Wie hier in Berlin haben am 1. Mai in der ganzen Republik zahlreiche Menschen an Kundgebungen teilgenommen. Foto: dpa

Bei den Mai-Kundgebungen haben mehr als 400.000 Menschen die Forderungen der Gewerkschaften nach besseren Regelungen für Arbeitnehmer am „Tag der Arbeit“ unterstützt. Tausende demonstrieren gegen Neonazi-Aufmärsche. In Istanbul gibt es Krawalle.

Bei den Mai-Kundgebungen in Deutschland haben mehr als 400.000 Menschen die Forderungen der Gewerkschaften nach besseren Regelungen für Arbeitnehmer am „Tag der Arbeit“ unterstützt. Tausende demonstrieren gegen Neonazi-Aufmärsche. In Istanbul gibt es Krawalle.

Berlin - Für einen Mindestlohn ohne Ausnahmen, für die Rente mit 63 sowie ein sozialeres Steuersystem sind in Deutschland 400.000 Gewerkschafter am „Tag der Arbeit“ auf die Straße gegangen. Bis zum frühen Donnerstagabend verliefen die 1.-Mai-Kundgebungen weitgehend friedlich. Vor allem in den Protesthochburgen Hamburg und Berlin hatte die Polizei große Sicherheitsvorkehrungen für den Abend und die Nacht getroffen.

In Istanbul kommt es auf Taksim-Platz zu Ausschreitungen

In der türkischen Metropole Istanbul kam es um den im Herzen der Stadt gelegenen Taksim-Platz zu heftigen Zusammenstößen zwischen 1.-Mai-Demonstrationen und Polizei. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hatte zuvor mehrfach betont, Demonstrationen zum Tag der Arbeit auf dem Taksim-Platz nicht zu dulden.

Bei den Zusammenstößen wurden nach Angaben der regierungskritischen Anwaltsvereinigung CHD 50 Demonstranten verletzt. Auf Fernsehbildern waren auch verletzte Polizisten zu sehen. CHD teilte mit, in Istanbul seien rund 170 und in der Hauptstadt Ankara weitere 76 Demonstranten festgenommen worden. In Moskau sind erstmals seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion mehr als 100 000 Menschen bei der traditionellen Parade der Gewerkschaften über den Roten Platz marschiert. Kremlchef Wladimir Putin zeichnete bei einer Zeremonie im Kreml fünf Bürger als „Helden der Arbeit“ aus. Auch auf der von der Ukraine abtrünnigen Halbinsel Krim beteiligten sich tausende Menschen an Demonstrationszügen.

In Griechenland demonstrierten mehrere tausend Menschen friedlich für ein Ende der Sparprogramme und neue Arbeitsplätze. In Athen wurden die Busse für sechs Stunden bestreikt. Betroffen waren auch der Fähr- und Bahnverkehr. Aus Piräus lief am Morgen kein Passagierschiff aus.

DGB-Chef: „Keine Stunde Arbeit darf billiger sein als 8,50 Euro"

DGB-Chef Michael Sommer warnte bei der zentralen Mai-Kundgebung der Gewerkschaften in Bremen, es dürfe bei dem von Schwarz-Rot geplanten flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn „keine Ausnahmen wegen des Alters oder Geschlechts, der Herkunft oder der sozialen Lage geben“. Der scheidende DGB-Chef betonte: „Keine Stunde Arbeit darf billiger sein als 8,50 Euro.“ Sommers designierter Nachfolger Reiner Hoffmann sagte in Duisburg, der Mindestlohn sei nur ein erster Schritt von notwendigen sozialpolitischen Korrekturen für eine neue Ordnung der Arbeit. Verdi-Chef Frank Bsirske bekräftigte in Frankfurt/Main die Forderung nach einer baldigen Anhebung des Mindestlohns von 8,50 Euro auf zehn Euro pro Stunde. In München verlangte der Vorsitzende der Chemiegewerkschaft IG BCE, Michael Vassiliadis, soziale Korrekturen im Steuersystem. Entgeltsteigerungen würden zunehmend von heimlichen Steuererhöhungen aufgefressen, sagte er mit Blick auf die sogenannte kalte Progression.

DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach nannte in Kassel die Kritik an der Rente mit 63 nach 45 Beitragsjahren maßlos überzogen und scheinheilig.

Laut Gewerkschaftsangaben beteiligten sich bundesweit rund 403.000 Menschen an über 493 Maikundgebungen - Tendenz fallend. 2010, wenige Monate nach der Wahl von Schwarz-Gelb waren es noch 464 000 und 2011 dann immer noch 423.000 Menschen. Die Walpurgisnacht verlief in Berlin und Hamburg verhältnismäßig friedlich. In Berlin wurden 15 Menschen festgenommen, zwei erlitten leichte Verletzungen, wie die Polizei mitteilte. In Hamburg blieb eine Demonstration linksgerichteter Gruppen mit mehr als 1300 Menschen ebenfalls weitgehend gewaltlos. Am Donnerstag rüsteten sich dann die Polizeibeamten in der Hauptstadt und in der Hafenstadt für mögliche Krawalle am Abend.

Bei Demos gegen Neonazis kommt es zu Zusammenstößen

Mehrere Tausend Menschen haben am Donnerstag in verschiedenen Städten gegen Aufmärsche von Rechtsextremisten zum 1. Mai demonstriert. Dabei kam es in Dortmund und im sächsischen Plauen zu Ausschreitungen zwischen linksautonomen Gegendemonstranten und der Polizei. In Plauen protestierten nach einer Maikundgebung des DGB rund 2000 Demonstranten gegen eine Veranstaltung von etwa 400 Rechtsextremisten. In Dortmund standen sich rund 450 Radikale und 600 Gegner gegenüber. Nach Polizeiangaben setzten Linksautonome in beiden Städten Mülltonnen in Brand und griffen Polizisten an. In Plauen flogen dabei auch Steine und Flaschen, ein Demonstrant wurde verletzt. Dort kesselte die Polizei Randalierer zur Feststellung der Personalien ein. In Dortmund setzten Beamte Schlagstöcke und Pfefferspray ein.

Auch in Rostock gingen mehrere Hundert Menschen gegen eine Demonstration von rund 300 NPD-Anhängern auf die Straße. Gegendemonstranten gelang es, eine weitere Veranstaltung der Rechtsextremisten in einem anderen Teil der Hansestadt zu verhindern. Nach Ende der NPD-Kundgebung kesselte die Polizei rund 100 Rechtsextremisten vorübergehend ein, die versuchten, in die Innenstadt zu gelangen.

In Duisburg protestierten circa 400 Demonstranten gegen eine Veranstaltung von 100 Rechtsextremisten. Bei einer Schlägerei zwischen Anhängern beider Gruppen wurden dort nach Polizeiangaben zwei Menschen verletzt und vier Beteiligte festgenommen.

Auch in mehreren brandenburgischen Städten gab es kleinere Aktionen von Rechtsextremisten und entsprechende Gegenveranstaltungen. Die Polizei war an allen Orten mit Großaufgeboten im Einsatz, um die Gruppen auseinanderzuhalten und Auseinandersetzungen zu verhindern.