Die Künstlerin Anike Joyce Sadiq kann sich selbst in die Augen schauen. Neben ihrer Videoinstallation sind noch drei weitere Kunstwerke enthüllt worden. Foto: Katharina Kraft

Vier Künstler haben ihre Werke in den Glaskästen in der Klett-Passage vorgestellt. Um das Interesse der Passanten zu wecken, bedarf es ungewöhnlichen Ideen. Die Kunstwerke müssen sich gegen Verkehr und Kommerz durchsetzen.

S-Mitte - Da ist sie gleich doppelt Teil ihres Kunstwerks geworden. Die Künstlerin Anike Joyce Sadiq ist am Mittwoch sowohl auf dem rechten sowie dem linken Bildschirmteil zu sehen. Sie schaut sich offensichtlich sogar an und fotografiert das Geschehen. Als Teil des Kunstprojekts Transition hat die Künstlerin einen Fernseher in der Klett-Passage ausgestellt. Darauf werden Aufnahmen des Betrachters mit einer Endlosschleife vermischt, in der sie selbst die Hauptperson spielt.

Der Bildschirm als Ausstellungsstück ist Teil des am Mittwoch eröffneten 13. Zyklus’ des Kunstprojekts in der Klett-Passage. In vier würfelförmigen Glaskästen präsentiert die Mietervereinigung Klett-Passage Arbeiten, bei denen sich die Künstler mit dem Ort auseinandergesetzt haben. Michael Stümpflen, Projektbetreuer für die Mietervereinigung, möchte, dass sich die Passanten mit der Kunst beschäftigen. „Und wenn die Menschen ihren Weg verlangsamen, kommt das natürlich auch den Mietern der Klett-Passage zugute“, sagt er.

In Deutschland einmaliges Projekt

Seit 2007 werden im halbjährlichen Wechsel vier Kunstarbeiten gezeigt. „Das ist ein in der Kunstwelt anerkanntes und renommiertes Projekt, das in dieser Art in Deutschland einmalig ist“, sagt Stümpflen. Es sei allerdings keine leichte Aufgabe, Werke zu erstellen, die sich gegen all den Verkehr und den Kommerz in der Passage durchsetzen müssen und können. Diese Schwierigkeiten kennt auch Astrid Schindler, eine am Projekt teilnehmende Künstlerin. Ihr Kunstwerk muss mit vielen Werbeflächen um die Gunst der Fußgänger kämpfen. Auch die Beleuchtung sei ein schwieriges Thema. „Die Sachzwänge sind sehr starr, aber ich sehe das als Herausforderung“, sagt Schindler dazu.

Sie war, wie die anderen drei Künstler, Studentin der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste. Der Kurator Winfried Stürzl hatte die Ehemaligen angesprochen, ob sie an dem Projekt teilnehmen möchten. Davor hatte die Jury eines Wettbewerbs die Ausstellungsstücke ausgewählt.

Wie die Rückmeldung ausfällt, ist egal

Auch Helmut Dietz wurde vom Kurator angesprochen. Er hat sich dazu entschieden, einen Hochdruckreiniger auszustellen. Die Arbeit ist mehrdeutig: Es könnte um die Reinigung der Passage gehen. Soll sie zu Sauberkeit anhalten? Oder handelt es sich einfach nur um Werbung?

Wie die neuen Arbeiten ankommen, wird sich in der nächsten Zeit zeigen. „Besonders bei Videos bleiben viele Passanten stehen“, sagt Stürzl. „Gerade wenn man selbst darin auftaucht.“ Ob die Rückmeldungen gut oder schlecht ausfällt, ist für ihn jedoch egal. Hauptsache, die Kunst wird Menschen zur Verfügung gestellt, die sonst vielleicht nie ins Museum gehen würden. Stümpflen sieht das genauso. Er sagt, dass es pro Ausstellungszyklus etwa 60 bis 80 direkte Rückmeldungen gebe. Die meisten würden über die Homepage kommen. Schindler sieht die Kunstwerke nicht jeden Tag. Sie sagt: „ Aber die Frage ist doch: Wie beschäftige ich mich mit meiner Umgebung?“ Menschen die sich länger in der Passage aufhielten, interessierten sich mehr dafür, was um sie herum geschehe. „Manche Obdachlose wollten schon von mir wissen, was nun hier passiert.“