst und Künstler treffen können“, erläutert Thilo Mössle die Idee des Festivals. Er selbst arbeitet als freier Steinbildhauer, seine Frau ist freie Restauratorin. All ihr handwerkliches Geschick haben die beiden auch beim Umbau ihres Domizils benötigt: Aus einem Bauernhof mit Stall und Scheune ist ein wahres Schmuckstück geworden. Es dominieren die groben Sandsteinwände, auch in der Werkstatt von Thilo Mössle.

Das Festival hat sich einen Namen gemacht

Schon länger schwelte die Idee, dort einen temporären Kunstraum zu schaffen, ein zeitlich begrenztes Festival anzubieten. „Wir haben 2015 zum ersten Mal ein Doppelkonzert organisiert. Da haben wir gemerkt, dass es funktioniert, dass wir die Kunst hierherholen können.“ Mittlerweile hat sich das kleine, feine Festival – welches seit 2016 vom Verein Kunstraum Zumhof getragen wird – einen Namen gemacht: Zwischen 1000 und 1500 Menschen strömen in den vier Wochen nach Zumhof. Und es bewerben sich weit mehr Künstler, als in der Temporärgalerie ausstellen können. „Wir möchten einen Querschnitt zeitgenössischer Kunst zeigen, verschiedene Techniken, junge Künstler genauso wie alte Hasen“, versucht Thilo Mössle die Auswahlkriterien zu umschreiben.

Worauf er Wert legt: „Wir sind kein ‚white cube‘, und das wollen wir auch nicht sein“, sagt der 52-Jährige. In dem Kunstraum fehlen nicht nur die weißen Wände einer klassischen Galerie, auch sonst läuft einiges anders. „Man trifft bei Vernissagen immer das gleiche Publikum. Hierher kommen auch Besucher, die keine Ahnung von Kunst haben. Diese Vermischung finde ich interessant“, sagt Maria Gideon.

Die Dorfgemeinschaft hilft

Die Künstlerin lebt normalerweise in Berlin, ist nun aber für drei Wochen nach Zumhof gezogen – um ihre Arbeiten für die Ausstellung zu vollenden und weil sie von der Idee begeistert ist. „Auch andere Künstler schauen, dass sie immer wieder vor Ort sind. Ich finde es wichtig, wenn die Gäste merken, dass sie ganz normal sind und nicht abgehoben“, sagt Thilo Mössle. Allerdings hat er seine Zumhofer auch schon mit experimenteller Musik konfrontiert: „Ich habe gesehen, dass es ihnen eigentlich nicht gefällt. Aber beim nächsten Konzert waren sie wieder da“, erzählt er.

Die Annäherung scheint zu funktionieren. Das zeigt sich bereits daran, dass die Dorfgemeinschaft Zumhof Mitveranstalter ist und fest mitanpackt. Die Nachbarn liefern selbst gebackenen Kuchen, kochen Unmengen Chili con Carne und schmeißen die Bewirtung. Zum ersten Mal wird nun ein Zumhofer Cidre präsentiert: „Am Ort wohnt ein junger Winzer. Zusammen mit ihm entstand die Idee, in unserer Apfelregion selbst Cidre zu machen.“ Das Etikett wird jedes Jahr von einem anderen Künstler gestaltet werden. „Wir möchten alles vernetzen. Die Dinge gehören zusammen“, sagt Thilo Mössle, der die Kunst zu einem selbstverständlichen Teil des Alltags machen will, der es aber auch in Ordnung findet, wenn seine Besucher am Lagerfeuer entspannen möchten. Alles kann, nichts muss im Kunstraum Zumhof.

Herbstzeit im Kunstraum Zumhof

Kunst:
Das Festival für Kunst und Musik beginnt mit einer Vernissage am Freitag, 21. September, um 20 Uhr. Es stellen aus: Andy Best & Charlie Stein, Jean-Marc Dufour, Hardy Langer, Maria Gideon sowie Wlodzimierz Szwed. Die Ausstellung hat bis 21. Oktober freitags, samstags und sonntags von 15 bis 20 Uhr geöffnet, jeweils sonntags findet um 16 Uhr ein Galerierundgang mit Ulrich Kost statt. Am 23. September wird um 17 Uhr die erste Zumhofer Kunstedition vorgestellt, eine Originalgrafik von Wlodzimierz Szwed.

Musik:
Von Samba bis Klassik reicht das Spektrum der Konzerte, die bei gutem Wetter im Garten stattfinden. Der Eintritt ist meist frei, es kreist ein Spendenhut. Lagerfeuer-Folk gibt es am 22. September mit Marla & David Celia aus Kanada. Am 29. September findet eine Akustiknacht statt, bei der unter anderem Zam Helga auftritt. Am 6. Oktober spielt „Grupo de encontro“ Samba der brasilianischen Hinterhöfe. Das Waldenstein-Trio gibt am 20. und 21. Oktober ein Kammermusik-Konzert in der Kulturscheune. Der Eintritt kostet 18 Euro (VVK).