Hans Ulrich hat die Kooperative Fünfeck ursprünglich deswegen gegründet, um seine Lithografien zu vertreiben. Jetzt hilft er knapp 40 Künstlern beim Vertrieb von Schmuck, Geschirr, Kleidung, aber auch von handgemachten Bonbons und Gutsle. Foto: Ines Rudel

Hans Ulrich hat die Kooperative Fünfeck ursprünglich deswegen gegründet, um seine Lithografien zu vertreiben. Jetzt hilft er knapp 40 Künstlern beim Vertrieb von Schmuck, Geschirr, Kleidung, aber auch von handgemachten Bonbons und Gutsle.

Esslingen - Ein Kuli aus Beton? „Das Geschenk für einen Architekten“, meint der Steindrucker Hans Ulrich. Und das blinkende Ding, das aussieht wie ein Heupferd aus Draht? „Da wissen wir auch nicht so genau, was das soll, das hat der Haustechniker dazugestellt“. Kunst, Kreativität, Originalität, Schönheit und ein bisschen Verrücktheit: Schon hat man die fünf Ecken des Lädchens Fünfeck, das am Esslinger Blarerplatz Ecke Franziskanergasse liegt, beieinander. Tatsächlich kommt der Name von der Hausnummer fünf, die das Gebäude trägt.

Nachdem das Kaufhaus Hops zugemacht hat, nach dem Ende der Galerie Brisky und der Schließung des Kunsthauses Huggele, ist es das einzige Kunstkaufhaus in der Esslinger Altstadt, das übrig geblieben ist. Warum es alle anderen überlebt hat, liegt vielleicht an seinem Konzept, das in der Region ziemlich außergewöhnlich ist. Es lebt von den Nutzungsgebühren. Jeder Künstler oder Kunsthandwerker kann beim Fünfeck und bei den beiden Chefs Hans Ulrich und Timo Denz eine Fläche für ein halbes oder ein ganzes Jahr mieten. Er muss allerdings zwei Hürden überspringen. Die Sachen müssen gut sein, und sie dürfen nicht mit anderen Ausstellungsstücken konkurrieren. Was verkauft wird, geht direkt in die Taschen der Künstler, und sie müssen es mit sich, ihrem Geldbeutel und ihrem erwarteten Umsatz abmachen, ob sie Stellfläche haben wollen oder nicht.

Witzige Inneneinrichtung

So ist eine ziemlich witzige Inneneinrichtung entstanden. Über der Faema E 61, dem kultigen Urmodell der italienischen Bar-Kaffeemaschinen, steht ein Röhrenradio, an das der Techniker einen MP3-Player gelötet hat. Der wiederum trällert Schellackplattenmusik der Zwanzigerjahre, die extra von den Fünfeck-Leuten eingespielt wurde. Für die Einrichtung haben Timo Denz und Hans Ulrich nicht einen Cent ausgegeben. Alte Büffets bilden die Bar, die mit ausrangierten Türen verkleidet ist. In einem Schrank liegen weinrote Polster und daneben prangt ein Telefon, mit dem man einen Bullen erschlagen könnte, vorausgesetzt man schafft es, das gusseiserne Trumm in die Höhe zu wuchten. „Das ist ein Grubentelefon“, erklärt Hans Ulrich, „es ist so gebaut, das absolut kein Funke nach draußen dringen kann.“ Aber nicht nur das, es würde vermutlich auch eine mittlere Schlagwetterexplosion überstehen. An das Telefon hat der Haustechniker einen Kassettenrekorder angeschlossen, auf dem Kinderhörspiele laufen. Im Laden gibt es eine kleine Kaffee-Ecke, die sich schon segensreich auf den Esslinger Wissenschaftsbetrieb ausgewirkt hat, weil zumindest ein Student der Hochschule auf den kleinen Hockern und Tischchen seine Diplomarbeit geschrieben hat.

Das Fünfeck hat ein Vorgängerprojekt in der Esslinger Küferstraße, das aber scheiterte und bei den Beteiligten finanzielle Löcher aufgerissen hat. „Deswegen haben wir von hinten her gedacht und das Fünfeck rechtlich wasserdicht gemacht“, sagt Hans Ulrich. Mit jedem ausstellenden Künstler gibt es einen schriftlichen Vertrag, über jedes ausgestellte Stück gibt es einen Lieferschein.

Das Fünfeck ist eine Gesellschaft, bei der die Gesellschafter haften, wenn es schief gehen sollte. Genau diese Haftung ist es auch, vor der manche Mitbeteiligte zurückgeschreckt seien. Deswegen hat das Fünfeck jetzt nur zwei Chefs, die von der ursprünglichen Gründungscrew übrig geblieben sind. Sie hatten sich einst aus der Kunsthandwerker-Szene rekrutiert und waren sich auf den Märkten begegnet. Und wer einmal bei Wind und Wetter auf einem Markt verkauft hat, der weiß klimatisierte Räume zu schätzen. Aber Hans Ulrich, der eine Steindruckerei in der Beutau betreibt, ist Kaufmann genug, um zu wissen, dass gute Verträge die Freundschaft erhalten und das Leben erleichtern.

Das Herzstück heißt Faema

Die Faema E 61 ist das Herzstück des dritten Geschäftszweiges, neben Kunst und Café, der sich im Fünfeck etabliert hat. Das sind die Barista-Seminare zum Thema Kaffee, die meist samstags stattfinden. Hier lässt Timo Denz die Gefäße seines Kaffeelaboratoriums brodeln. Er demonstriert die geschmacklichen Unterschiede von Kaffeesorten und Röstverfahren, sowie die verschiedenen Zubereitungsmethoden und sensibilisiert so ganz nebenbei noch den Gaumen.

Dass das Fünfeck jetzt ins fünfte Lebensjahr gekommen ist, schreibt Hans Ulrich der professionellen Melange zu. Neben der Kreativ-Abteilung gibt es eben auch eine kaufmännische Abteilung und einen Handwerker. Ganz wichtig ist ihm die Werkstattatmosphäre. So kann man der Glaskünstlerin Nicole Mehnert an ihrem Arbeitstisch dabei zusehen, wie sie Perlen und Armbände fertigt.

Laden
Das Fünfeck am Blarerplatz in Esslingen ist von Mittwoch bis Freitag 11 bis 18 Uhr und am Samstag von 11 bis 16 Uhr geöffnet.