Werner Spec (links) hat zu den Beschäftigten gesprochen. Foto: Susanne Mathes

Bei einer Kundgebung anlässlich der mühsamen Verhandlungen über die Zukunft der Nestlé-Beschäftigten fordert der Ludwigsburger Oberbürgermeister Werner Spec soziale Verantwortung von dem Konzern.

Ludwigsburg - „Wir haben zu keinem Zeitpunkt mit Nestlé über den Ankauf des Areals verhandelt.“ Das beteuerte Ludwigsburgs Oberbürgermeister Werner Spec bei einer Kundgebung am Donnerstag vor den Toren der Kaffeefabrik gegenüber den Mitarbeitern, die zum Ende des Jahres ihre Arbeitsplätze verlieren werden. Ein Nestlé-Beschäftigter hatte den Rathauschef mit der Aussage konfrontiert: „So dumm, dass wir nicht gesehen haben, wie Grenzpunkte vermessen wurden, sind wir auch nicht.“ Spec sagte, die Gespräche mit dem Konzern hätten sich ausschließlich um die Frage gedreht, wo eventuell ein Zugang für eine zweite Bahnhofsunterführung geschaffen werden könnte. „Alles andere ist unwahr und ein Gerücht.“

Von einem Rettungsszenario ist nicht mehr die Rede

Die Kundgebung war anberaumt worden, weil im Ludwigsburger Werk die mittlerweile sechste Verhandlungsrunde für einen standortübergreifenden sogenannten Tarifvertrag für Schließungs- und Veränderungsfälle bei Nestlé stattfand. Kommt es zu einer Einigung, werden die Standorte in Ludwigsburg und im bayerischen Weiding die Ersten sein, für die er gilt. Beide werden geschlossen.

Von einem Rettungsszenario ist nicht mehr die Rede. Selbst dass das aktuelle Ringen zu einem für die Beschäftigten akzeptablen Ergebnis kommt, steht laut Hartmut Zacher von der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) auf der Kippe. Es geht unter anderem um die Frage, wie Mitarbeiter ab 55 über Altersteilzeitmodelle in den Ruhestand geleitet werden können. In Ludwigsburg arbeiten überdurchschnittlich viele Ältere, teils seit Jahrzehnten. Der Europa-Betriebsratsvorsitzende und Verhandlungsführer Peter Schmidt sagte, man sei am Punkt, an dem fraglich sei, ob man mit freien Verhandlungen überhaupt noch weiterkomme. „Die Grenze dessen, was Nestlé zahlen will, scheint erreicht.“

Betriebsratsvorsitzender Andreas Zorn fordert klare Ansagen von der Politik

Vor dem Werkstor gab es zahlreiche Solidaritätsbekundungen. Werner Spec, der erstmals öffentlich zur Belegschaft sprach, dämpfte die Erwartung, die Stadtverwaltung könne das Ruder herumreißen. Sie könne einem Unternehmen nicht vorschreiben, dass es einen Standort erhält. Nestlé dürfe sich aber seiner sozialen Verantwortung nicht entziehen. „Wir erwarten, dass die Mitarbeiter in der beruflichen Weiterqualifizierung und mit Altersteilzeitmodellen unterstützt werden.“ Der Deutschland-Betriebsratsvorsitzende Andreas Zorn kritisierte, die Politik müsse sich früher äußern „und klar artikulieren, dass sie solche Geschäftspraktiken ächtet und in ihren Städten nicht will“.