Der Stuttgarter Künstler Tim Bengel mit seiner goldenen Avocado. Foto: Britta Fischer Public Relations

Den „Zeitgeist einfrieren“ will Tim Bengel – mit Gold! Bei der Art Week in Berlin greift der Stuttgarter Künstler am Mittwoch nach den Sternen. Wellen schlagen will er „wie einst der geschredderte Banksy“. Der 29-Jährige hat unsere Zeitung vorab informiert.

Stuttgart - Qualität und Können reichen in der modernen Kunst schon lange nicht mehr aus, um ganz nach oben zu kommen. Auf dem Kunstmarkt schießen mitunter die Preise aus unerklärliche Weise ins Fantastische – meist dann, wenn der Marktwert dank irrer Ideen explodiert. Der Stuttgarter Künstler Tim Bengel mit Studio im Esslinger Bergheim weiß dies zu gut. Vor einigen Jahren hat er damit begonnen, mit Werken aus Gold, Sand und Klebstoff die sozialen Medien zu rocken. Früh erkannte der heute 29-Jährige, dass Kunst nicht durch Kopieren und Nachmachen entsteht, sondern durch das Schaffen von Neuem und Überraschungen.

 

Was Bengel am Mittwoch für die Art Week in Berlin plant, „wird hoffentlich große Wellen schlagen wie einst der geschredderte Banksy oder der mit Diamanten überzogene Totenschädel von Damien Hirst “, sagt er unerschrocken. Seine Sprache sprudelt vor Selbstbewusstsein. Kaum erwarten kann er es, wie die Kunstwelt reagiert. Hirsts Diamantenschädel hat einen Wert von 75 Millionen Euro erzielt.

Die Avocado ist zu einem Massenprodukt geworden

Dank der Hilfe von Sponsoren sind 850.000 Euro an Materialwert in Bengels erste Skulptur geflossen, mit der er prachtvoll verewigen will, was seine Generation ausmacht. Folgende Frage hat er sich gestellt: Was ist das Symbol der „Millennials Generation Y“? Seine Antwort: die Avocado. Als Bagel-Form hat er sie in purem Gold geschaffen.

Die Frucht mit der dunkelgrünen Schale erlebt einen Boom, der sich, obwohl ohne regionale Vorzüge, immer weiter steigert. Auch in Deutschland ist die Avocado zum Massenprodukt geworden. Die Berliner Galerie Rother bietet Bengels Bagel, ein Unikat aus 18 Karat Gold, für zweieinhalb Millionen Euro zum Kauf an. „Für die Realisierung meiner Skulptur standen zwölf Kilogramm Gold zur Verfügung“, berichtet Tim Bengel, „dies wurde von der Kußmaul GmbH, die unter anderem die Rolls-Royce-Figur herstellt, nach meiner Version in Form gebracht.“ Galerist Christian Rother sieht in dem Kunstwerk „das Potenzial, zu einer Ikone unserer Zeit zu werden“.

Der Avocado Club in Berlin wird zur Schatzkammer

Die goldene Avocado-Skulptur wird während der Berlin Art Week im Restaurant Avocado Club ausgestellt. In dieser Zeit wird der Betrieb dort extra eingestellt und der Raum zur Schatzkammer umgestaltet. Ist die Avocado zu Recht ein weltweiter Star der jungen Generation? „Die Frucht steht für Gesundheit, Schönheit, Veganismus, kulinarischen Genuss, ist aufgrund ihres Preises Statussymbol und wegen ihrer Farbe ein Hinweis auf den grünen Lebensstil“, sagt der 29-jährige Bengel, der sich fleischlos ernährt und Teilhaber des veganen Restaurants vhy! in Stuttgart ist.

Doch die eingeflogene Avocado ist ein Klimakiller. „Natürlich will ich auch auf diese kritische Seite hinweisen“, sagt der Künstler auf unseren Einwand. Die „Doppelmoral“ werde er ansprechen: „Auch, dass durch die Gier mancher Avocado-Produzenten ganze Regionen austrocknen. Durch zu große Gier ist damals schon König Midas in Griechenland verhungert.“ Die Galerie Rother hat für 40.000 Euro eine Hochsicherheitsvitrine für die goldene Avocado anfertigen lassen. Nach der Art Week geht das Kunstwerk auf Tour durch Deutschland.