Hans-Viktor Kraemer mit einem Selbstbildnis von Fred Stelzig. Foto: factum/Granville

Das Künstlerpaar Stelzig hat sein Werk der Stadt vermacht. Zurzeit wird der opulente Nachlass sortiert und fachwissenschaftlich erschlossen.

Besigheim - Im Depot unter dem Dach des Besigheimer Steinhauses steht die Heizung auf null. Zwei surrende Klimaanlagen sorgen zusätzlich dafür, dass das, was hier lagert, stets der richtigen Temperatur und Luftfeuchtigkeit ausgesetzt ist. „Kunst sachgerecht zu lagern, ist wichtig“, sagt Hans-Viktor Kraemer, eingepackt in eine dicke schwarze Winterjacke.

Der 68-jährige Rentner hat schon viele Stunden hier oben verbracht. Grund dafür ist der Nachlass des Besigheimer Künstlerehepaares Fred und Annelies Stelzig. Die Werke hatte deren Tochter – gemäß dem Wunsch ihrer Eltern – der städtischen Kunstsammlung geschenkt. Seit vergangenem April erfasst, sortiert und dokumentiert Kraemer im Auftrag der Stadt die Werke. Dies ist nötig, da sich die Stadt mit der Schenkung zugleich verpflichtet hat, den Nachlass „fachwissenschaftlich zu erschließen“, ihn zu betreuen und zu pflegen – und eine Retrospektive auszurichten. Im Jahr 2016, anlässlich des zehnten Todestages von Fred Stelzig, soll es so weit sein. Zuvor soll es Anfang 2013 eine erste Präsentation der Objekte des Künstlerehepaares im Besigheimer Rathaus geben.

Chronologische Einordnung aller Werke

„In Umzugskisten und einem Schubladenschrank kam das alles hier an“, erinnert sich Kraemer. Insgesamt knapp 300 Werke, 250 davon Bilder, der Rest Keramiken und Teppiche. Ein Großteil lagert mittlerweile im klimatisierten Depot, neben dem Nachlass des Künstlers Richard Duschek, der seine Werke einst ebenfalls der Stadt überlassen hatte. Von Stelzig liegen einige Bilder noch unsortiert in einem Schubladenschrank. „Der ist noch ziemlich voll“, sagt Kraemer und zieht ein Aquarell daraus hervor, welches in Grau, Blau und Weiß das Stadtviertel San Marco in Venedig zeigt. Eine chronologische Einordnung aller Werke sei der nächste Schritt. „Dies ist wichtig, um die künstlerische Entwicklung von Stelzig dokumentieren zu können“, so Kraemer. Diese Entwicklung halte er selbst für besonders interessant, gehe diese doch von gegenständlicher und abstrakter Malerei über Collagen, Keramiken, vergoldete Radierungen bis hin zur Textilkunst.

„Die Schenkung ist sehr wichtig für uns“, sagt die Besigheimer Kulturamtsleiterin Anette Walz. Stelzig sei immerhin ein Künstler gewesen, der lange in der Stadt gelebt und gearbeitet habe. So waren die Stelzigs rund 60 Jahre lang im Besigheimer „Neckarblick“ zu Hause. Der Maler und Keramikkünstler hatte dort auch sein Atelier, nahm aktiv am kulturellen Leben der Stadt und der Region teil und gehörte eigener Aussage nach „zu den Urgesteinen unter den Künstlern im Kreis“.

Spuren in Besigheim hinterlassen

„Er hat auch in Besigheim selbst einige Spuren hinterlassen“, sagt Anette Walz. So habe er etwa die Eingangstür zum großen Sitzungssaal im Rathaus gestaltet, den Boden und die Holztüren in der Alten Kelter, und habe die Farbgestaltung für die 1995 eingeweihte Kreuzäcker-Grundschule in Ottmarsheim übernommen.

Das Ehepaar konnte gut von der Kunst leben. „Die Bilder von Stelzig sind zu dessen Lebzeiten für etwa 500 bis 3000 Euro gehandelt worden“, sagt Hans-Viktor Kraemer. Aber vor allem für seine Wandgestaltungen sei der Künstler sehr gut bezahlt worden. So habe Stelzig etwa die U-Bahn-Haltestelle Neckartor in Stuttgart mit Emailarbeiten verziert, aber auch in Kliniken, Verwaltungsgebäuden oder Privatvillen seien Arbeiten von ihm zu finden. „Er hat zum Beispiel auch private Schwimmbecken mit individuellen Fliesen gestaltet“, sagt Kraemer.

Wo der Künstler überall seine Spuren hinterlassen hat, gelte es noch herauszufinden. „Außerdem wollen wir für unsere Retrospektive noch nach möglichen Leihgebern für weitere seiner Bilder fahnden“, so Kraemer. Schließlich sei aus Stelzigs umfangreichem Werk über die Jahre viel verkauft worden. „Wer da etwas weiß oder besitzt, kann sich gerne melden.“