Gerda Taro und Robert Capa in Paris Foto: Fred Stein

Im Kunstmuseum Stuttgart ist bis zum 5. Mai die Ausstellung "Gerda Taro - Krieg im Fokus" zu sehen.

Stuttgart - Sie war jung, sie war mutig, sie war - im spanischen Bürgerkrieg 1936/1937 - die erste Kriegsfotografin, und sie war Gefährtin von Robert Capa. Vier Gründe, die eine Annäherung an das Schaffen der gebürtigen Stuttgarterin Gerda Taro erleichtern. Einzig bleibt indes ihr Blick auf die Zwischentöne des Krieges.

Eine Frau hockt in der Schussdeckung. Ein Soldat kauert vor ihr, ein Lächeln auf dem Gesicht. Die Frau lacht auf - ein Lachen an das Leben, in das Leben, auf das Leben. So sieht Robert Capa seine Geliebte Gerda Taro 1936 an der Córdoba-Front in Spanien. Capas Blick ist sanft in diesem Moment, nicht interessiert an kühnen Kontrasten und harten Diagonalen. Es ist ein Blick gegen die Zeit. Ein Blick, wie er die Aufnahmen Gerda Taros selbst prägt. Für einen Moment, für ein Bild, tauschen hier die Fotografen Capa und Taro die Rollen. Capa fügt sich, erkennt an. Sein Porträt ist so auch eine Hommage an die Fotografin Gerda Taro. Man sollte sich dieses Bild und diesen Blick merken für den Gang durch die Ausstellung "Gerda Taro - Krieg im Fokus", die von heute an im Kunstmuseum Stuttgart zu sehen ist.

Es ist eine Übernahme - 2007 war die Ausstellung für das International Center of Photography in New York erarbeitet worden. Und es ist eine Heimkehr. 1910 war Gerta Pohorylle, so Taros Geburtsname, in Stuttgart geboren worden. Für die jüdische Familie sind die kleinbürgerlichen Ressentiments Alltag, doch die Schülerin Gerda Taro kann sich flüchten - in den Schutzraum der Bildung, den ihr die Unterstützung einer Tante bietet. Imre Schaber hat die Stuttgarter Spuren Gerda Taros seit Mitte der 1990er Jahre wieder sichtbar gemacht - die Ausstellung jetzt ist so auch als vorläufiger Höhepunkt einer Neuentdeckung zu sehen.

19 Jahre jung ist Gerda Taro, als die Familie nach Leipzig zieht. Sie ist verlobt, aber vielleicht doch mehr befreundet - wer weiß das schon in ihrem Alter. Hitlerdeutschland zwingt sie vier Jahre später in die Emigration. In Paris wird aus Gerta Pohorylle die Fotografin Gerda Taro - und nicht mehr lange, dann verwandelt sich auch André Friedmann in den zuvor von dem Fotografenpaar als Autorennamen gemeinsam genutzten Robert Capa.

Taro wehrt sich gegen das Sterben

Capas Fotografenstern strahlt noch immer hell. Und Taro? Auf die Zeit nach ihrer Ankunft in Spanien am 5. August 1936 - kurz nach dem zunächst gescheiterten Putschversuch der von Franco geführten Faschisten gegen die gewählte republikanische Regierung - ist das erhaltene Schaffen konzentriert. Es ist das Werk nur eines Jahres, gerät doch Gerda Taro Ende Juli 1937 beim Rückzug republikanischer Truppen unter einen Panzer. Ein Luftschlag der deutschen Legion Condor hatte für völlige Verwirrung gesorgt. Ein Jahr also - und zudem hat man es naturgemäß mit gefilterten Bildern zu tun, mit einer Auswahl, die für die Veröffentlichung in französischen Volksfrontzeitungen und -zeitschriften gedacht waren. Forschung bleibt ein Auftrag - ist es doch äußerst spannend, welche Bilder die Archive der Redaktionen noch verwahren könnten.

Umso bedeutsamer aber ist der besondere Blick Taros in der nun gebotenen Konzentration. Von Beginn an wehrt sich Gerda Taro gegen das Sterben. Scheinbare Nebenszenen interessieren sie - die Sehnsucht nach Normalität in den Gesten und Blicken. So sind auch die dem ästhetischen Empfinden der Zeit entsprechenden Hell-Dunkel-Kontraste weicher gezeichnet. Was indes bleibt, ist die Untersicht. Nicht aber, um die Heroik zu steigern. Taros Figuren, wie etwa Republikanische Milizionärinnen beim Training am Strand von Barcelona, bleiben stets unsicher ob der eigenen Rolle. Taro selbst agiert derweil als Souverän - immer deutlicher schenken ihre Bilder Zeit gegen das Sterben.

Im Frühsommer 1937 aber werden die Szenen härter, distanzierter. Der technische Krieg der massiv von Hitlerdeutschland unterstützten Francisten lässt kaum mehr Raum für Hoffnung, für eine republikanische Zukunft. Taros Szenen von Verwundeten - ob Zivilisten, Millizionären oder Soldaten - werden zu Sinnbildern des Rückzuges. Weichen ohne Aufzugeben - mit dieser Botschaft folgt Taro den leiseren der eindringlichen Lieder von Ernst Busch über den Spanischen Bürgerkrieg. Das letzte der 98 präsentierten Bilder zeigt so fast folgerichtig einen brennenden Lastwagen im Nirgendwo. Der Himmel über Spanien verdunkelt sich - in einer formal so klaren wie überzeugenden Figuration.