Ulrike Groos Foto: dpa

 Als Nachfolgerin von Marion Ackermann wurde Ulrike Groos (50) 2009 als Direktorin des Kunstmuseums Stuttgart berufen. Sie wird das Haus nun bis 2019 lenken.

Als Nachfolgerin von Marion Ackermann wurde Ulrike Groos (50) 2009 als Direktorin des Kunstmuseums Stuttgart berufen. Sie wird das Haus nun bis 2019 lenken. Diesen Beschluss des Stiftungsrates des Kunstmuseums hat die Stadt Stuttgart beschlossen. Im Interview mit den „Stuttgarter Nachrichten“ blickt Ulrike Groos auf ihre ersten fünf Jahre zurück – und gibt einen Ausblick auch nach vorne.

Frau Groos, fünf Jahre Museum – was war anders als Sie erwartet haben? Ist der Apparat, der ja unterstellt hochflexibel sein soll, beweglich genug?

Ein Museum ist natürlich weniger flexibel als eine Kunsthalle oder ein Kunstverein, denn eine der Hauptaufgaben ist das Arbeiten mit der Sammlung. Und das war genau das, was ich wollte und auch erwartet habe: die städtische Sammlung, die ja die Geschichte der Stadt und des Landes zeigt, zu erforschen, dokumentieren, pflegen und ihre Besonderheiten durch Projekte und Ausstellungen sichtbar zu machen. Dazu kommt das Denken des Museums im Sinne eines städtischen Archivs: d.h. Nachlässe, Archive und Stiftungen ans Museum zu holen, diese Kunstwerke auf Dauer zu bewahren und immer wieder ins Gespräch zu bringen. Das ist sowohl reflektierendes als auch langfristiges Nachdenken über Kunst, worauf ich mich besonders gefreut habe. Kunst kaufen konnte ich vorher auch nicht, und ich diesem Bereich setze ich gerade neue Schwerpunkte im Kunstmuseum. Damit die Öffentlichkeit im Zusammenhang mit diesem Haus nicht nur an Dix oder Baumeister denkt, sondern beispielsweise auch an Majerus und Meckseper. Zu diesen Tätigkeiten tritt als andere zentrale Aufgabe die Realisierung von Sonderausstellungen, und dabei schaffen wir uns Flexibilität und Aktualität durch unsere unterschiedlichen Formate: die Frischzelle, die mittelformatigen Ausstellungen wie zuletzt "Andreas Magdanz: Stuttgart Stammheim" oder die Verknüpfung von Fritz Winter mit zeitgenössischer Kunst.

Was waren Ihre persönlichen Glanzlichter?

Mit Sicherheit die Michel Majerus-Ausstellung und die Realisierung seiner Skaterrampe auf dem Schlossplatz. Der gewaltige Umbau im Haus, damit die großen installativen Arbeiten von Majerus im Haus gezeigt werden können, sowie die Zusammenarbeit mit den Behörden von Stadt und Land hinsichtlich der Rampe waren besondere Herausforderungen. Was mich dabei besonders gefreut hat, war die Unterstützung der Öffentlichkeit, insbesondere für das sehr erfolgreiche Projekt im Außenraum.

Ihr Antritt war von viel Beifall aus der aktuellen Kunstszene begleitet. Wird dieser Aspekt in Ihrer „zweiten Halbzeit“ wieder eine größere Rolle spielen?

Ich denke, wir haben die aktuelle Kunstszene immer im Blick. Das war bei "Eat Art" so, bei "Kosmos Rudolf Steiner" mit dem Schwerpunkt "und die Kunst der Gegenwart", bei "Rasterfahndung" oder bei der Ausstellung zur Sammlung Scharpff, die den Themenschwerpunkt der zeitgenössischen Malerei zeigen wird. Nicht zu vergessen unser neuer "Kubus: Sparda-Kunstpreis", der sich ausschließlich aktuellen Positionen widmet. Die Inhalte unserer Ausstellungen entsprechen dem Charakter der Sammlung. Um es mal salopp auszudrücken: "Die Mischung macht's": Ich möchte sowohl die historische Komponente als auch die Gegenwartskunst berücksichtigen, eine breite Bandbreite an Künstlern zeigen und dabei immer die regionale Anbindung und internationale Ausrichtung im Blick haben.

Aus Ihrer Erfahrung - wie sehr Kunstverein muss/kann ein Kunstmuseum sein, um auch urbane Bühne zu sein?

Die Vergangenheit hat gezeigt, dass uns der Diskurs am Haus sehr wichtig ist. Unsere immer ausgebuchten Veranstaltungen zu Rudolf Steiner (die Statement-Reihe mit Pro und Contra) beschäftigten sich mit Themen unserer Zeit, ob Politik, Landwirtschaft, Religion oder Medizin. Auch unsere Veranstaltungen zu "Stuttgart Stammheim", die alle Seiten zu Wort kommen ließen, waren Ausdruck dafür. Für die Zukunft plane ich noch mehr, das Museum zum Treffpunkt für Kunstinteressierte und Künstler zu machen, zu einer Plattform für Austausch und Diskussion. Begleitend zu der Scharpff-Ausstellung wird es beispielsweise eine Veranstaltungsreihe zum Thema "Privatsammlungen und Museen" geben, zu der wir alle Protagonisten, von Privatsammlern über Museumsleute, Künstler, Kunstkritiker, Galeristen und Vertreter von Auktionshäusern einladen möchten.

Nun können Sie es ja erzählen – auf was freuen wir uns jetzt schon für 2015/16/17/18/19?

Ich möchte jetzt noch nicht zuviel erzählen, sonst ist die Überraschung ja weg. Es gibt bereits viele Ausstellungsideen von meinen beiden Kuratoren, Eva-Marina Froitzheim, Sven Beckstette und von mir für mindestens die nächsten 5 Jahre, wir möchten jedoch auch noch flexibel auf die aktuelle Kunstproduktion reagieren können. Freuen kann man sich jedoch jetzt schon auf das Jubiläumsjahr 2015, wenn das Kunstmuseum 10 Jahre alt wird: dann werden alle Ausstellungen, Veranstaltungen, Projekte und Begleitprogramme unter dem Thema "Kunst und Musik" stehen, mit vielen Konzerten, Performances, Veranstaltungen, im Museum ebenso wie draußen, mit Ausstellungen von jungen Künstlern und einer großen Ausstellung zu einem historischen Thema, das bis in die Gegenwart reicht. Meine Kunstvermittlung entwickelt dazu gerade sehr außergewöhnliche Projekte besonders für Kinder und Jugendliche, es wird außerdem ein Jubiläumsfest geben und unter der Überschrift "Das offene Museum" werfen wir über das ganze Jahr verteilt aus den unterschiedlichen Museumsabteilungen Blicke hinter die Kulissen unseres Museums. Ich hoffe, die Neugierde ist geweckt!