Pendlern können die zehn dicken Stämme neben der Landesstraße zwischen Leonberg und Gerlingen (Kreis Ludwigsburg) nicht entgangen sein. Es sind Bäume, die im Zuge der Arbeiten zu dem Milliardenprojekt Stuttgart 21 gefällt worden sind.
Leonberg - Um wie viele Bäume ist schon so gekämpft worden wie um diese? Nicht nur in Stuttgart wurde protestiert. Die ganze Welt hat sich in den vergangenen Jahren für den umstrittenen Bahnhofsumbau interessiert. Aus vielen der alten Bäume, die im Herbst 2013 dafür gefällt wurden, sollen Kunstwerke entstehen – wenn es nach dem Bürgerforum zu Stuttgart 21 geht. Eine Jury aus Mitarbeitern der Deutschen Bahn, der Stadt Stuttgart, des Bürgerforums sowie einigen Kunstprofessoren hat auch dem Leonberger Künstler Michael Lange für sein Projekt „Wenn Bäume erzählen“ einen Zuschlag gegeben.
Überraschend wurden nun am vergangenen Donnerstag, vier Tage vor dem vereinbarten Termin, die Stämme für das Projekt des Künstlers neben der Straße bei Leonberg abgeladen. Seither überschlagen sich die Ereignisse. Die Stadt hat Michael Lange am Freitag untersagt, die Bäume an den geplanten Standort bringen zu lassen, denn es gebe nach wie vor ungeklärte Fragen zur Statik des Kunstwerks und es sei noch kein Vertrag unterschrieben.
Michael Lange hatte im vergangenen September in einer nichtöffentlichen Sitzung dem Gemeinderat seine Idee vorgestellt und davon gesprochen, dass das Projekt die Stadt dank der Sponsoren, die er finden werde, nichts koste. Die Verwaltung war bereit, einen Platz für die Holzskulpturen zur Verfügung zu stellen. Schon damals, erklärt die Leonberger Kulturamtsleiterin Christina Ossowski, sei Lange gesagt worden, „dass wir für solche Kunstwerke einwandfreie Statikunterlagen brauchen“. Schließlich dürfe von den Werken keine Gefahr für Passanten ausgehen.
Der Künstler sollte einen Statiker beauftragen, die Stadt sagte zu, dann gegebenenfalls den Bau der Sockel zu finanzieren – man rechnete mit Kosten von 1500 Euro das Stück. Mitte Oktober hatten sich drei städtische Mitarbeiter und Lange einen möglichen Standort auf dem Alten Golfplatz angeschaut. Der Künstler, so Christina Ossowski, sei erneut auf die Unterlagen hingewiesen worden, die man brauche, um die notwendigen Haushaltsmittel zu beantragen: eine Standortskizze und statisch geprüfte, konkret durchgerechnete Sockelplanungen für die zehn Bäume.
Was ist schiefgelaufen? Auf der einen Seite steht der Künstler, der ein hochemotionales Projekt angehen wollte und sich mehr Interesse gewünscht hätte. Der die bürokratischen Wege nicht kennt, und der gedacht hatte, dass der von ihm beauftragte Statiker der Stadt ausreichend ausgearbeitete Skizzen vorlegen würde. Auf der anderen Seite steht die Stadt, die das Projekt wohlwollend begleiten wollte, sich aber wunderte, dass sie monatelang nichts von Lange hörte, obwohl man ihn auf die fehlenden Unterlagen hingewiesen hatte. Sie sieht sich wegen der Bäume am Straßenrand nun vor vollendete Tatsachen gestellt.
Wird das Kunstprojekt, eine Art Stonehenge, zur Totgeburt? Die Straßenmeisterei, sagt die Stadtsprecherin Undine Binder-Farr, habe angeordnet, dass auf dem betreffenden Straßenabschnitt nur noch Tempo 50 gelte. „Die Stämme sind ein Risiko, und weil sie teils recht morsch sind, muss der Statiker auch das in seine Rechnungen einbeziehen“, erklärt Undine Binder-Farr. „Ganz abgesehen davon, dass in Zukunft Folgekosten für die Standsicherheit zu erwarten sind.“ Wer zahlt die? Der Oberbürgermeister, der Künstler und der Statiker versuchen nun eine Lösung zu finden. „Wenn es einen Weg gibt, wollen wir ihn finden“, sagt Undine Binder-Farr. “