Maximilian und Udo Paulus, Ulrike Groos, Susanne Eisenmann (v. li.) Foto: Kunstmuseum

Fünfeinhalb Jahre nach Eröffnung empfing das Kunstmuseum Stuttgart seinen millionsten Besucher.

Stuttgart - In einer Warteschlange stehen muss man nicht für die aktuelle Ausstellung im Kunstmuseum Stuttgart. Eben dies könnte in den nächsten Tagen eher Antrieb sein, sich in den Millionenreigen einzureihen. Am Montag wurde die Zahl von einer Million Besuchern erreicht.

Ein 49-jähriger Schulrat aus Tübingen und sein Sohn machten die Million im Kunstmuseum voll. Die beiden wollten die Herbstferien nutzen, um sich die "Eat Art"-Ausstellung anzuschauen. An der Kasse wurden sie bereits von Direktorin Ulrike Groos begrüßt, die den beiden eine Jahreskarte und den aktuellen Ausstellungskatalog überreichte.

Ein Blick zurück: Stuttgarts Oberbürgermeister Wolfgang Schuster schien an einem Juli-Abend im vergangenen Jahr nach jenen Worten zu suchen, die ihm doch aufgeschrieben waren. Nein, Schuster wollte Marion Ackermann nicht wirklich aus ihrem Amt als Geschäftsführende Direktorin des Kunstmuseums verabschieden. Mit ihr, das wurde an jenem Abend noch einmal überdeutlich, kam auch für Schuster das Glück zurück in einem Projekt, das er gar zum Thema in seinem Wahlkampf für die Nachfolge von Manfred Rommel gemacht hatte. Alles wurde gut, was zuvor verfahren schien. Und auch bei ihrer Verabschiedung bestätigte Marion Ackermann - inzwischen Direktorin der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, eines der drei größten Kunstmuseen in Deutschland - noch einmal ihre besondere Rolle seit ihrem Stuttgarter Start 2003. "Es waren die Künstler, die gesagt haben, was für ein aufregender Bau dies sei, es waren die Künstler, die eigens für dieses Haus Arbeiten entwickelt haben." Die Botschaft hinter den Worten: Vertraut zuerst den Künstlerinnen und Künstlern, glaubt nicht den Einflüsterern aller Couleur.

Als Nachfolgerin des aus Sicht der Stadt vor allem durch massive Kritik an den Neubauplanungen untragbar gewordenen Johann-Karl Schmidt war Marion Ackermann aus München gekommen. Aus der zweiten Reihe im Lenbachhaus auf den Chefstuhl in Stuttgart. Leise, aber unnachgiebig veränderte sie die Schlussplanungen für den Neubau von Rainer Hascher und Sebastian Jehle - und ebenso unzweideutig entwickelte sie das Haus zu einer weithin offenen Kommunikationsplattform.

170.000 Besucher wurden allein in der Eröffnungsausstellung gezählt, und jeweils 100.000 Besucher kamen zur Retrospektive auf das Werk von Max Bill (2005/2006) und in die Ausstellung zur Porträt-Kunst von Otto Dix (2007/2008). Parallel positionierte Marion Ackermann das Kunstmuseum Stuttgart aber auch auf der internationalen Bühne (etwa mit dem Auftritt von Josephine Meckseper) und verwandelte den Ort der Präsentation in einen Ort der Produktion und Analyse (etwa mit der Schau von und mit Christian Jankowski).

Eben dieses Mit- und Nebeneinander von Repräsentation und Reflexion dürfte auch wesentlich Ulrike Groos nach Stuttgart gelockt haben. Vormals Leiterin der Kunsthalle Düsseldorf, stellt sie in ihrer ersten großen Stuttgarter Themenausstellung aktuell einen Rückblick auf eine Kunst vor, die Nahrungsmittel als Werkstoff nutzt. Noch neun Wochen ist die "Eat Art"-Schau zu sehen - nicht nur in und auf den drei bisher den Sonderausstellungen vorbehaltenen Kubus-Etagen, sondern auch eingebunden in die Sammlungsräume. Ein Wink in die Zukunft? Klar ist, dass Ulrike Groos das Haus "in Bewegung halten" will. Überzeugt davon, dass "die bildenden Künste immer schon größer als das Leben und sonderbarer als jede Einbildungskraft sind".

Keine Einbildung ist, dass sich das Gefühl für ein Haus bereits an der Eingangstüre mitentscheidet. Wie werde ich empfangen, bin ich willkommen? Auf ihre Empfangsmannschaft kann sich Ulrike Groos verlassen. Und so geht man gerne in dieses Haus. Bis zum 9. Januar 2011 noch, um das "Eat Art"-Panorama zu sehen oder einfach, um zu schauen, wie es den Sammlungslieblingen wie Otto Dix' "Bildnis der Tänzerin Anita Berber" oder Willi Baumeisters "Montaru"-Bildern geht. Für viel Bewegung dürfte auch die nächste Sonderschau sorgen - von 5. Februar 2011 an folgt "Kosmos Rudolf Steiner".

Di bis So 10 bis 18 Uhr, Mi und Fr 10 bis 21 Uhr. Weitere Informationen unter www.kunstmuseum-stuttgart.de